Gottschalk will es noch mal wissen
Der Entertainer spricht über das Altern in Würde. Nebenbei gibt‘s Neues zu „Wetten, dass..?“und den „Supernasen“.
MÖNCHENGLADBACH Ist er’s wirklich? Thomas Gottschalk hat die Haare kurz – aber hat er sie auch schön? Er selbst findet: ja. Mit mittlerweile 72 Jahren scheint es an der Zeit, am Image des Berufsjugendlichen etwas zu feilen. Lange Mähnen in dem Alter erlauben sich höchstens Leute wie der Münchner Kult-Kneipier Charles Schumann. Der ist fast zehn Jahre älter als Gottschalk, war aber immer auch ein gefragtes Model. Trotzdem: Für Gottschalk ist es ein kleiner Abschied von einem Markenzeichen. Ergebnis: Maßvoll zurechtgestutzt, sieht der Mann tatsächlich jünger aus. Man erkennt ihn dennoch sogleich. Jede Wette.
Wenn Menschen ihre Frisur verändern, sagt man, steckt meistens ein Mann oder eine Frau dahinter. Und so war es auch diesmal: Das neue Styling habe er Karina zu verdanken, verriet der Großmeister des Promi-Plauschs der „Bild“-Zeitung, noch bevor er am Dienstagabend auf Einladung des Initiativkreises Mönchengladbach vor rund 750 Zuschauer in der Kaiser-FriedrichHalle in Mönchengladbach trat. Obwohl: Auszusehen wie ein Rockstar auf Rente, dazu habe er selbst auch keine Lust mehr gehabt. Karina Mroß, das ist Gottschalks Freundin, mit der er seit 2019 zusammen ist. Zuvor hatte er die Trennung von seiner Frau Thea bekannt gemacht, mit der er fast ein halbes Jahrhundert verheiratet gewesen war.
In Würde zu altern ist in der Tat ein haariges Thema, mit dem sich der 1,92 Meter große Entertainer durchaus ernsthaft beschäftigt hatte, bevor die Locken fielen. „Wer nur alt wird, aber nicht klüger, ist schön blöd“, lautet der Untertitel seiner Autobiografie „Herbstbunt“, die er vor drei Jahren veröffentlicht hat und aus der er an diesem Abend 16 Seiten vorliest.
Das Werk ist ein bisschen Rentner-Ratgeber und ein bisschen mehr noch das leichte Lamento eines alten weißen Mannes („das einzige lebende Wesen, das keinerlei Artenschutz für sich reklamieren kann“), woran auch die kürzeren blonden Haare im Nachhinein wenig ändern können, das aber jetzt auch nicht allzu wehklagend daherkommt. Dazu hat der bekennende Sunnyboy der deutschen Unterhaltungsbranche einfach zu viel Spaß in Leben und Beruf gehabt.
„Herbstbunt“habe er als„Loblied auf lange Partnerschaft“begonnen,
bevor ihm auf Seite 146 plötzlich Karina begegnet sei, und danach habe er mit dem Schreiben komplett neu anfangen müssen. Aber Thomas Gottschalk ist trotz neuer Haare und neuer Beziehung im Grunde ganz der Alte, zugleich einer, der gern als Kind seiner Zeit auftritt, ein Nostalgiker, wenngleich jemand, der den schmalen Grat der Beschreibung der Vergangenheit durchaus kunstvoll und unterhaltsam beschreitet. Einer, der weiß, dass in der Erinnerung das Meiste von dem, was war, nicht real bleibt,
weil Erinnerung stets als schöpferischer Akt der Neuerfindung vonVergangenheit daherkommt.
Nein, der nörgelnde Alte will er partout nicht sein, doch bleibe das Gefühl: So schön, wie’s mal war, wird’s nie wieder. So wie damals, als der nicht immer politisch korrekte Hans-Joachim Kuhlenkampff, ein Idol Gottschalks, noch der Star des Samstagabends war. Als man noch nicht öffentlich gekreuzigt wurde für etwas, was man öffentlich gesagt und vielleicht etwas zu locker ausgedrückt hatte.
Als noch kein Shitstorm in sozialen Netzwerken drohte, weil es sie einfach nicht gab. „Verwundert“sei er, wie öffentlich Menschen heutzutage ihr Leben lebten, wie durchgestylt sie sich präsentierten! Wie harmlos wirkt da ein neuer Haarschnitt, aber den Rummel darum erwähnt Gottschalk nicht. Allerdings, so muss er einräumen, komme es ihm vor, als höre er sich mitunter an wie jemand, der kurz nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs geboren worden sei.
Was würde er anders machen, wenn er könnte, wird aus dem Pu
blikum gefragt. Früher hätte er erst geredet, dann nachgedacht, antwortet Gottschalk. Heute müsse das ja andersherum laufen. Nach richtig Andersmachenwollen klingt das aber nicht. Würde er gerne wieder in den USA leben? An seinem derzeitigenWohnort Baden-Baden gehöre er wenigstens zu den Jüngeren, witzelt Gottschalk. Im Übrigen vermisse er nichts. Welche Begegnung hat ihn besonders beeindruckt? Nun, der eine oder andere sei schon dabei gewesen, „aber ich zittere nicht vor Berühmtheiten“. Das habe er von seiner Mutter. Die habe ihm einmal, als er gerade mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder telefonierte, zugezischt: „Sag ihm, er soll zurücktreten!“
So geht er hin, ein launiger Abend, der die Frage, wie klug einen das Alter macht, nicht eindeutig beantwortet. Stattdessen liefert er zwei brandaktuelle Informationen. Er werde, sagt Gottschalk, nicht nur in diesem Jahr am 19. November in der Messehalle von Friedrichshafen für eine neue Ausgabe von „Wetten, dass..?“zur Verfügung stehen, sondern auch 2023. Wer dort alles auf der Couch Platz nehmen wird, steht noch nicht fest. Nur dies:„Man muss noch mit mir rechnen.“Und auch kündigt Gottschalk an: Es werde ein „Super-Nasen-Special“geben – eine neue Folge jener deutschen Komödie mit Mike Krüger aus den Achtzigern. Ein Treffen dazu finde in Kürze am Wörthersee statt.