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Gerichtsurteil im Caro-Petschek-Prozess
Eine verschwundene Quittung, zwei widersprüchliche eidesstattliche Erklärungen und eine ganze Armee hoch bezahlter Anwälte: Der sogenannte Caro-Petschek-Prozess war eines der aufsehenerregendsten Verfahren der Weimarer Republik. Die Beteiligten – die Familien des Unternehmers Nikodem Caro und des Großindustriellen Ignaz Petschek – waren sehr reich und in ihrer Zeit prominent. Begonnen hatte alles mit einer gestifteten Ehe: 1918 heiratete Vera Caro, die einzige Tochter Nikodem Caros, einen der vier Söhne von Ignaz Petschek, Ernst Petschek. Die beiden Väter hatten die Hochzeit gefördert, weil sie sich aus der Verbindung ihrer beiden Geschäftszweige Vorteile erhofften. Die Ehe hielt zehn Jahre, brachte zwei Kinder hervor und wurde
1928 wieder geschieden. Nun forderte Caro die Mitgift in Höhe von 400.000 Mark zurück. Die Petscheks wollten die Quittung sehen. Caro konnte das Dokument nie finden, brachte aber eine eidesstattliche Erklärung bei, dass Petschek es erhalten habe. Daraufhin zeigten Petscheks den einstigen Familienfreund wegen Betrugs an. Petschek erklärte an Eides statt, er habe eine Quittung niemals ausgestellt. Das Gericht beschäftigte sich eher widerwillig mit dem Familienzwist, mehr als sechs Monate lang überhäuften einander die ehemaligen Freunde mit weiteren Vorwürfen. Beide bezichtigten sich gegenseitig immer neuer Vergehen, etwa der Steuerhinterziehung und der Bestechung von Politikern. Am 23. Dezember 1932 urteilte das Gericht: Freispruch für Caro. Bis heute gilt der Prozess als Beispiel dafür, wie zwei reiche Familien, unterstützt von ihren Anwälten, die Justiz für ihre Zwecke einspannen konnten.