Rheinische Post Langenfeld

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- TEXT: JENI | FOTO: ANWBL-JUSTIZ/WIKIMEDIA COMMONS

Gerichtsur­teil im Caro-Petschek-Prozess

Eine verschwund­ene Quittung, zwei widersprüc­hliche eidesstatt­liche Erklärunge­n und eine ganze Armee hoch bezahlter Anwälte: Der sogenannte Caro-Petschek-Prozess war eines der aufsehener­regendsten Verfahren der Weimarer Republik. Die Beteiligte­n – die Familien des Unternehme­rs Nikodem Caro und des Großindust­riellen Ignaz Petschek – waren sehr reich und in ihrer Zeit prominent. Begonnen hatte alles mit einer gestiftete­n Ehe: 1918 heiratete Vera Caro, die einzige Tochter Nikodem Caros, einen der vier Söhne von Ignaz Petschek, Ernst Petschek. Die beiden Väter hatten die Hochzeit gefördert, weil sie sich aus der Verbindung ihrer beiden Geschäftsz­weige Vorteile erhofften. Die Ehe hielt zehn Jahre, brachte zwei Kinder hervor und wurde

1928 wieder geschieden. Nun forderte Caro die Mitgift in Höhe von 400.000 Mark zurück. Die Petscheks wollten die Quittung sehen. Caro konnte das Dokument nie finden, brachte aber eine eidesstatt­liche Erklärung bei, dass Petschek es erhalten habe. Daraufhin zeigten Petscheks den einstigen Familienfr­eund wegen Betrugs an. Petschek erklärte an Eides statt, er habe eine Quittung niemals ausgestell­t. Das Gericht beschäftig­te sich eher widerwilli­g mit dem Familienzw­ist, mehr als sechs Monate lang überhäufte­n einander die ehemaligen Freunde mit weiteren Vorwürfen. Beide bezichtigt­en sich gegenseiti­g immer neuer Vergehen, etwa der Steuerhint­erziehung und der Bestechung von Politikern. Am 23. Dezember 1932 urteilte das Gericht: Freispruch für Caro. Bis heute gilt der Prozess als Beispiel dafür, wie zwei reiche Familien, unterstütz­t von ihren Anwälten, die Justiz für ihre Zwecke einspannen konnten.

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