Als der Pop politisch wurde
Im Jahr 2018 passierte musikalisch so einiges. Und nicht wenig davon hatte mit Politik zu tun.
2. Deafheaven - Ordinary Corrupt Human Love
Metal für Leute, die sonst keinen Metal hören.
3. L.A. Salami - The City Of Bootmakers
Der Bob Dylan der 10er Jahre.
4. Kurt Vile - Bottle It In
Eine Gitarrenplatte.
5. Juse Ju - Shibuya Crossing
Der Rapper, der so schlau ist, dass Capital Bra nie von ihm gehört hat. 6. Kammerflimmer Kollektief There Are Actions Which We Have Neglected
Ersetzt einen Horrorfilm.
7. Car Seat Headrest - Twin Fantasy Teenage Angst.
8. Simon Love - Sincerely, S. Love X Melodien wie aus den 60ern.
9. Rhye - Blood
R&B für die Sonntage.
10. Shame - Songs Of Praise Postpunk mit der Wut von Punk.
Sebastian Dalkowski 1. La Luz – Floating Features
Meine Entdeckung des Jahres. Im Internet steht als Genre Surfrock. Einfach total schön.
2. Tocotronic – Die Unendlichkeit Platte über das Erwachsenwerden – große Erinnerungsleistung.
3. Call Me By Your Name - Soundtrack
Filmtipp! Und die Musik ist auch sehr gut.
4. Boygenius
Folk. Macht aber nichts.
5. Snail Mail – Lush
American Indie Idol.
6. U.S. Girls – In A Poem Unlimited Pop mit Saxofon von ganz weit weg. 7. Mourn – Sorpresa Familia
Album mit einem Superhit: „Barcelona City Tour“.
8. Fucked Up – Dose Your Dreams Punk fürs Opernhaus.
9. Ólafur Arnalds – Remember
Er klingt jetzt wieder so wie früher. 10. Nils Frahm – All Melody Klavierkonzerttechno.
Klas Libuda 1. Parkway Drive – Reverence
Eine Symphonie aus abgrundtiefen Gitarren, melancholischen Texten und ehrlichen Melodien.
2. Judas Priest – Firepower
Die alten Helden überraschen mit neuer Frische.
3. Coheed and Cambria – Vaxis – Act I The Unheavenly Creatures Science-Fiction-Musical.
4. Immortal – Northern Chaos Gods Reise durch eine verstörende Welt aus Kälte und Wut.
5. Myles Kennedy – Year Of The Tiger
Bluesig-ungewaschenes Country-Album.
6. Dimmu Borgir – Eonian Kathedralen aus Chören und rasenden Gitarren.
7. Hibria – Moving Ground
Neuer, rauer Sound.
8. Black Veil Brides – Vale Stadiontaugliche Hymnen.
9. Saxon – Thunderbolt
Klassisch und gut.
10. Disturbed – Evolution Mitreißende Gitarrenarbei.
Oliver Burwig Du weißt, dass du es mit einem besonderen Musikjahr zu tun hast, wenn einer der relevantesten Sätze darüber von Mark Forster kommt. In einem Interview sagt er: „Man kann nicht mehr gänzlich unpolitisch als Künstler sein.“Mit dieser Meinung steht er nicht allein. Helene Fischer, die bisher nicht unbedingt mit Standpunkten auffiel, spricht sich in einem bemerkenswerten Facebook-Statement für Zusammenhalt und #wirsindmehr aus. In Österreich stellt sich das Austropop-Nationalheiligtum Wolfgang Ambros gegen die rechtsnationale FPÖ. Im amerikanischen Wahlkampf ergreift die bis dato strikt unpolitische Taylor Swift offensiv Partei gegen Trump. Und dem Multitalent Donald Glover alias Childish Gambino gelingt im außergewöhnlichen Video zu „This Is America“ein ebenso wütender wie kunstfertiger Kommentar zum Rassismus.
2018 ist das Jahr, in dem sich der marginalste aller Musikpreise abschafft. Und das kommt so: Obwohl Farid Bang und Kollegah das Elend von KZ-Häftlingen für Punchlines benutzen, erhalten sie dafür den Echo. Der einzige, der während der Verleihung Eier aus Stahl beweist und seine Stimme dagegen erhebt, ist Campino. Es folgen Diskussionen über Meinungsfreiheit, Westernhagen gibt empört seine sieben Preise zurück, die Rapper verlieren den Plattenvertrag, fahren nach 1. Snail Mail – Lush
Magisch.
