Seltsame Wunden
Bei einer Vaskulitis ist der Gefäßspezialist gefragt. Es handelt sich um eine spezielle Entzündung, die eine genaue Erforschung der Ursache erfordert.
Helmut A. aus Erkelenz fragt: „Bei meinem Vater sind auf einmal wie aus dem Nichts Wunden im Unterschenkel aufgetreten, die nicht heilen. Der Hausarzt will erstmal das Blut untersuchen. Was kann dahinterstecken?“
Christoph Ploenes Ihre Schilderung lässt an das Vorliegen einer Vaskulitis denken. Typischerweise kommt es dabei ohne Verletzung oder sonstige erkennbare Ursache zum Auftreten von Wunden besonders in den Hautpartien, die der Schwerkraft ausgesetzt sind, also vor allem in den Unterschenkeln. Zunächst bilden sich punktförmige rote Hautflecken, die sich rasch abdunkeln, vergrößern und schließlich einschmelzen, so dass sich viele kreisrunde, wie ausgestanzt wirkende Wunden bilden.
Beide Beine sind betroffen, aber oft in unterschiedlichem Ausmaß. Es kann auch vorkommen, dass die Haut von Rumpf, Kopf und Armen betroffen ist. Zugrunde liegt eine Entzündung der kleinsten Hautgefäße („Vaskulitis“), die sich verschließen, so dass kleinflächige, runde Hautbezirke absterben und zu diesem klinischen Bild führen.
Diese Vaskulitis kann durch mehrere Ursachen ausgelöst werden. Gemeinsamer Nenner ist eine abnorme Reaktion des Immunsystems. Dabei richtet sich die Abwehr gegen Organe des eigenen Körpers. Man weiß nicht genau, warum im Einzelfall ausgerechnet die Haut betroffen ist. Denn es gibt andere Organsysteme, die ebenfalls anfällig sind, zum Beispiel die Gelenke oder innere Organe, vor allem Lunge und Nieren. Das Immunsystem hat eigentlich die Aufgabe, Bakterien, Viren und andere Schädlinge zu eliminieren. So kann es also bei Infekten begleitend zu einer Vaskulitis kommen, wenn die Immunabwehr fehlerhaft über das Ziel hinausschießt. Aber auch Medikamente wie Antibiotika oder Schmerzmittel können in seltenen Fällen das Gleiche bewirken. Eine dritte Ursache sind eine Vielzahl Erkrankungen, die das Immunsystem
Wichtig sind die Laborwerte des Patienten
ebenfalls verändern können.
Man erkennt also, dass es bei einer Vaskulitis neben der Wundbehandlung vor allem darauf ankommt, die Ursache aufzuspüren. Deshalb sind Untersuchung und eine umfassende Erhebung der Krankengeschichte am wichtigsten. Manchmal führt bereits der zeitliche Zusammenhang mit einer Infektion oder der Einnahme eines Medikaments weiter. Hilfreich können Laborwerte sein, die spezielle Formen der Körperentzündung anzeigen, des Weiteren die Analyse einer Gewebeprobe. Bestandteil der Behandlung sind oft Medikamente, die das Immunsystem „ruhigstellen“, zum Beispiel Kortison. Eine gestörte arterielle Beindurchblutung kann die Wundheilung zusätzlich verzögern. Unser Autor Christoph Ploenes ist Chefarzt für Angiologie am Gefäßzentrum der Schön-Klinik in Düsseldorf-Heerdt.