Risiken erkennen und Krisen vorbeugen
Firmen sollten ihre Widerstandsfähigkeit nicht erst stärken, wenn es bereits brennt. Die ausschließliche Fokussierung auf den kurzfristigen Unternehmenserfolg kann am Ende teuer werden, sagt Dr. Dirk Andres, Restrukturierungsberater und Fachanwalt für Ins
Solange das Geschäft maximal effizient und renditeorientiert läuft, wird das Thema Risikoreduzierung oftmals ausgeblendet – dies kann sich rächen
Exogene Schocks wie Pandemie und Ukraine-Krieg können Firmen von jetzt auf gleich in die Krise befördern. Resilienz rückt bei Unternehmen besonders erst dann in den Vordergrund, wenn es irgendwo brennt und – im schlechtesten Fall – bereits zu spät ist. Dr. Dirk Andres, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Partner der überregionalen Kanzlei AndresPartner, gibt zu bedenken, dass sich einige Firmen, die sich auf Gewinnmaximierung und kurzfristigen Erfolg fokussieren, auf dünnem Eis bewegen. „Wenn ich mein Unternehmen überoptimiere und mehr oder weniger ausschließlich auf Ertrag trimme, laufe ich Gefahr, später in brenzligen Situationen die Kontrolle zu verlieren“, sagt der Düsseldorfer Sanierungsexperte. Als Beispiel nennt er Firmen aus der Automobilbranche, die sich zum Teil nur auf Lieferanten aus einer Region verlassen.„Wenn man beispielsweise bis vor Kurzem nur auf einen Lieferanten für Kabelbäume aus der Ukraine gesetzt hat, hat man jetzt ein Problem.“
Zwar räumt der Experte ein, dass nicht jedes Unternehmen die Wahl oder die Möglichkeiten habe, im Wettbewerb sein Portfolio breit zu diversifizieren und das Geschäftsmodell stets auf ökonomische Nachhaltigkeit auszurichten. Dennoch könnten Unternehmen – präventiv – an bestimmten Stellschrauben drehen. Wenn sich eine Firma nur auf einen Lieferanten verlässt, macht sie sich später im Krisenfall womöglich erpressbar und kann in die Insolvenz schlittern.„Solange das Geschäft maximal effizient und renditeorientiert läuft, wird das Thema Risikoreduzierung oftmals ausgeblendet. Dies kann sich rächen“, unterstreicht er.
Das gleiche Prinzip gelte auch bei der internen Überoptimierung in Unternehmen. „Wenn die Produktion aufgrund der guten Auftragslage hervorragend läuft und die Gewinne sprudeln, sollte man nicht vergessen, die Produktionsanlagen regelmäßig zu überprüfen und sie möglichst auf dem aktuellen Stand zu halten. Im schlimmsten Fall drohen wirtschaftliche Konsequenzen“, weiß Andres. Das Geld, das man hauptsächlich in die Steigerung der Margen gepumpt hat, kann also in Krisenzeiten fehlen. Ein weiterer strategischer Fehler ist es seiner Ansicht nach, wenn Unternehmen ihre Administration massiv vergrößern, um in guten Zeiten Umsätze und Erlöse möglichst zu steigern. Etwa im Handel, wenn Konzerne extra Gesellschaften für Logistik, Beschaffung, Verkauf, Kundenbetreuung oder das Online-Geschäft gründen, um Tarifverträge zu umgehen, und so aber erheblich größere Administrationen erforderlich werden.
Die administrativen Belastungen und die Kosten für den vergrößerten Personalbestand machen es schwierig, die Ausgaben im Bedarfsfall kurzfristig wieder herunterzufahren.„Außerdem können Geschäftsvorgänge angesichts des schnellen Wachstums intransparent werden. Wenn dann die damit verbundenen juristischen Vorgaben komplexer werden, fällt es oft schwerer, das schwelende Feuer zu erkennen und zu bekämpfen, bevor es ausbricht“, so Andres. Gleichwohl verweist er darauf, dass es für Unternehmen keine Patentrezepte gebe, stets präventiv zu agieren. „Natürlich müssen Firmen Geld verdienen, keine Frage. Dennoch sollte stets auch der langfristige Erfolg im Fokus stehen. Risiken sollten dabei weitestgehend heruntergefahren werden.“
Eine Möglichkeit könne es sein, sich juristisch umzustellen. „Ein Unternehmen, das nicht nur im heimischen Markt tätig ist, kann zum Beispiel mit verschiedenen Banken zusammenarbeiten und versuchen, einzelne Geschäftsbereiche nicht zu stark über die Fremdkapitalgeber und Sicherheitenerklärungen miteinander zu verzahnen. So wird von einer heimischen Krise womöglich nicht gleich der ganze Konzern erfasst.“Klumpenrisiken lassen sich laut Andres ebenfalls reduzieren, indem Unternehmen über sichere Häfen im Vermögensportfolio verfügen, beispielsweise Immobilien und Produktionsanlagen. Sachwerte wie diese können bei größeren Liquiditätsproblemen die Zukunft eines Unternehmens absichern.