Das sind die Baukonzepte der Zukunft
Wohnen soll immer energieeffizienter, raumsparender und nachhaltiger werden. Wie das aussehen kann und wo schon intelligent gearbeitet wird, erklären drei Experten.
NEUSS Die Nachfrage nachWohnfläche steigt. Gleichzeitig ist aber auch der Wunsch nach grünen Städten und nachhaltigem Wohnen immer ausgeprägter.Wie viel kann man bebauen? Was sind die Kompromisse für zukunftsträchtige und nachhaltige Baukonzepte? Viele Fragen, inwiefern sich dichtes und grünes Bauen vereinbaren lassen.
Besonders in urbanen Gegenden deutet der Trend auf eine kompaktere Bebauung hin, vieles solle im besten Fall zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sein, sagt auch Bau- und Planungsdezernent Christoph Hölters. Er sagt: „Das Auto sollte nicht mehr im Vordergrund stehen.“Von „Grüner Infrastruktur“ spricht Landschaftsarchitekt Stephan Lenzen. Er ist verantwortlich für die Planungen zur Landesgartenschau 2026 in Neuss. Grünflächen sollen so positioniert sein, dass sie miteinander verbunden sind. „Wir versuchen Stadtparks so zu generieren, dass sie besonders für ältere Menschen oder für Kinder fußläufig erreichbar sind“, sagt Lenzen. Da würde es auch keine Regelungen geben, wie etwas wo angelegt werden darf oder soll, sprich: in welchem Radius und wie weit voneinander entfernt. Der Architekt fände es „schön“, wenn Parks im Umkreis von einem Kilometer erreichbar wären.
NeueWohnviertel sind auch nicht mehr nur reine Wohnviertel – aktuelle Projekte wie das Areal Bauer
und Schaurte stehen für gemischte Quartiere. Neue Stadtteile sollen geschaffen werden, die sowohl zum Wohnen und Leben vorgesehen sind, aber ebenso gewerblich genutzt werden sollen.
Allgemein gehe der Trend vom Bau der Einfamilienhäuser zurück, der Geschosswohnungsbau hingegen wächst. Das hat, so Hölters, einfache Gründe: „Geschosswohnungen verbrauchen deutlich weniger Fläche, der Energieverbrauch ist geringer und das Verhältnis nachbarschaftlich.“Tiny-Houses hingegen hielten nicht das, was sie versprechen. Hölters sagt: „Auch für TinyHouses braucht man eine entsprechende Infrastruktur. Letzten Endes wäre der Flächenbedarf dort trotzdem größer als bei Geschosswohnungen.“Eine Maßnahme wäre, Tiny-Houses auf bereits existierende Garagen zu platzieren, dahingehend gebe es bereits Überlegungen. Jedenfalls sei es eine Art des Wohnens, die angenommen werden kann. Hölters stellt sich das aber „gestapelt vor.“
Der Planungsausschuss-Vorsitzende Sascha Karbowiak nennt Modellprojekte wie das Alexianer-Areal. Dort habe man günstig gebaut, mit „günstigerem Fassadenmaterial“, die Wohnungen sind nicht unterkellert, all das bedeutet niedrigere Kosten für Mieter oder Käufer. „Wir wollen weg von klassischen Familienhaus-Siedlungen“, so der Neusser SPD-Vorsitzende, „die sollen auch noch weiter berücksichtigt werden, aber wir streben deut
lich mehr Mehrfamilienhäuser an, die auch Wohnraum für Geringverdiener oder Personen mit Wohnberechtigungsschein ermöglichen.“
Auch Stephan Lenzen sieht, dass es aktuell einen ansteigenden Wohnungsbedarf gibt. Damit aber nicht mehr Flächen versiegelt werden, was nicht nur weniger Grün bedeute, sondern auch das Absickern von Regenwasser verhindern würde, solle Fassaden- und Dachbegrünung zum Thema gemacht werden.
„Dachflächen müssen intensiv mitgenutzt werden“, sagt Lenzen mit Blick auf zukünftige Bauprojekte, „so können bereits versiegelte Flächen kompensiert werden.“„Intensiv“bedeutet für den Architekten, dass die Dachflächen nicht nur bepflanzt sind, sondern beispielsweise zu Gemeinschaftsgärten werden. Nicht nur auf starken Regen müssen neue Stadtviertel vorbereitet sein, sie müssen auch der stetig wachsenden Hitze entgegenwirken können.
„Da das Klima heißer wird, sind grüne Freiflächen zur Abkühlung wichtig“, sagt Lenzen. Frischluft von außen müsse in die Stadt, denn Städte erhitzen mehr als das Land.
Für nachhaltigeres Bauen soll nun immer häufiger das„cradle-to-cradle“Prinzip angewandt werden, also von „Wiege zu Wiege“. Bereits verwendete Bauteile sollen somit für neue Projekte wiederverwertbar sein, Folgenutzung sei aktuell ein großes Thema, sagt Christoph Hölters. Nicht nur dort müsse nachhaltig gedacht werden. Außerdem würden bereits in einigen Projekten nachhaltige Materialien verwendet, Holzbau wurde, so Hölters, schon für Kindergärten angewandt. Am Alexianer-Areal wurde ein klimaneutrales Leitbild befolgt. Und damit es sich länger in einerWohnung leben lässt, trotz aller Veränderung durch Familien- oderWohnverhältnisse, biete sich modular variables Bauen an.