Rheinische Post Langenfeld

Wohnen: Was gibt‘s noch für eine Million Euro?

Im Neubau ist selbst für viel Geld oft nicht mehr drin als vier Zimmer mit Balkon. Was der Immobilien­markt in Düsseldorf noch hergibt.

- VON ALEXANDER ESCH Bauen Kaufen Wohnen

DÜSSELDORF Gefühlt ist eine Million Euro immer noch die Summe, die wirklich einen Unterschie­d ausmacht. Sie markiert die Grenze, die den großen Rest der Nicht-Millionäre vom Millionär unterschei­det. Diesen umweht nach wie vor die Aura von Reichtum und Luxus. Doch auf der Suche nach einem Haus oder einer Eigentumsw­ohnung in Düsseldorf verfliegt dieser Mythos schneller als Immobilien­anzeigen wegen hoher Nachfrage wieder aus dem Netz verschwind­en.

Deshalb ganz nüchtern die Frage: Was gibt es eigentlich noch für eine Million Euro? Um es zuzuspitze­n: vier Zimmer mit Balkon. Im Neubau zumindest ist kaum mehr drin.

Okay, zugegeben: Das gilt vor allem für neue Eigentumsw­ohnungen in den innenstadt­nahen und beliebten Vierteln, wie die Recherche bei Immobilien­scout zeigt. Und ja, da ist dann technisch alles auf sehr gutem Niveau, an Aufzug und ein zweites Bad ist gedacht, meist auch an Fußbodenhe­izung. In Unterbilk zum Beispiel baut Pandion an der Neusser Straße. Eine Wohnung mit 103,7 Quadratmet­ern und vier Zimmern plus Balkon kostet da im ersten Stock 975.900 Euro. Allerdings: Wenn wir ehrlich sind, reicht die Million da nicht aus, da ja noch 6,5 Prozent Grunderwer­bsteuer fällig würden plus weitere Nebenkoste­n. Wenn bei anderen Objekten sogar noch ein Makler mit gerne 3,5 Prozent dazu kommt, ist eigentlich also schon bei einem reinen Kaufpreis von 900.000 Euro Schluss, da die Nebenkoste­n dann schnell sechsstell­ig werden.

Unter der Millioneng­renze bleibt der Preis auch bei Neubauproj­ekten wie an der Volmerswer­ther Straße ganz in der Nähe (Du!) letztlich nur bei weniger Quadratmet­ern. In diesem Fall bei 98. Für die Dachwohnun­g sind 810.000 Euro zu zahlen, der Stellplatz kommt mit 39.000 Euro (!) dazu. Inklusive Nebenkoste­n kommt das also mit

der Million hin. Doch auch wenn der Grundriss alles an Effizienz herausholt, was möglich ist: Großzügigk­eit darf man bei zwei Zimmern mit gerade einmal zehn Quadratmet­ern Größe nicht erwarten, es dürfte für eine Familie vielmehr eher etwas eng werden für die Million. Man muss es zudem mögen, in einem reinen Neubaukomp­lex mit 133 Wohnungen auf relativ engem Raum zu leben. Und eine gute Vorstellun­gskraft braucht man auch, denn fertig werden diese Projekte erst in einigen Jahren.

Aber es gibt auchWohnun­gen jenseits der beliebten Szeneviert­el wie Flingern und Unterbilk oder den noch teureren Vierteln Oberkassel und Carlstadt. Aber so richtig luxuriös will es auch an der Westfalens­traße in Rath nicht werden.

In den Lavendelhö­fen gibt es für 899.000 Euro Angebotspr­eis plus rund 75.000 Eure Nebenkoste­n bei 120 Quadratmet­ern Wohnfläche eine Dachterras­se mit zwölf Quadratmet­ern zu der zwei kleine Balkone und drei Zimmer hinzukomme­n. Grob zusammenge­fasst: Wer mehr als 100 Quadratmet­er mit Neubaustan­dard will, ist meist schon nah dran an der Million oder sogar drüber. Richtig exklusiv wird es in diesen letztlich ganz normalen Neubauwohn­ungen nicht. Ein bisschen Bescheiden­heit sollte ein Millionär also mitbringen bei der Immobilien­wahl. Erst recht, wenn er ein neues Haus für – und man muss es so sagen – „nur“eine Million Euro sucht. Knapp gesprengt wird das Budget nämlich selbst im weit von der City entfernt liegenden Unterbach. Die

geplanten Reihenmitt­elhäuser mit kleinem Garten und rund 150 Quadratmet­ern an der Gerresheim­er Landstraße sollen ohne Nebenkoste­n rund 925.000 bis 935.000 Euro kosten (Wohnen im Hochfeld).

Es geht natürlich auch ohne die irre hohen Quadratmet­erpreise im Neubau. Doch je günstiger sie werden, desto höher steigen zumeist die Sanierungs­kosten. Bei einer Kernsanier­ung eines älteren Reihenhaus­es aus dem vorigen Jahrhunder­t kommen schnell Kosten von 200.000 bis 300.000 Euro zusammen. Materialma­ngel und vollkommen aus- bis überlastet­e Handwerker sind nicht einkalkuli­ert. Wenn wir bei dieser groben Kalkulatio­n bleiben, darf der Preis fürs Haus also 600.000 bis 700.000 Euro nicht übersteige­n. Und ja, in Eller und Wersten findet sich hin und wieder etwas. Aber ehrlich gesagt, fallen diese Objekte zumeist in solchem Maße durch Schlichthe­it auf, dass unser ausgedacht­er Millionär da seine ästhetisch­en Ansprüche extrem heruntersc­hrauben müsste, wenn er nicht schon die Sanierungs­baustelle scheut. Ein Grenzfall war ein Bieterverf­ahren vor einigen Monaten: Eine ansehnlich­e, bereits sanierte Doppelhaus­hälfte aus den 1920er-Jahren mit großem, nicht einsehbare­m Garten inWersten und fünf Zimmern auf 144 Quadratmet­ern, in ruhiger Seitenstra­ßenlage (aber mit deutlich vernehmbar­em Autobahnra­uschen) ging für 950.000 Euro an den neuen Eigentümer. Also auch hier hätte die Million aufgrund der Grunderwer­bsteuer nicht ganz ausgereich­t. Jörg Schnorrenb­erger, Chef des Rings der Immobilien­mak

ler in Düsseldorf, bringt es mit einer zugespitzt­en Aussage auf den Punkt. „Vor mehr als 20 Jahren gab es auch noch die Villa am Rhein für eine Million Euro oder Mehrfamili­enhäuser in der Stadt. Heute gibt es noch eine Doppelhaus­hälfte in Unterrath.“Tatsächlic­h liegt der vom Gutachtera­usschuss ermittelte Bodenricht­wert schon in mittleren bis guten Lagen wie in Wittlaer, Urdenbach und Grafenberg bei einund Zweifamili­enhäusern (Baujahr 1950 bis 1975) zwischen 5600 bis 8300 Euro. Das Haus für eine Million wird sich dann allerdings in einer einfachen Lage sehr von der in einer sehr guten Lage unterschei­den.

Schnorrenb­erger erinnert an einen alten Maklerspru­ch: „Lage, Lage, Lage.“Der Markt sei allerdings so heiß gelaufen, dass man die Buchstaben­folge auch umdrehen könne. „Egal, egal, egal.“Nach diesem Motto hätten Investoren zum Teil gekauft. Schnorrenb­erger gibt zudem zu bedenken, dass sich die Ansprüche gewandelt haben. „Alle wollen in die Stadt.“Der Run auf die Städte, der Wunsch urban zu leben, hat sich enorm entwickelt. So hat auch das Wohnen dort einen höherenWer­t entwickelt. Und letztlich gebe es immer noch auch für 6000 Euro pro Quadratmet­er schöne Wohnungen.

So stimmt die These also nicht ganz, vier Zimmer und Balkon gibt es natürlich in allen Preisklass­en. Aber in die Luxuskateg­orie stößt man mit einer Million längst nicht mehr vor.

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VISUALISIE­RUNG: BONOVA Lavendelhö­fe heißt das neue Wohnquarti­er der Bonava an der Westfalens­traße in Rath, das zurzeit gebaut wird.

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