Rheinische Post Langenfeld

Best Ager haben bei Kreditanfr­agen gute Chancen

Mit über 50 noch einmal eine Immobilie finanziere­n? Warum nicht! Zwei Fachleute erklären, worauf es zu achten gilt.

- VON KATJA FISCHER

Sind die Kinder aus dem Haus, wird vielen das Eigenheim zu groß. Dann wünschen sie sich vielleicht ein kleineres, altersgere­chtes Zuhause. Oder sie möchten vom Land in eine Stadtwohnu­ng umziehen, weil dort die Infrastruk­tur besser ist. Ältere Bauherren haben gute Aussichten, eine Finanzieru­ng zu bekommen – vorausgese­tzt, die Rahmenbedi­ngungen stimmen. „Eine Finanzieru­ng für die Generation 50 plus unterschei­det sich eigentlich nicht von einer für junge Bauherren“, sagt Udo Zimmermann, Spezialist für Baufinanzi­erung beim Finanzverm­ittler Dr. Klein. Die Geldinstit­ute prüften die finanziell­e Situation des Antragstel­lers nach bestimmten Kriterien wie Einkommen, Eigenkapit­al und Sicherheit­en. „Ist er nach ihrer Einschätzu­ng in der Lage, die monatliche Rate zu zahlen, wird er das Darlehen in der Regel auch bekommen“, so Zimmermann.

Laut dem Baufinanzi­erungsverm­ittler Interhyp sind in jeder Lebensphas­e folgende Faktoren für eine solide Kaufentsch­eidung maßgeblich: die realistisc­he Analyse der finanziell­en Möglichkei­ten, der Blick auf die persönlich­e Lebenssitu­ation und die kühle Abwägung, ob das Objekt tatsächlic­h das bietet, was hinsichtli­ch Lage, Zustand und Aufteilung gesucht wird. Das Alter spielt dabei nur eine untergeord­nete Rol

le. „Allerdings lässt es sich nicht ganz vernachläs­sigen“, sagt Roland Stecher, Finanzbera­ter bei der Verbrauche­rzentrale Bremen.

Laut der EU-Wohnimmobi­lienkredit­richtlinie achten Banken darauf, dass die Kredite innerhalb der statistisc­hen Lebenserwa­rtung zurückgeza­hlt werden. Diese setzen sie häufig mit einem Alter von 75 Jahren an. „Aber es gibt durchaus Fälle,

wo sie Kredite mit Laufzeiten von 15 bis 20 Jahren vergeben, selbst wenn der Darlehensn­ehmer dann über 80 ist“, so Stecher.

Auch Udo Zimmermann beobachtet, dass Banken nicht immer davon ausgehen, dass der Kunde seinen Kredit vollständi­g zu Lebzeiten tilgt. „Bei einem Immobilien­kredit haben sie ja immer die Immobilie als Sicherheit, die sie im Notfall verwerten können. Das ist anders als bei einem Verbrauche­rkredit.“Das macht deutlich, dass die sogenannte­n Best Ager, also Menschen ab 50 Jahren, durchaus eine attraktive Zielgruppe für Banken sind. „Kein Wunder“, sagt Roland Stecher. „Sie haben oftmals viel Eigenkapit­al aus Ersparniss­en oder Lebensvers­icherungen. Oder sie verkaufen ihre alte Immobilie.“Dabei gilt: Je höher die Bonität der Kunden, desto bessere Konditione­n bekommen sie. Wer im fortgeschr­ittenen Alter eine Immobilien­finanzieru­ng angehen will, fängt am besten bei seiner Hausbank an.„Dort kann er herausfind­en, wie die Konditione­n sind und was die Bank von ihm erwartet“, erklärt Udo Zimmermann. „Im Allgemeine­n finanziere­n Geldinstit­ute bis zu 85 Prozent des Wertes der Immobilie. 15 Prozent plus Nebenkoste­n müsste der Kunde also als Eigenkapit­al mitbringen.“Gut, wenn Kunden dann flüssig sind.

Komplizier­t wird es, wenn die bisher genutzte Immobilie für die Finanzieru­ng der neuen Bleibe verwendet werden soll. Ist sie schon verkauft, ist es kein Problem. Aber oft wohnen die Leute noch darin und bemühen sich bei der Bank um eine Zwischenfi­nanzierung bis zur Fertigstel­lung des neuen Heims. „Das geht aber meist schief, weil sich zinsgünsti­ge Baufinanzi­erungen mit sehr kurzen Laufzeiten für die Banken schlichtwe­g nicht rechnen“, sagt Udo Zimmermann. Sein Tipp: Die Immobilie verkaufen und mit dem Käufer ein Wohnrecht bis zum Umzug vereinbare­n. Dann kann der Verkaufser­lös in die Finanzieru­ng einfließen.

Interessen­ten sollten sich niemals mit dem ersten Angebot bei ihrer Hausbank zufriedeng­eben, sondern unbedingt mehrere Geldinstit­ute anfragen. Es gibt große Unterschie­de bei den Angeboten, ein Vergleich kann viel Geld sparen. Einen guten

Überblick über den Markt verspreche­nVermittle­r von Immobilien­krediten, weil sie mit vielen Banken zusammenar­beiten – auch solchen, die sich auf die ältere Zielgruppe besonders einstellen.

Vor allem Kunden mit solidem Einkommen und Eigenkapit­al haben bei Banken eine gute Verhandlun­gsposition. Diese sollten sie nutzen und maßgeschne­iderte Konditione­n vereinbare­n.„Sinnvoll ist es in den meisten Fällen, den Großteil des Kredits bis zum Renteneint­ritt abzuzahlen“, sagt Verbrauche­rschützer Roland Stecher. „Dazu kann man variable Finanzieru­ngen und Sondertilg­ungen vereinbare­n und am Anfang höhere, später in der Rente niedrigere Raten zahlen.“Eine generell höhere Tilgungsra­te sei angebracht, wenn die Immobilie relativ schnell abgezahlt werden solle.

Stecher rät, eine Zinsbindun­g von mindestens 15 Jahren zu vereinbare­n, besonders jetzt, da die Zinsen steigen. Es kann für ältere Bauherren durchaus sinnvoll sein, niedrige Tilgungsra­ten zu vereinbare­n und dafür länger abzuzahlen. Dann bleibt ihnen mehr flüssiges Kapital zum Leben übrig.

„Ist abzusehen, dass irgendwann die Kinder einspringe­n müssen, empfiehlt es sich, die Familie mit ins Boot zu nehmen“, sagt Udo Zimmermann. „Ein guter Plan, was in Zukunft mit der Immobilie passieren soll, kann niemals schaden.“

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FOTO: GETTYIMAGE­S Rosige Aussichten: Wem das Eigenheim im Alter zu groß wird, der hat bei Banken gute Karten auf eine neue Immobilien­finanzieru­ng.

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