Der Traum von der großen Bühne
Rock ist ihre Leidenschaft: Lily Braun ist Studentin in Düsseldorf und arbeitet an ihrer Karriere als Musikerin. Eigene Songs hat sie bereits aufgenommen, nun steht das erste Album an.
Eigene Songs veröffentlichen und mit einer Band auf der großen Bühne stehen – davon träumt Lily Braun. Die 20-Jährige befindet sich mitten im Studium der Medien- und Kulturwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und ist nebenbei als Musikerin aktiv. Seit Anfang des Jahres ist Musik mehr als nur ein Hobby für sie. Im März war sie das erste Mal mit einem Gesangspart auf einer Veröffentlichung eines Freundes zu hören, der darauf folgend ihr Produzent werden sollte. Im Mai veröffentlichte sie ihre erste EP mit fünf Songs.
Dazu sei es eher zufällig gekommen: „Ein guter Freund von mir, Jasons Ulises, ist als Musikproduzent tätig und wusste, dass ich gerne singe und auch schon ein paar eigene Songs geschrieben habe. Also hat er mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, eine Strophe für einen seiner Songs einzusingen. Daraus entstand die Idee, dass wir eine komplette EP mit meinen Songs produzieren könnten.“Schon wenige Monate später veröffentlichte Lily Braun unter dem Künstlernamen „LILY“ihre EP „Incomplete Without Me“.
Die fünf Songs, die Teil der EP sind, hatte Braun bereits im Laufe der zwei vorangegangenen Jahre geschrieben. in dieser Zeit waren Songwriting und Singen auch ein Weg für sie, Erlebnisse und Gefühle künstlerisch zu verarbeiten. Da die
Songs schon vorhanden waren, ging die Produktion sehr schnell. Ulises fertigte Instrumental-Versionen an, mit denen Braun dann den Text einsang. Dies geschah von zu Hause aus und auch nicht in direkter Zusammenarbeit. „Da Jason in Chile wohnt und ich in Deutschland, haben wir uns noch nie im echten Leben gesehen. Kennengelernt haben wir uns im Internet, da wir beide dieselbe Lieblingsband haben“, erklärt Braun. Doch mit den heutigen technischen Möglichkeiten sei eine solche Distanz für eine Kooperation keine Hürde mehr.
Rückblickend zeigt sich Braun beeindruckt, wie schnell und reibungslos die Produktion ablief: „Ich habe wirklich Glück, mit Jason einen Freund zu haben, der sich mit professioneller Musikproduktion auskennt. Wenn man sich einen Produzenten sucht, kann dies pro Lied schnell mal an die 1000 Euro kosten. Das ist gerade für Newcomer eine große Investition, da man in den meisten Fällen nicht damit rechnen kann, dass sich diese Ausgaben in naher Zukunft durch Einnahmen wieder ausgleichen.“
Allgemein sieht Braun die Chancen für junge Musikerinnen und
Musiker, die neu in das Musikgeschäft einsteigen, aber eher positiv: „Natürlich ist es unwahrscheinlich, dass man direkt mit der eigenen Musik durchstartet, vor allem ohne eine Band und ohne bestehende Fanbase. Aber trotzdem ist der Eintritt ins Business für Newcomer deutlich niederschwelliger geworden, da man heute nicht mehr unbedingt ein Label braucht, um Musik zu veröffentlichen. Auf Streamingdiensten wie Spotify hat jeder die Möglichkeit, eigene Musik an die Öffentlichkeit zu bringen.“
Vor allem im letzten Jahrzehnt haben Streaming-Plattformen CDs und Schallplatten über weite Teile abgelöst. Dies habe es ihr erst ermöglicht, ihre Werke mit der Öffentlichkeit zu teilen: „Natürlich mache ich Musik immer noch hauptsächlich, weil ich Spaß daran habe. Aber das Wissen, dass die Musik nun von mehr Menschen gehört werden kann, motiviert mich umso mehr.“
Diese Motivation zeigt sich auch an der Anzahl der Stücke, die Braun in den vergangenen Monaten geschrieben hat. Während sie vor der
Veröffentlichung ihrer EP fünf Songs innerhalb von zwei Jahren schrieb, habe sie nun in nur fünf Monaten zehn Songs fertiggestellt, sagt sie. Der Grund dafür sei nicht etwa, dass sie unter Druck stehe, sondern das Hinarbeiten auf ein konkretes Ziel, das sie mit großer Leidenschaft verfolgt: die Veröffentlichung ihres ersten Albums. „Natürlich fiebere ich auf die Veröffentlichung meines ersten Albums hin, aber diesmal lassen Jason und ich uns bewusst mehr Zeit als bei der EP, damit das Resultat umso besser wird.“
Anders als bei der EP sei bei der Entstehung des Albums außerdem, dass sie nun eine konkretere Vision und einen spezifischeren Stil verfolge. Dadurch, dass die Songs auf der EP über einen so langen Zeitraum entstanden sind, habe sich kein bestimmtes Genre darin abgezeichnet. Beim Album wiederum möchte sich Braun nun in Richtung Rock festlegen. „Natürlich ist es ein bisschen schwierig, als Solo-Künstlerin im Rock aktiv zu sein, da dies ein Genre ist, das typischerweise von Bands dominiert ist. Doch Rockmusik ist die Musik, die ich selbst am liebsten höre, und ich möchte meiner Leidenschaft treu bleiben.“Daher komme es für sie auch nicht infrage, Musik zu machen, mit der sie sich selbst nicht identifizieren könne: „Wenn ich nur auf Erfolg aus wäre, müsste ich wahrscheinlich Deutschpop machen. Aber danach fühle ich mich einfach nicht.“
Unter dem Titel „Secondhand Smoke“ist am 4. Dezember bereits die erste Single-Auskopplung aus dem kommenden Album erschienen. Darin thematisiert Braun auf ironische Weise eine Situation, die sich während ihres Auslandsjahres in Irland ereignete: „Ich war mit Freunden in einer Disco, und dort war ein Typ, der einfach nicht aufhörte, mich anzusprechen, und mich mit Komplimenten überhäufte, obwohl ich absolut kein Interesse hatte. Mit ,Secondhand Smoke' möchte ich zeigen, wie anstrengend solche Situationen für Frauen sein können. Der Song ist zwar in einem ironischen Stil geschrieben, hat aber auf jeden Fall auch einen emanzipatorischen Ansatz.“
Zu „Secondhand Smoke“soll in Zusammenarbeit mit einer Kommilitonin auch noch Brauns erstes Musikvideo entstehen. „Das Schöne an meinem Studiengang ist, dass hier sehr viele kreative Köpfe zusammenkommen und sich so Gelegenheiten ergeben, die eigenen Leidenschaften miteinander zu verbinden“, erzählt sie.
Brauns Traum ist es, sich als Sängerin und Songwriterin eine Karriere aufzubauen – am liebsten als Teil einer Band: „Ob dies so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, kann ich natürlich nicht wissen. Aber ich denke, es ist immer gut, optimistisch zu bleiben und an sich und seine Musik zu glauben.“