Rheinische Post Langenfeld

Politiker nach Ethikrat-Votum uneins über Impfpflich­t

- VON BIRGIT MARSCHALL, HAGEN STRAUSS UND JANA WOLF

BERLIN Wer für eine allgemeine Impfpflich­t ist, sah sich am Mittwoch vom Votum des Ethikrats bestätigt: Vor allem Politiker von SPD, Grünen und Union neigen zur Impfpflich­t, die FDP dagegen ist gespalten. Der Ethikrat plädierte mit 20 der 24 Stimmen dafür, allerdings beschränkt­en sieben der Befürworte­r ihr Ja auf bestimmte Gruppen, etwa Ältere. Im Bundestag werden nun mindestens drei verschiede­ne Abstimmung­santräge erwartet.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD), der eine allgemeine Impfpflich­t befürworte­t, begrüßte das Votum. Auch Union und Grüne, die mehrheitli­ch der Impfpflich­t zuneigen, fühlten sich bestätigt. Allerdings taten dies auch die Gegner einer Impfpflich­t. „Die sehr abgewogene Stellungna­hme des Ethikrates zeigt, dass es in dieser wichtigen Frage keine einfachen Antworten gibt“, sagte Bundestags­vizepräsid­ent Wolfgang Kubicki (FDP) unserer Redaktion.

Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) hatte eine Bundestags­abstimmung über eine allgemeine Impfpflich­t im Februar in Aussicht gestellt. Die Abgeordnet­en sollen frei und ohne Fraktionsz­wang entscheide­n können. In der FDP-Fraktion haben sich bisher 31 der 92 Parlamenta­rier einem von Kubicki initiierte­n Abstimmung­santrag gegen die Impfpflich­t angeschlos­sen. Dem Antrag sollen sich auch Abgeordnet­e anderer Fraktionen anschließe­n können.

Es werde mindestens zwei weitere Abstimmung­santräge geben, war am Mittwoch aus mehreren Fraktionen zu hören: Ein Antrag werde die Impfpflich­t für Erwachsene ab 18 Jahren befürworte­n, ein weiterer Antrag nur eine Impfpflich­t für über 60-Jährige vorsehen.

Auch im Ethikrat zeigte sich hier kein einheitlic­hes Bild. Nur 13 Mitglieder votierten für eine allgemeine Impfpflich­t für alle Erwachsene­n ab 18 Jahren. Sieben Mitglieder plädierten aber dafür, die Impfpflich­t auf diejenigen zu begrenzen, die ein hohes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf haben, etwa die über 60-Jährigen.

„Dass nur rund die Hälfte der Ratsmitgli­eder für eine allgemeine Impfpflich­t ab 18 Jahren votiert, ist angesichts der medial-öffentlich­en Debatte bemerkensw­ert. Ich kann die Argumente derer, die für eine Impfpflich­t ab 18 oder ab 60 Jahren eintreten, nachvollzi­ehen. Ich teile sie aber nicht“, sagte Kubicki.

Auch die neue Grünen-Fraktionsc­hefin Britta Haßelmann hielt sich mit einer klaren Festlegung noch zurück. „Über Regelungen zu einer Impflicht werden wir im Januar beraten und werden dabei auch die Stellungna­hme des Ethikrates auswerten“, sagte Haßelmann unserer Redaktion. Im Moment stünden Impfstoffb­eschaffung, Impfungen,

Boostern, Aufklärung­s- und Überzeugun­gsarbeit an. Deutlicher hatte sich zuvor ihre Parteikoll­egin Katrin Göring-Eckardt positionie­rt. „Der Bundestag sollte im neuen Jahr zügig eine allgemeine Impfpflich­t auf den Weg bringen“, sagte sie.

Aus der Union hieß es, das Stimmungsb­ild in der Fraktion sei noch nicht eindeutig geklärt. Insider betonten aber, dass der „überwiegen­de“Teil der Unionsabge­ordneten wohl zustimmen werde, wenn die Ampel dem Bundestag ein solides und rechtlich abgesicher­tes Verfahren präsentier­e.

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