2. Die Nerven – Fake
Sträuben als Kraftakt.
3. Tocotronic – Die Unendlichkeit Aufwachsen in der Provinz als Rockoper.
4. Childish Gambino – This Is America (Track)
Wird man in hundert Jahren noch interpretieren.
5. The Screenshots – Ein starkes Team / Übergriff
Indierock wie ein guter alter 140-Zeichen-Tweet.
6. Emilie Zoé – The Very Start
Doom als Drama ist Noise in Eis.
7. Soap & Skin – From Gas to Solid... Nie klang „What a Wonderful World“schmerzhafter.
8. Let’s Eat Grandma – I‘m All Ears Donnie Darko dauert hier fantastische elf Minuten.
9. Lafote – Fin
Ritt auf einem Schimmel durch eine abgebrannte Stadt.
10. Soccer Mommy – Clean Coming-of-Age im Holzfällerhemd. Stefan Petermann 3. Parquet Courts – Wide Awake! Spannend: Clash, Strokes und Danger Mouse in einem Atemzug. 4. King Jammy presents Dennis Brown – Tracks of Life Reggae-Klassiker im Jungbrunnen. 5. Sly, Robbie & Dubmatix – Overdubbed
Basstastische Melange.
6. Family*5 – Ein richtiges Leben in Flaschen
Zitierfähige Slogans im Überfluss 7. David Byrne – American Utopia Rückkehr einer verehrten Stimme. 8. Courtney Barnett – Tell Me How You Really Feel
Melancholische Slacker-Queen.
9. The Chills – Snow Bound
Neue von The Chills ist immer in meiner Jahresbestenliste.
10. The Good, The Bad & The Queen – Merrie Land
Das pessimistische Comeback-Album zum Brexit-Showdown.
Massive Attacke auf meinen Gehörgang. Unendlich oft gehört.
3. Tocotronic - Die Unendlichkeit Filigranes Songwriting, berührende Texte
4. Eels - The Deconstruction Balladen wie Gänseblümchen.
5. Bill Ryder-Jones - Yawn Schluffi-Melancholie.
6. Sophie Hunger - Molecules
Das Elektrokleid steht ihr gut.
7. The Innocence Mission - Sun On The Square
Waidwunde Folkperlen.
8. Tamino - Amir
Arabische trifft auf westliche Popkultur – kleines Meisterwerk.
9. Torpus & The Art Directors - We Booth Need to Accept That... Famose Liveband.
10. Villagers - The Art Of Pretending To Swim
In einem schwächeren Musikjahr 2018 reicht es für die Top Ten.
Sebastian Peters
Besser war Bach noch nie.
3. RAF Camora/Bonez MC – Palmen aus Plastik 2
Deutschrap, der gar nicht so böse ist.
4. Marco Polo feat. Masta Ace – A Breukelen Story
Die 90er im Brooklyn-Sound.
5. Khruangbin – Con todo el mundo Wer einen Roman schreiben will, hört das.
6. Chefket – Alles Liebe
Ausgefeilte Zeilen, sehr gute Beats. 7. Marteria/Casper – 1982
Ein harmonisches Duo.
8. Umse – Durch die Wolkendecke Selten war Rap so klug.
9. Greta van Fleet – Anthem Of The Peaceful Army
Soundtrack für einen privaten Roadmovie.
10. Samy Deluxe – MTV Unplugged Altmeister sind auch Meister.
Henning Rasche
Brillantes zweites Album der neuen R&B-Vielseitigkeits-Königin.
4. Nicki Minaj – Queen
Her Ganja burns!
5. Protoje – A Matter Of Time Roots-Reggae-Galionsfigur mit engagierten Experimenten.
6. Drake – Scorpion
Sympathische Gigantomanie.
7. L’ Impératrice - Matahari Frankreichs Antwort auf Parcels Disco-Retro-Sound.
8. Estelle – Lovers Rock Kanye-West-Muse sucht ihre afrokaribischen Wurzeln.
9. The Good, The Bad & The Queen – Merrie Land
Traurige Anti-Brexit-Shantys.
10. Dur Dur-Band – Dur Dur Sound Of Somalia
Mogadischus Disco-Soul-Schätze aus den frühen 80ern
Konrad Schnabel
Andreas Huber