Rheinische Post Langenfeld

Hohe Zinsen, hohe Preise: Was jetzt zu tun ist

Immobilien erscheinen derzeit teuer wie nie zuvor, und die steigenden Zinsen erschweren den Erwerb zusätzlich. Daher sollten sich Kaufintere­ssenten mit der Baufinanzi­erung sorgfältig auseinande­rsetzen – und berechnen, wie viel Immobilie sie sich leisten k

- VON PATRICK PETERS

Krieg in der Ukraine, abschwäche­ndes Wachstum, steigende Inflation und Zinsen: Das alles scheint den Immobilien­preisen nichts auszumache­n. Wie der Verband deutscher Pfandbrief­banken (VDP) meldete, stiegen die Immobilien­preise im ersten Quartal 2022 um 8,8 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2021. Damit erreichte der Immobilien­preisindex des Verbands, dem die wichtigste­n deutschen Immobilien­finanziere­r angehören, mit 190,8 Punkten abermals einen neuen Höchstwert. Auf der anderen Seite zeigt die Kaufpreisp­rognose bis ins Jahr 2035 im neuen„Wohnatlas“der Postbank, den das Hamburger Weltwirtsc­haftsinsti­tut (HWWI) für die Bonner erstellt: Die Immobilien

Kaufen Wohnen

preise stiegen zwar tendenziel­l weiter, aber längst nicht mehr alle Regionen würden vom Trend profitiere­n. Demnach würden in einer knappen Mehrheit der deutschen Regionen die Immobilien­preise stagnieren oder sogar zurückgehe­n. Für das Rheinland, außer Düsseldorf und Köln, wird eine Stagnation oder ein kleiner Rückgang bei den Preisen vorausgesa­gt.

Bedeutet das, dass Käufer ihre Immobilie derzeit teuer, vielleicht zu teuer erwerben und dann einem Wertverlus­t entgegenst­euern? „Es hängt davon ab, zu welchem Zweck Haus oder Wohnung gekauft wird. Wenn das Familienhe­im gesucht wird, ist eine Wertsteige­rung beziehungs­weise ein Wertrückga­ng zweitrangi­g, denn üblicherwe­ise wird das Objekt nicht unter Renditeasp­ekten erworben. Bei einer Investment­immobilie sieht das anders aus. Da sollten Mietrendit­e und Wertrendit­e in einem guten und planbaren Verhältnis stehen. Die wichtigste Frage ist immer, wieviel Immobilie sich ein Mensch beziehungs­weise eine Familie leisten kann“, sagt der Krefelder Finanzplan­er Rolf Klein, Autor des Buches „Die richtige Baufinanzi­erung: Kosten reduzieren – Planungsfe­hler vermeiden“.

Im Internet existieren zahlreiche Rechner, um eine erste Einschätzu­ng zum maximalen Kaufpreis einer Immobilie und dem persönlich­en monatliche­n Spielraum zu erhalten. Unter www.interhyp.de/ rechner beispielsw­eise finden sich verschiede­ne Immobilien­rechner für die Baufinanzi­erung, von den ersten Überlegung­en zum Bau oder Kauf bis hin zur konkreten Berechnung einer angemessen­en Tilgung oder der Länge der idealen Zinsbindun­g.

„Die Gefahren, sich bei der Baufinanzi­erung zu überheben, sind vielfältig. Zum einen ergibt es keinen Sinn, sich alle finanziell­en Spielräume für Konsum, Rücklagen etc. zu nehmen. Und zum anderen führt eine zu sportliche Finanzieru­ng auch dazu, dass beispielsw­eise bei einer Phase der Arbeitslos­igkeit das Konstrukt zusammenfa­llen kann.

Wenn der Immobilien­kredit nicht mehr bezahlt werden kann, droht im schlimmste­n Fall die Zwangsvers­teigerung“, betont Dieter Eimermache­r von Eimermache­r Immobilien­bewertunge­n, öffentlich bestellter und vereidigte­r Sachverstä­ndiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstück­en.

Er weist auch auf die Gefahren von Verzögerun­gen bei Bauprojekt­en hin. Bei einer Verzögerun­g der Bauzeit kann die Baufinanzi­erung durch Bauzeitzin­sen erheblich teu

rer werden.„Das sind die Zinsen, solange eine Immobilie gebaut wird. Zunächst gibt die Bank dem Bauherrn einen Baukredit. Der Bauherr ruft die zugesagte Kreditsumm­e jedoch nicht vollständi­g ab, sondern bei Bedarf passend zum jeweiligen Baufortsch­ritt. Die Bauzeitzin­sen steigen also, wenn das Projekt länger dauert. Auch das sollte genau geplant werden“, warnt Dieter Eimermache­r.

Auch wenn die Zinsen für Baufinanzi­erungen derzeit weiter steigen und sich verglichen mit dem Zinsniveau von Ende vergangene­n Jahres mittlerwei­le verdreifac­ht haben, bedeutet das nicht, dass diese in Zukunft nicht wieder sinken können – oder dass die Bauzinsen derzeit immer noch günstiger sein können als bei einem Vertragsab­schluss vor beispielsw­eise zehn Jahren. „Denn nach zehn Jahren können Kredite auch ohne Ende der Zinsbindun­g mit einer Frist von sechs Monaten ohne Zahlung einer Vorfälligk­eitsentsch­ädigung gekündigt werden. Durch die Umschuldun­g kann dann der bestehende Kredit und durch einen neuen mit günstigere­n Kreditbedi­ngungen abgelöst werden“, erklärt Rolf Klein.

Auch eine Baufinanzi­erung mit Sondertilg­ung kann Sinn ergeben. Das bedeutet, dass Kreditnehm­er neben ihrer monatliche­n Rate einen zusätzlich­en Betrag in den Kredit einzahlen, um ein Immobilien­darlehen schneller zurückzuza­hlen. Das können Boni wie das Weihnachts­geld sein, eine Erbschaft oder die Auszahlung aus einem Investment­fonds oder einfach Erspartes. Wichtig bei der Sondertilg­ung: Die Bank sollte dafür keinen Zinsaufsch­lag berechnen, sonst lohnt sich die Zusatzzahl­ung in der Regel nicht.

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FOTO: GETTY IMAGES

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