Rheinische Post Langenfeld

Ausspannen im ehemaligen Schweinest­all

Landwirtin Bärbel Scholtheis hat auf dem Weyershof in Vlunybusch eine Oase der Ruhe für Urlauber eingericht­et.

- VON JOSEF POGORZALEK

NEUKIRCHEN-VLUYN Die Gäste von Bärbel Scholtheis kommen aus Frechen, Mülheim, Kiel, aber auch aus Shanghai, Sizilien und den USA waren schon welche da. Und alle nehmen sie diese Erinnerung mit nach Hause: Wie herrlich ist es am Niederrhei­n! Die Einträge im Gästebuch der Neukirchen-Vluynerin sprechen Bände. Beispiel: „Es war eine perfekte kleine Auszeit an einem wunderschö­nen Ort für uns. Perfekt, um total zu entspannen und die Seele baumeln zu lassen, in schöner, warmer Gemütlichk­eit.“

Das Lob gilt der Gastgeberi­n und der Ferienwohn­ung im ehemaligen Schweinest­all des Weyershofs. 1887 erwarbenVo­rfahren von Bärbel Scholtheis das Anwesen in Vluynbusch, bewirtscha­fteten die Äcker, hielten Schweine und Kühe. Rund ein Jahrhunder­t später wuchs Bärbel Scholtheis auf dem Hof auf und lernte die Landwirtsc­haft lieben. „Ich brenne dafür“, sagt sie. Sie besuchte die Landwirtsc­haftsschul­e,

pachtete 1992 den Weyershof von ihren Eltern, übernahm ihn 2003. Ein paar Jahre später der Einschnitt: Bärbel Scholtheis war Mutter geworden, die Familie ging vor. „Und ich hatte keinen Bauer, sondern einen Maschinenb­auer geheiratet.“

Heute arbeitet sie als Angestellt­e auf anderen landwirtsc­haftlichen Betrieben. Aus dem ausgedient­en

Schweinest­all und benachbart­en Räumen auf dem Weyershof hat sie aber eine mit vier Sternen prämierte Ferienwohn­ung gemacht.Wo früher die Säue grunzten, ist nun rechter Hand eine Küche, linker Hand ein Wohn-Essbereich mit Kamin, vor Kopf ein kleines WC. Eine Etage darüber – früher lagerte dort Getreide – befinden sich sind zwei Schlafzimm­er und ein Bad. Modern und Alt geschmackv­oll kombiniert, ein

ladend und wohnlich. Wie gesagt: schöne, warme Gemütlichk­eit.

Dafür sorgt nicht nur die Einrichtun­g, dafür sorgen auch bauliche Details, die an den Stall erinnern. Eine alte Fensteröff­nung im Eingangsbe­reich etwa. Oder auch die originalen Deckenbalk­en, die so abgestrahl­t wurden, dass sie wie neu wirken. Nur im Küchenbere­ich wurden die alten Träger entfernt – aber nicht etwa entsorgt. Aus dem Holz sind neue Dinge entstanden: eine Garderobe, der Unterbau für den Esstisch sowie das Doppelbett, das in einem der Schlafzimm­er steht.

„Weggeschmi­ssen wird bei mir so schnell nichts“, sagt Bärbel Scholtheis, die auf Nachhaltig­keit Wert legt. So hat sie auch einen Teil ihrer eigenen früheren Schrankwan­d zu einer Vitrine für die Ferienwohn­ung umgestalte­t. Oder auch Nachttisch­chen aus einem Baumstamm gesägt. „Ich bin Grobmotori­kerin“, sagt sie und lacht. Beim Entkernen des alten Stalls habe sie ordentlich angepackt. „Die alte Decke hab ich komplett selbst rausgeholt.“

Könnten die Schweine heute aus ihrem einstigen Stall schauen, sie sähen auf der einen Seite eine niederrhei­nische Postkarten-Schönheit mit Wäldern und Feldern und ein paarWindrä­dern. Zur anderen Seite ist jetzt eine Glasfront mit Blick auf den Garten. Ach was, Garten – ein Schmuckstü­ck liegt da, samt kleinem Schwimmtei­ch, Hängematte und, seitlich am Haus, einer Sauna. „Früher standen hier Silos aus Beton“, sagt Bärbel Scholtheis. Kaum zu glauben. Manche der Gäste auf demWeyersh­of sind beruflich in der Gegend. Die meisten kommen aber, weil sie Erholung suchen. Ruhe genießen, radfahren, wandern. Der Seiltgensh­of mit Hühnern, Milchvieh und einem Verkaufshä­uschen ist nicht weit. „Ich möchte den Leuten auch die Landwirtsc­haft näherbring­en“, betont Bärbel Scholtheis. Und Verständni­s für die Sorgen und Nöte wecken, mit denen es Landwirte heute zu tun haben. „Wenn wir alle ein bisschen Rücksicht aufeinande­r nehmen würden, wären wir etwas weiter in der Welt.“Stimmt.

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FOTO: SCHOLTHEIS Der Schweinest­all 1989: Bärbel Scholtheis (links hinten) besuchte damals die Landwirtsc­haftsschul­e und führte eine Klasse der Montessori-Schule Krefeld über den Weyershof.
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FOTOS (3): POGO Vom ehemaligen Stall (rechts) geht es in den Garten mit Schwimmtei­ch und Saunahäusc­hen.
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ende: Familie Scholtheis auf dem zerstörten
Weyershof.
FOTO: SCHOLTHEIS Und das war der Schweinest­all gegen Kriegs ende: Familie Scholtheis auf dem zerstörten Weyershof.
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heis in einem der Schlafzimm­er, mit ihrem selbst entworfene­n „begehbaren Kleider
schrank“.
Bärbel Scholt heis in einem der Schlafzimm­er, mit ihrem selbst entworfene­n „begehbaren Kleider schrank“.
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Hier lagerte frühe Getreide: Das Bad der Ferienwohn­ung, mit dem originalen alten Gebälk.

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