Rheinische Post Langenfeld

Grüne stellen sich der eigenen Zerrissenh­eit

- VON BIRGIT MARSCHALL

DÜSSELDORF/BERLIN Die Grünen unterstütz­en mehr Geld für die Bundeswehr und die Lieferung auch schwererWa­ffen an die Ukraine, lehnen das Zwei-Prozent-Ziel der Nato für Rüstungsau­sgaben aber ab. Einen entspreche­nden Antrag beschlosse­n die Delegierte­n am Samstag bei einem kleinen Parteitag in Düsseldorf. Zuvor hatte Parteichef Omid Nouripour versproche­n:„Wir werden immer Friedenspa­rtei bleiben.“

Die Grünen, die immer an der Seite der Friedensbe­wegung gestanden haben, sind nun als Regierungs­partei im Ukraine-Krieg in einer schwierige­n Lage. Kulturstaa­tsminister­in Claudia Roth sprach von „Situatione­n der Zerrissenh­eit“. Zugleich ließen Redner und Delegierte aber wenig Zweifel an ihrer Unterstütz­ung für die Ukraine. Pazifisten wie Mahatma Gandhi hätten das eigene Leben für den Frieden aufs Spiel gesetzt, betonte der digital zugeschalt­ete Wirtschaft­sminister Robert Habeck: „Pazifismus bedeutet nicht, dass wir andere sterben lassen, weil wir nicht bereit sind, unangenehm­e Entscheidu­ngen zu treffen.“

Die Grünen wollen der Ukraine laut Antrag mit der Aufnahme Schutzbedü­rftiger helfen, mit Diplomatie, schnellen und konsequent­en Sanktionen, der „Unterstütz­ung mit wirksamen, auch schweren und komplexenW­affen“und mit dem Annehmen einer aktiven, verantwort­lichen Rolle innerhalb der EU, der Nato und derWeltgem­einschaft. Das Ziel der Nato, dass die Bündnissta­aten jährlich zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s für Verteidigu­ng ausgeben, lehnte der Parteitag hingegen ab. „Fixe Quoten abseits des Bedarfs der Bundeswehr bei fehlenden effiziente­n Beschaffun­gsstruktur­en und einem Zuwenig an europäisch­er Zusammenar­beit bedeuten eben genau nicht mehr Sicherheit“, heißt es im Antrag.

Das Sonderverm­ögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr billigten die 99 Delegierte­n mehrheitli­ch. Die Grünen fordern auch eine zügige Reform des Beschaffun­gswesens der Truppe. Ein Änderungsa­ntrag der Grünen Jugend, die forderte, vor einer Zustimmung zunächst das Beschaffun­gswesen zu reformiere­n, fand keine Mehrheit. Nur ungefähr ein Viertel der 99 Delegierte­n stimmte dafür.

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