Hohe Zinsen, hohe Preise: Was jetzt zu tun ist
Immobilien erscheinen derzeit teuer wie nie zuvor, und die steigenden Zinsen erschweren den Erwerb zusätzlich. Daher sollten sich Kaufinteressenten mit der Baufinanzierung sorgfältig auseinandersetzen – und berechnen, wie viel Immobilie sie sich leisten k
Krieg in der Ukraine, abschwächendes Wachstum, steigende Inflation und Zinsen: Das alles scheint den Immobilienpreisen nichts auszumachen. Wie der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) meldete, stiegen die Immobilienpreise im ersten Quartal 2022 um 8,8 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2021. Damit erreichte der Immobilienpreisindex des Verbands, dem die wichtigsten deutschen Immobilienfinanzierer angehören, mit 190,8 Punkten abermals einen neuen Höchstwert. Auf der anderen Seite zeigt die Kaufpreisprognose bis ins Jahr 2035 im neuen„Wohnatlas“der Postbank, den das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) für die Bonner erstellt: Die Immobilien
Kaufen Wohnen
preise stiegen zwar tendenziell weiter, aber längst nicht mehr alle Regionen würden vom Trend profitieren. Demnach würden in einer knappen Mehrheit der deutschen Regionen die Immobilienpreise stagnieren oder sogar zurückgehen. Für das Rheinland, außer Düsseldorf und Köln, wird eine Stagnation oder ein kleiner Rückgang bei den Preisen vorausgesagt.
Bedeutet das, dass Käufer ihre Immobilie derzeit teuer, vielleicht zu teuer erwerben und dann einem Wertverlust entgegensteuern? „Es hängt davon ab, zu welchem Zweck Haus oder Wohnung gekauft wird. Wenn das Familienheim gesucht wird, ist eine Wertsteigerung beziehungsweise ein Wertrückgang zweitrangig, denn üblicherweise wird das Objekt nicht unter Renditeaspekten erworben. Bei einer Investmentimmobilie sieht das anders aus. Da sollten Mietrendite und Wertrendite in einem guten und planbaren Verhältnis stehen. Die wichtigste Frage ist immer, wieviel Immobilie sich ein Mensch beziehungsweise eine Familie leisten kann“, sagt der Krefelder Finanzplaner Rolf Klein, Autor des Buches „Die richtige Baufinanzierung: Kosten reduzieren – Planungsfehler vermeiden“.
Im Internet existieren zahlreiche Rechner, um eine erste Einschätzung zum maximalen Kaufpreis einer Immobilie und dem persönlichen monatlichen Spielraum zu erhalten. Unter www.interhyp.de/ rechner beispielsweise finden sich verschiedene Immobilienrechner für die Baufinanzierung, von den ersten Überlegungen zum Bau oder Kauf bis hin zur konkreten Berechnung einer angemessenen Tilgung oder der Länge der idealen Zinsbindung.
„Die Gefahren, sich bei der Baufinanzierung zu überheben, sind vielfältig. Zum einen ergibt es keinen Sinn, sich alle finanziellen Spielräume für Konsum, Rücklagen etc. zu nehmen. Und zum anderen führt eine zu sportliche Finanzierung auch dazu, dass beispielsweise bei einer Phase der Arbeitslosigkeit das Konstrukt zusammenfallen kann.
Wenn der Immobilienkredit nicht mehr bezahlt werden kann, droht im schlimmsten Fall die Zwangsversteigerung“, betont Dieter Eimermacher von Eimermacher Immobilienbewertungen, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken.
Er weist auch auf die Gefahren von Verzögerungen bei Bauprojekten hin. Bei einer Verzögerung der Bauzeit kann die Baufinanzierung durch Bauzeitzinsen erheblich teu
rer werden.„Das sind die Zinsen, solange eine Immobilie gebaut wird. Zunächst gibt die Bank dem Bauherrn einen Baukredit. Der Bauherr ruft die zugesagte Kreditsumme jedoch nicht vollständig ab, sondern bei Bedarf passend zum jeweiligen Baufortschritt. Die Bauzeitzinsen steigen also, wenn das Projekt länger dauert. Auch das sollte genau geplant werden“, warnt Dieter Eimermacher.
Auch wenn die Zinsen für Baufinanzierungen derzeit weiter steigen und sich verglichen mit dem Zinsniveau von Ende vergangenen Jahres mittlerweile verdreifacht haben, bedeutet das nicht, dass diese in Zukunft nicht wieder sinken können – oder dass die Bauzinsen derzeit immer noch günstiger sein können als bei einem Vertragsabschluss vor beispielsweise zehn Jahren. „Denn nach zehn Jahren können Kredite auch ohne Ende der Zinsbindung mit einer Frist von sechs Monaten ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden. Durch die Umschuldung kann dann der bestehende Kredit und durch einen neuen mit günstigeren Kreditbedingungen abgelöst werden“, erklärt Rolf Klein.
Auch eine Baufinanzierung mit Sondertilgung kann Sinn ergeben. Das bedeutet, dass Kreditnehmer neben ihrer monatlichen Rate einen zusätzlichen Betrag in den Kredit einzahlen, um ein Immobiliendarlehen schneller zurückzuzahlen. Das können Boni wie das Weihnachtsgeld sein, eine Erbschaft oder die Auszahlung aus einem Investmentfonds oder einfach Erspartes. Wichtig bei der Sondertilgung: Die Bank sollte dafür keinen Zinsaufschlag berechnen, sonst lohnt sich die Zusatzzahlung in der Regel nicht.