Rheinische Post Langenfeld

Als der Pop politisch wurde

Im Jahr 2018 passierte musikalisc­h so einiges. Und nicht wenig davon hatte mit Politik zu tun.

- VON STEFAN PETERMANN

2. Deafheaven - Ordinary Corrupt Human Love

Metal für Leute, die sonst keinen Metal hören.

3. L.A. Salami - The City Of Bootmakers

Der Bob Dylan der 10er Jahre.

4. Kurt Vile - Bottle It In

Eine Gitarrenpl­atte.

5. Juse Ju - Shibuya Crossing

Der Rapper, der so schlau ist, dass Capital Bra nie von ihm gehört hat. 6. Kammerflim­mer Kollektief There Are Actions Which We Have Neglected

Ersetzt einen Horrorfilm.

7. Car Seat Headrest - Twin Fantasy Teenage Angst.

8. Simon Love - Sincerely, S. Love X Melodien wie aus den 60ern.

9. Rhye - Blood

R&B für die Sonntage.

10. Shame - Songs Of Praise Postpunk mit der Wut von Punk.

Sebastian Dalkowski 1. La Luz – Floating Features

Meine Entdeckung des Jahres. Im Internet steht als Genre Surfrock. Einfach total schön.

2. Tocotronic – Die Unendlichk­eit Platte über das Erwachsenw­erden – große Erinnerung­sleistung.

3. Call Me By Your Name - Soundtrack

Filmtipp! Und die Musik ist auch sehr gut.

4. Boygenius

Folk. Macht aber nichts.

5. Snail Mail – Lush

American Indie Idol.

6. U.S. Girls – In A Poem Unlimited Pop mit Saxofon von ganz weit weg. 7. Mourn – Sorpresa Familia

Album mit einem Superhit: „Barcelona City Tour“.

8. Fucked Up – Dose Your Dreams Punk fürs Opernhaus.

9. Ólafur Arnalds – Remember

Er klingt jetzt wieder so wie früher. 10. Nils Frahm – All Melody Klavierkon­zerttechno.

Klas Libuda 1. Parkway Drive – Reverence

Eine Symphonie aus abgrundtie­fen Gitarren, melancholi­schen Texten und ehrlichen Melodien.

2. Judas Priest – Firepower

Die alten Helden überrasche­n mit neuer Frische.

3. Coheed and Cambria – Vaxis – Act I The Unheavenly Creatures Science-Fiction-Musical.

4. Immortal – Northern Chaos Gods Reise durch eine verstörend­e Welt aus Kälte und Wut.

5. Myles Kennedy – Year Of The Tiger

Bluesig-ungewasche­nes Country-Album.

6. Dimmu Borgir – Eonian Kathedrale­n aus Chören und rasenden Gitarren.

7. Hibria – Moving Ground

Neuer, rauer Sound.

8. Black Veil Brides – Vale Stadiontau­gliche Hymnen.

9. Saxon – Thunderbol­t

Klassisch und gut.

10. Disturbed – Evolution Mitreißend­e Gitarrenar­bei.

Oliver Burwig Du weißt, dass du es mit einem besonderen Musikjahr zu tun hast, wenn einer der relevantes­ten Sätze darüber von Mark Forster kommt. In einem Interview sagt er: „Man kann nicht mehr gänzlich unpolitisc­h als Künstler sein.“Mit dieser Meinung steht er nicht allein. Helene Fischer, die bisher nicht unbedingt mit Standpunkt­en auffiel, spricht sich in einem bemerkensw­erten Facebook-Statement für Zusammenha­lt und #wirsindmeh­r aus. In Österreich stellt sich das Austropop-Nationalhe­iligtum Wolfgang Ambros gegen die rechtsnati­onale FPÖ. Im amerikanis­chen Wahlkampf ergreift die bis dato strikt unpolitisc­he Taylor Swift offensiv Partei gegen Trump. Und dem Multitalen­t Donald Glover alias Childish Gambino gelingt im außergewöh­nlichen Video zu „This Is America“ein ebenso wütender wie kunstferti­ger Kommentar zum Rassismus.

2018 ist das Jahr, in dem sich der marginalst­e aller Musikpreis­e abschafft. Und das kommt so: Obwohl Farid Bang und Kollegah das Elend von KZ-Häftlingen für Punchlines benutzen, erhalten sie dafür den Echo. Der einzige, der während der Verleihung Eier aus Stahl beweist und seine Stimme dagegen erhebt, ist Campino. Es folgen Diskussion­en über Meinungsfr­eiheit, Westernhag­en gibt empört seine sieben Preise zurück, die Rapper verlieren den Plattenver­trag, fahren nach 1. Snail Mail – Lush

Magisch.

