Wohnen: Was gibt‘s noch für eine Million Euro?
Im Neubau ist selbst für viel Geld oft nicht mehr drin als vier Zimmer mit Balkon. Was der Immobilienmarkt in Düsseldorf noch hergibt.
DÜSSELDORF Gefühlt ist eine Million Euro immer noch die Summe, die wirklich einen Unterschied ausmacht. Sie markiert die Grenze, die den großen Rest der Nicht-Millionäre vom Millionär unterscheidet. Diesen umweht nach wie vor die Aura von Reichtum und Luxus. Doch auf der Suche nach einem Haus oder einer Eigentumswohnung in Düsseldorf verfliegt dieser Mythos schneller als Immobilienanzeigen wegen hoher Nachfrage wieder aus dem Netz verschwinden.
Deshalb ganz nüchtern die Frage: Was gibt es eigentlich noch für eine Million Euro? Um es zuzuspitzen: vier Zimmer mit Balkon. Im Neubau zumindest ist kaum mehr drin.
Okay, zugegeben: Das gilt vor allem für neue Eigentumswohnungen in den innenstadtnahen und beliebten Vierteln, wie die Recherche bei Immobilienscout zeigt. Und ja, da ist dann technisch alles auf sehr gutem Niveau, an Aufzug und ein zweites Bad ist gedacht, meist auch an Fußbodenheizung. In Unterbilk zum Beispiel baut Pandion an der Neusser Straße. Eine Wohnung mit 103,7 Quadratmetern und vier Zimmern plus Balkon kostet da im ersten Stock 975.900 Euro. Allerdings: Wenn wir ehrlich sind, reicht die Million da nicht aus, da ja noch 6,5 Prozent Grunderwerbsteuer fällig würden plus weitere Nebenkosten. Wenn bei anderen Objekten sogar noch ein Makler mit gerne 3,5 Prozent dazu kommt, ist eigentlich also schon bei einem reinen Kaufpreis von 900.000 Euro Schluss, da die Nebenkosten dann schnell sechsstellig werden.
Unter der Millionengrenze bleibt der Preis auch bei Neubauprojekten wie an der Volmerswerther Straße ganz in der Nähe (Du!) letztlich nur bei weniger Quadratmetern. In diesem Fall bei 98. Für die Dachwohnung sind 810.000 Euro zu zahlen, der Stellplatz kommt mit 39.000 Euro (!) dazu. Inklusive Nebenkosten kommt das also mit
der Million hin. Doch auch wenn der Grundriss alles an Effizienz herausholt, was möglich ist: Großzügigkeit darf man bei zwei Zimmern mit gerade einmal zehn Quadratmetern Größe nicht erwarten, es dürfte für eine Familie vielmehr eher etwas eng werden für die Million. Man muss es zudem mögen, in einem reinen Neubaukomplex mit 133 Wohnungen auf relativ engem Raum zu leben. Und eine gute Vorstellungskraft braucht man auch, denn fertig werden diese Projekte erst in einigen Jahren.
Aber es gibt auchWohnungen jenseits der beliebten Szeneviertel wie Flingern und Unterbilk oder den noch teureren Vierteln Oberkassel und Carlstadt. Aber so richtig luxuriös will es auch an der Westfalenstraße in Rath nicht werden.
In den Lavendelhöfen gibt es für 899.000 Euro Angebotspreis plus rund 75.000 Eure Nebenkosten bei 120 Quadratmetern Wohnfläche eine Dachterrasse mit zwölf Quadratmetern zu der zwei kleine Balkone und drei Zimmer hinzukommen. Grob zusammengefasst: Wer mehr als 100 Quadratmeter mit Neubaustandard will, ist meist schon nah dran an der Million oder sogar drüber. Richtig exklusiv wird es in diesen letztlich ganz normalen Neubauwohnungen nicht. Ein bisschen Bescheidenheit sollte ein Millionär also mitbringen bei der Immobilienwahl. Erst recht, wenn er ein neues Haus für – und man muss es so sagen – „nur“eine Million Euro sucht. Knapp gesprengt wird das Budget nämlich selbst im weit von der City entfernt liegenden Unterbach. Die
geplanten Reihenmittelhäuser mit kleinem Garten und rund 150 Quadratmetern an der Gerresheimer Landstraße sollen ohne Nebenkosten rund 925.000 bis 935.000 Euro kosten (Wohnen im Hochfeld).
Es geht natürlich auch ohne die irre hohen Quadratmeterpreise im Neubau. Doch je günstiger sie werden, desto höher steigen zumeist die Sanierungskosten. Bei einer Kernsanierung eines älteren Reihenhauses aus dem vorigen Jahrhundert kommen schnell Kosten von 200.000 bis 300.000 Euro zusammen. Materialmangel und vollkommen aus- bis überlastete Handwerker sind nicht einkalkuliert. Wenn wir bei dieser groben Kalkulation bleiben, darf der Preis fürs Haus also 600.000 bis 700.000 Euro nicht übersteigen. Und ja, in Eller und Wersten findet sich hin und wieder etwas. Aber ehrlich gesagt, fallen diese Objekte zumeist in solchem Maße durch Schlichtheit auf, dass unser ausgedachter Millionär da seine ästhetischen Ansprüche extrem herunterschrauben müsste, wenn er nicht schon die Sanierungsbaustelle scheut. Ein Grenzfall war ein Bieterverfahren vor einigen Monaten: Eine ansehnliche, bereits sanierte Doppelhaushälfte aus den 1920er-Jahren mit großem, nicht einsehbarem Garten inWersten und fünf Zimmern auf 144 Quadratmetern, in ruhiger Seitenstraßenlage (aber mit deutlich vernehmbarem Autobahnrauschen) ging für 950.000 Euro an den neuen Eigentümer. Also auch hier hätte die Million aufgrund der Grunderwerbsteuer nicht ganz ausgereicht. Jörg Schnorrenberger, Chef des Rings der Immobilienmak
ler in Düsseldorf, bringt es mit einer zugespitzten Aussage auf den Punkt. „Vor mehr als 20 Jahren gab es auch noch die Villa am Rhein für eine Million Euro oder Mehrfamilienhäuser in der Stadt. Heute gibt es noch eine Doppelhaushälfte in Unterrath.“Tatsächlich liegt der vom Gutachterausschuss ermittelte Bodenrichtwert schon in mittleren bis guten Lagen wie in Wittlaer, Urdenbach und Grafenberg bei einund Zweifamilienhäusern (Baujahr 1950 bis 1975) zwischen 5600 bis 8300 Euro. Das Haus für eine Million wird sich dann allerdings in einer einfachen Lage sehr von der in einer sehr guten Lage unterscheiden.
Schnorrenberger erinnert an einen alten Maklerspruch: „Lage, Lage, Lage.“Der Markt sei allerdings so heiß gelaufen, dass man die Buchstabenfolge auch umdrehen könne. „Egal, egal, egal.“Nach diesem Motto hätten Investoren zum Teil gekauft. Schnorrenberger gibt zudem zu bedenken, dass sich die Ansprüche gewandelt haben. „Alle wollen in die Stadt.“Der Run auf die Städte, der Wunsch urban zu leben, hat sich enorm entwickelt. So hat auch das Wohnen dort einen höherenWert entwickelt. Und letztlich gebe es immer noch auch für 6000 Euro pro Quadratmeter schöne Wohnungen.
So stimmt die These also nicht ganz, vier Zimmer und Balkon gibt es natürlich in allen Preisklassen. Aber in die Luxuskategorie stößt man mit einer Million längst nicht mehr vor.