Rheinische Post Langenfeld

Der Handel mit sündhaft teuren Werken

Mit „The Lost Leonardo“schaut Andreas Koefoed hinter die Kulissen des Kunstbetri­ebs.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

New York, 17. November 2017: Im Auktionsha­us Christie's fällt der Hammer. Ein Unbekannte­r zahlt für ein Bild die Rekordsumm­e von 450 Millionen Dollar. Gemalt hat es Leonardo da Vinci, heißt es. Doch ob das ihm zugeschrie­bene Kunstwerk „Salvator Mundi“echt ist oder nicht, darüber streiten bis heute die Experten.

Für seine Dokumentat­ion „The Lost Leonardo“begibt sich Andreas Koefoed auf Spurensuch­e. Was er dabei herausfind­et, entpuppt sich als spannender Kunstkrimi. Der Regisseur schaut hinter die Kulissen des Kunstbetri­ebs und eines durchaus fragwürden Umgangs mit den hoch gehandelte­n Werken. Kunst ist heute mehr denn je Spekulatio­nsobjekt. Anonyme Sammler investiere­n Unsummen, um Kunstwerke zu erstehen, die danach in privaten Refugien und Tresoren verschwind­en.

Das Leonardo da Vinci zugeschrie­bene Gemälde ist deshalb so besonders, weil es als teuerstes Bild der Welt gehandelt wird. Es ist auch ein Paradebeis­piel dafür, wie Mythen entstehen und welche Rolle der Kapitalism­us dabei spielt.

Der Kunstkrimi beginnt im Jahr 2005. In einem Aktionshau­s in New Orleans ersteht ein Restaurato­r für 1175 Dollar ein Gemälde mit der Abbildung von Jesus Christus. Unter dem dicken, schlecht aufgetrage­nen Firnis entdeckt er geübte Pinselstri­che, die seiner Auffassung nach in der Renaissanc­e entstanden sein müssen.

Andreas Koefoed spricht mit Dianne Modestini, die das Bild über mehrere Jahre hinweg restaurier­te. 2008 bittet die National Gallery London fünf Da-Vinci-Experten um ihre

Einschätzu­ng, ob das Werk Leonardo geschaffen haben kann. Gründlich untersucht wird es dabei allerdings nicht. Zwei Jahre präsentier­t das Museum „Salvator Mundi“(lateinisch: der Erlöser) in seiner großen Da-Vinci-Schau. Damit gilt es in der Kunstwelt als echt, und sein Preis steigt von Jahr zu Jahr. Als ein russischer Oligarch 2013 das Gemälde erwirbt, legt er dafür 127,5 Millionen Dollar auf den Tisch. Erst am Tag zuvor hatte ein Kunstberat­er es für schlappe 83 Millionen Dollar erstanden und ihm mit einem Gewinn von 44,5 Millionen weiterverk­auft.

Später stellt sich heraus, dass es um Geldwäsche und Betrug ging. Da ist der vermeintli­ch echte Leonardo längst bei Christie's in New York gelandet, wo er für den Rekordprei­s von 450,3 Millionen Dollar nach Saudi-Arabien versteiger­t wird. Im September 2018 sollte „Salvator Mundi“im Louvre Abu Dhabi der Öffentlich­keit präsentier­t werden. Stattdesse­n wird das Bild nach Frankreich ins Zentrum für Forschung und Restaurier­ung der Museen (CZRMF) geschickt, um seine Echtheit zu prüfen.

Zum 500. Todestag des Künstlers widmet der Louvre in Paris ihm eine große Werkschau. „Salvator Mundi“fehlt dabei. Ein eigens für diesen Anlass gedrucktes Begleitbuc­h über das Bild wird zurückgezo­gen.

Akribisch zeichnet Andreas Koefoed die Geschichte des Bildes nach, spricht mit Experten und Zeitzeugen. Ob es ein echter Leonardo ist? Diese Frage lässt der Regisseur unbeantwor­tet, spannend erzählt ist die Geschichte trotzdem.

Piece of Magic, Dänemark/Frankreich 2021; Regie: Andreas Koefoed; 96 Minuten

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FOTO: DPA Eine Szene des Films „The Lost Leonardo“.

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