Rheinische Post Langenfeld

Bennett kapert deutsche Radsport-Party

Ein deutscher Podestplat­z bleibt diesmal aus, doch Nils Politt ist im Zielbereic­h des Frankfurte­r Traditions­rennens trotzdem happy.

- VON PATRICK REICHARDT

FRANKFURT (dpa) Nils Politt strahlte wie ein Gewinner, dann herzte er im Zielbereic­h seinen triumphier­enden Teamkolleg­en Sam Bennett. Der irische Topsprinte­r hat die deutsche Radsport-Party beim Klassiker Eschborn-Frankfurt verdorben, mit seinem Erfolg am Sonntag aber immerhin den deutschen Rennstall Bora-hansgrohe jubeln lassen.

Bester Deutscher wurde Phil Bauhaus, der im Massenspri­nt an der Alten Oper in Frankfurt am MainVierte­r wurde. John Degenkolb musste sich klar geschlagen geben. „Ich habe mir nichts vorzuwerfe­n. Ich habe mein Bestes gegeben. Der Rennverlau­f war nicht so, dass er mir extrem in die Karten gespielt hat“, sagte„Dege“.„Ich habe es trotzdem total genossen, es war ein schöner 1. Mai.“

Der Vorjahresz­weite und Lokalmatad­or stellte fest, dass es zu viele Fahrer mit auf die letzte Runde geschafft haben. „Am Ende hatte ich keine Chance mehr“, räumte der 33 Jahre alte Degenkolb nach den 183,9 harten Kilometern ehrlich ein. Stattdesse­n gehörte die Bühne den Topsprinte­rn Bennett, Fernando Gaviria aus Kolumbien sowie Alexander Kristoff aus Norwegen. „Ich hatte richtig gute Beine. Der Dank geht an das Team, das mich die letzten Monate unterstütz­t hat. Es ist fantastisc­h, diesen Sieg für ein deutsches Team einzufahre­n“, sagte Bennett.

Für den zweimalige­n Tour-deFrance-Etappensie­ger war es endlich der erste Erfolg in dieser Saison.„Ich glaube, dass ihm ein ganzer Sack voller Steine vom Herzen fällt“, sagte Ex-Sprinter Marcel Kittel über Bennett, den sein Teamchef Ralph Denk zuvor trotz des schwachen Frühjahrs als Favorit und Sieger prognostiz­iert hatte.

„Es wird traditione­ll ein Katzund-Maus-Spiel zwischen Sprintern und Bergfahrer­n, die ihr Glück in der Flucht im Taunus suchen“, hatte Denk zudem vorhergesa­gt. So lief es auch in den Vorjahren, doch die Sprinter und ihre Teams hatten sich jahrelang immer durchgeset­zt. Das bekannte Szenario wiederholt­e sich auch 2022 - auf dem fordernden, aber nicht zu harten Kurs. Auch diesmal gab es mutige und tapfere Ausreißerg­ruppen, deren Attacken nicht von Erfolg gekrönt waren.

Das traditions­reiche Rennen fand erstmals seit drei Jahren wieder am Stammtermi­n am 1. Mai statt. 2020 sorgte die Corona-Pandemie für eine Absage und ein virtuelles Ersatzeven­t. 2021 folgte dann eine coronabedi­ngte Verschiebu­ng in den Herbst, damals wurde das Rennen als WM-Generalpro­be ausgetrage­n. Sprinter Pascal Ackermann, 2019 der bisher letzte deutsche Sieger, fehlte diesmal wegen einer Fraktur am Steißbein. Andere deutsche Top-Profis waren nicht dabei, weil sie sich schon auf den Giro d‘Italia mit Start am 6. Mai in Budapest vorbereite­n.

Stimmungsm­äßig lief es durchaus wie in rüheren Jahren. Zehntausen­de Fans säumten die Straßen im Taunus, an den Anstiegen wie am Feldberg und vor allem quer durch die Metropole am Main, die das Radsport-Spektakel am 1. Mai bereits gewohnt ist. Ganz besonders bemerkbar machten sich diesmal Fans aus Eritrea, die Gent-Wevelgem-Sensations­sieger Biniam Girmay mit Gesängen, Fahnen und Trommeln lautstark feierten - und das schon bevor es in Eschborn am Mittag überhaupt losging.

Ob es in Zukunft beim aktuellen Klassikerp­rogramm in Frankfurt bleibt, ist nicht absehbar. RadOlympia­siegerin Lisa Brennauer hatte während der Übertragun­g im Hessischen Rundfunk ihrenWunsc­h nach einem Rennen für Frauen geäußert. „Das wäre natürlich der Wahnsinn. Früher gab es hier ja ein Frauen-Rennen. Vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit. Es würde mich sehr, sehr freuen, auch in Deutschlan­d wieder ein ganz großes Event im Frauen-Radsport zu sehen“, sagte Brennauer.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Als erster über die Ziellinie: Radprofi Sam Bennett aus Irland vom Team Bora-hansgrohe jubelt nach seinem Sieg beim Rennen Frankfurt - Eschborn.

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