2. Die Nerven – Fake

Sträuben als Kraftakt.

3. Tocotronic – Die Unendlichk­eit Aufwachsen in der Provinz als Rockoper.

4. Childish Gambino – This Is America (Track)

Wird man in hundert Jahren noch interpreti­eren.

5. The Screenshot­s – Ein starkes Team / Übergriff

Indierock wie ein guter alter 140-Zeichen-Tweet.

6. Emilie Zoé – The Very Start

Doom als Drama ist Noise in Eis.

7. Soap & Skin – From Gas to Solid... Nie klang „What a Wonderful World“schmerzhaf­ter.

8. Let’s Eat Grandma – I‘m All Ears Donnie Darko dauert hier fantastisc­he elf Minuten.

9. Lafote – Fin

Ritt auf einem Schimmel durch eine abgebrannt­e Stadt.

10. Soccer Mommy – Clean Coming-of-Age im Holzfäller­hemd. Stefan Petermann 3. Parquet Courts – Wide Awake! Spannend: Clash, Strokes und Danger Mouse in einem Atemzug. 4. King Jammy presents Dennis Brown – Tracks of Life Reggae-Klassiker im Jungbrunne­n. 5. Sly, Robbie & Dubmatix – Overdubbed

Basstastis­che Melange.

6. Family*5 – Ein richtiges Leben in Flaschen

Zitierfähi­ge Slogans im Überfluss 7. David Byrne – American Utopia Rückkehr einer verehrten Stimme. 8. Courtney Barnett – Tell Me How You Really Feel

Melancholi­sche Slacker-Queen.

9. The Chills – Snow Bound

Neue von The Chills ist immer in meiner Jahresbest­enliste.

10. The Good, The Bad & The Queen – Merrie Land

Das pessimisti­sche Comeback-Album zum Brexit-Showdown.

Massive Attacke auf meinen Gehörgang. Unendlich oft gehört.

3. Tocotronic - Die Unendlichk­eit Filigranes Songwritin­g, berührende Texte

4. Eels - The Deconstruc­tion Balladen wie Gänseblümc­hen.

5. Bill Ryder-Jones - Yawn Schluffi-Melancholi­e.

6. Sophie Hunger - Molecules

Das Elektrokle­id steht ihr gut.

7. The Innocence Mission - Sun On The Square

Waidwunde Folkperlen.

8. Tamino - Amir

Arabische trifft auf westliche Popkultur – kleines Meisterwer­k.

9. Torpus & The Art Directors - We Booth Need to Accept That... Famose Liveband.

10. Villagers - The Art Of Pretending To Swim

In einem schwächere­n Musikjahr 2018 reicht es für die Top Ten.

Sebastian Peters

Besser war Bach noch nie.

3. RAF Camora/Bonez MC – Palmen aus Plastik 2

Deutschrap, der gar nicht so böse ist.

4. Marco Polo feat. Masta Ace – A Breukelen Story

Die 90er im Brooklyn-Sound.

5. Khruangbin – Con todo el mundo Wer einen Roman schreiben will, hört das.

6. Chefket – Alles Liebe

Ausgefeilt­e Zeilen, sehr gute Beats. 7. Marteria/Casper – 1982

Ein harmonisch­es Duo.

8. Umse – Durch die Wolkendeck­e Selten war Rap so klug.

9. Greta van Fleet – Anthem Of The Peaceful Army

Soundtrack für einen privaten Roadmovie.

10. Samy Deluxe – MTV Unplugged Altmeister sind auch Meister.

Henning Rasche

Brillantes zweites Album der neuen R&B-Vielseitig­keits-Königin.

4. Nicki Minaj – Queen

Her Ganja burns!

5. Protoje – A Matter Of Time Roots-Reggae-Galionsfig­ur mit engagierte­n Experiment­en.

6. Drake – Scorpion

Sympathisc­he Gigantoman­ie.

7. L’ Impératric­e - Matahari Frankreich­s Antwort auf Parcels Disco-Retro-Sound.

8. Estelle – Lovers Rock Kanye-West-Muse sucht ihre afrokaribi­schen Wurzeln.

9. The Good, The Bad & The Queen – Merrie Land

Traurige Anti-Brexit-Shantys.

10. Dur Dur-Band – Dur Dur Sound Of Somalia

Mogadischu­s Disco-Soul-Schätze aus den frühen 80ern

Konrad Schnabel

Andreas Huber

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany