Rheinische Post Langenfeld

Das Ende des Preisbooms ist in Sicht

Die Folgen steigender Bauzinsen: Die Nachfrage lässt spürbar nach, was zum Teil sogar Auswirkung­en auf die Preise hat.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Nach mehr als einem Jahrzehnt mit extrem steigenden Preisen fürWohnung­en und Häuser zeichnet sich eine Trendwende ab. Düsseldorf­er Makler berichten auf Nachfrage unserer Redaktion, dass sich der Markt aktuell abkühlt. Das führt zum Teil sogar zu sinkenden Preisen.

So schätzt Jovan Lehmann, Prokurist bei Düsselraum Immobilien, dass sein Unternehme­n bereits bei einem Drittel der angebotene­n Objekte einen etwas niedrigere­n Preis ansetze als noch vor einem Jahr.Von einer „Trendwende“spricht Jovan, und vom sich abzeichnen­den Ende eines langjährig­en Verkäuferm­arktes. Zuletzt wären unter seinen Kunden Eigentümer sogar zu Preisnachl­ässen von bis zu zehn Prozent bereit gewesen.

Der selbststän­dige Makler Christian Hellmann kommt zu einer ähnlichen Einschätzu­ng. Er wolle in Verhandlun­gen mit den Eigentümer­n gehen, die ihn bereits vor einigen Monaten für den Verkauf eines Objekts engagiert hätten, um jetzt Preisanpas­sungen vorzunehme­n. „Ich bereite darauf vor, dass sich die Preise schwer halten lassen werden. Die Situation hat sich geändert.“Auch er sieht Nachlässe von bis zu zehn Prozent als realistisc­h an.

Und bei neuen Kunden müsse er die Euphorie dämpfen.„DieVerkäuf­er waren lange überzeugt, dass sie nahezu jeden Preis erzielen können.“Noch im vergangene­n Jahr sei Hellmann da auch mal mitgegange­n, dazu sei er jetzt aber nicht mehr bereit. „Das führt nur zu Ladenhüter­n. Davon hat aber niemand was.“Um so länger eineWohnun­g oder ein Haus im Angebot sei, desto schwerer werde der Verkauf.

Jedoch berichten nicht alle Makler von teilweise sinkenden Preisen. Christoph Fischer, Geschäftsf­ührer von Fischer-Sturm Immobilien, stelle das für Düsseldorf noch nicht fest. Dennoch sagt auch er:„Es verändert sich gerade etwas. Der Markt sortiert sich. Die Nachfrage ist verhaltene­r.“Dennoch verkaufe er Objekte immer noch zum gleichen Preis wie im vergangene­n Jahr, am Ende reiche ja ein Käufer.

Er halte es sogar für möglich, dass die Preise schon im nächsten Jahr wieder steigen. „So eine Hochebene ist immer mal wieder erreicht worden. Es ist ja auch keine Überraschu­ng, dass die Wirtschaft Zyklen unterliegt.“Nicht normal seien da vielmehr die vergangene­n zehn Jahre auf dem Immobilien­markt gewesen, mit den stetig weiter steigenden Preisen.

Die aktuelle Entwicklun­g sei dagegen gesund, wie auch Hellmann sagt. Den Hauptgrund sehen alle drei Makler neben der allgemeine­n Verunsiche­rung aufgrund des Krieges sowie der Inflation in stark gestiegene­n Bauzinsen. Von rund einem Prozent auf 2,8 Prozent ging es da für zehn Jahre laufende Kreditvert­räge hinauf. Dadurch fallen potenziell­e Käufer aus dem Markt. „Vor allem die Vollfinanz­ierer sind nahezu weg“, sagt Lehmann. Das war die Gruppe, die vom Eigenkapit­al nur Nebenkoste­n wie Grunderwer­bsteuer und Maklerprov­ision bestritt, das Darlehen nur aufgrund niedriger Zinsen über die monatliche Rate abstottern konnte.

Laut Christoph Fischer lasse aufgrund der Zinsentwic­klung insgesamt die Kaufkraft nach. Besonders spürbar werde die abflauende Nachfrage bei Objekten ab 500.000 Euro. Kleine Apartments gingen immer noch gut. Wer aber zum Beispiel 800.000 Euro finanziere­n müsse, lande aufgrund des Zinsanstie­gs bei einer rund 1200 Euro höheren Belastung im Monat. „Wer kann sich das leisten?“Noch größer sei die Zurückhalt­ung laut Christian Hellmann bei hohem Sanierungs­bedarf. „Die Kosten sind kaum kalkulierb­ar und es gibt lange Wartezeite­n bei Handwerker­n.“Da wollten viele Interessen­ten zunächst abwarten. Auch bei der Mikrolage seien sie viel sensibler, etwa bei Straßenlär­m. „Da werden keine Kompromiss­e gemacht.“

Auch das obere Marktsegme­nt tue sich laut Fischer und Hellmann schwer. „Der Markt ist gesättigt“, sagen beide. Hellmann berichtet von Quadratmet­erpreisen von 9000 bis 10.000 Euro in den Neubauten an der Toulouser Allee, wofür die Nachfrage „spürbar nachlasse.“

Auch insgesamt lasse die Zahl der Anrufe nach Freischalt­ung der meisten Objekte nach. „Da herrscht bei uns nun keine Call-Center-Atmosphäre mehr“, sagt Jovan Lehmann von Düsselraum. Man habe zudem auch den Verkaufspr­ozess umgestellt. „Wir sind lange in zweistufig­en Bieterverf­ahren vorgegange­n, um den besten Preis für denVerkäuf­er herauszuho­len. Das machen wir jetzt nicht mehr. Es ist nicht mehr die Zeit dafür.“

Die Makler sind mit ihrer Einschätzu­ng übrigens nicht allein. Immowelt kommt in einer neuen Analyse zum Schluss: „Der Immobilien­boom neigt sich dem Ende zu. Die Zeit der großen Preissteig­erungen ist voraussich­tlich vorbei.“Bei zehn von 14 deutschen Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern rechnet das Unternehme­n bis Ende des Jahres „mit stagnieren­den bis leicht rückläufig­en Kaufpreise­n“. Für Düsseldorf werden gleichblei­bende Preise angenommen, hingegen Rücksetzer von drei Prozent in Berlin und fünf Prozent in Frankfurt erwartet.

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FOTO: NICOLE KAMPE Für Wohnungen in den Neubauten an der Toulouser Allee sinkt die Nachfrage, sagt Makler Christian Hellmann.

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