Bulgarische Regierung droht an Ukraine-Krieg zu zerbrechen
Der Lieferstopp von russischem Erdgas setzt Sofia zusätzlich unter Druck
Diplomatische
Rücksichtnahme auf die russophilen Koalitionspartner erlegt sich Bulgariens prowestlicher Premier Kiril Petkow keine mehr auf, wenn es um die Unterstützung der Ukraine geht. „Die Ukraine wird diesen Krieg gewinnen – und alle Demokratien werden hinter Ihnen stehen“, versicherte der in den USA studierte Harvard-Absolvent dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche bei seiner Visite in Kiew.
Bei Solidaritätsbekundungen will es der Chef der Anti-Korruptionspartei PP keineswegs belassen. Petkow hat in Kiew vermehrte Strom-Importe aus der Ukraine angekündigt, um dem Land zu neuem Kapital im Abwehrkrieg gegen Russland zu verhelfen. Zudem vereinbarte er mit Selenskyj, dass Bulgarien der Ukraine bei der Reparatur von beschädigtem Kriegsgerät helfen und dass das bulgarischeWarna anstelle des von Russland blockierten Odessa zum neuen Umschlaghafen für ukrainische Getreide-Exporte werde.
Nur drei der vier Koalitionspartner begleiteten den Regierungschef in die Ukraine. Demonstrativ boykottierten hingegen die russophilen Sozialisten (BSP) die Reise. „Falls das Kabinett entscheidet, Waffen und Munition in die Ukraine zu exportieren, werden wir die Koalition verlassen“– so drohte die BSP-Chefin und Wirtschaftsministerin Kornelia Ninowa vor der für Mittwoch geplanten Dringlichkeitssitzung des Parlaments erstmals offen mit dem Bruch des erst im Dezember vereidigten Regierungsbündnisses der BSP mit der PP von Petkow, der Protestpartei ITN und der bürgerlichen prowestlichen DB.
Gleich drei Mal hatten die ermatteten Bulgaren 2021 ein neues Parlament zu wählen, bis sie endlich eine neue Regierung erhielten: Die wenig homogene Vierparteienkoalition droht nun zur ersten Regierung in der EU zu werden, die über den Ukraine-Krieg stolpert. Der in der Vorwoche von Moskau verhängte Lieferstopp von russischem Erdgas setzt Sofia zusätzlich unter Druck. Sollte die BSP das schlingernde Regierungsboot tatsächlich verlassen, dürften Neuwahlen kaum zu vermeiden sein.
Diese könnten den Niedergang der BSP allerdings beschleunigen. Die Opposition, aber auch Präsident Rumen Radew, wirft Wirtschaftsministerin Ninowa vor, Rüstungsexporte in die Ukraine über Drittländer wie Polen oder Tschechien stillschweigend abgesegnet zu haben. Bulgarien habe keine Waffen in die Ukraine exportiert, beteuert die BSP-Chefin trotz der seit Kriegsbeginn auffällig gestiegenen Absatzzahlen der heimischen Waffenschmieden.