So wird das Eigenheim zum Luxusgut
Bauland ist knapp, die Preise steigen. Bauunternehmer Gernot Paeschke hat viel vor in Leverkusen und Umgebung. Doch fürchtet er, der Markt könnte bald einbrechen. Er nennt die Gründe.
Welche Ihrer Bauprojekte sind derzeit in Leverkusen, Leichlingen und Langenfeld in Planung?
GERNOT PAESCHKE Die Paeschke Unternehmensgruppe hat derzeit rund 950 Wohneinheiten in der Planung, Vorbereitung und auch teilweise bereits im Bau, darunter auch Bauvorhaben in Düsseldorf, Essen und Köln. In Leverkusen sind es Projekte am FesterWeg in Steinbüchel und das frühere Ganser-Gelände (Montanus-Quartier) in LeverkusenWiesdorf. In Leverkusen-Steinbüchel haben wir das Evangelische Gemeindezentrum Mathildenhof erworben. Dieses wird abgerissen und voraussichtlich ab Mitte 2023 mit 45 Wohnungen und einer Tiefgarage bebaut. In Leverkusen-Bürrig ist auf dem früheren Opel-HausGrundstück Von-Ketteler-Straße/ Ecke Eifelstraße eine 4-zügige Kita geplant sowie 21 Wohnungen. Am Freudenthaler Weg in LeverkusenSchlebusch werden 36 Wohnungen sowie eine Tiefgarage errichtet. Der Rohbau ist bereits fertiggestellt. Die Wohnungen werden bezugsfertig zum Jahresende 2022 bzw. Anfang 2023. Hinzu kommt ein weiteres Projekt im Baugebiet Hitdorf Ost an der Hitdorfer Straße. Hier entstehen, nachdem das gesamte Bauvorhaben Hitdorf Ost mit 101Wohneinheiten zwischenzeitlich vollständig fertiggestellt ist, zwei weitere Bauprojekte, und zwar neun Wohnungen für Menschen mit Behinderung sowie im Erdgeschoss eine Apotheke und eine Arztpraxis, ferner ein Zehn-Familienwohnhaus.
Und in Leichlingen?
PAESCHKE An der Uferstraße entstehen fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 69 Wohnungen, davon 25 öffentlich gefördert. Der Baubeginn ist geplant für Oktober/November diesen Jahres.
Was passiert in Langenfeld und Monheim ?
PAESCHKE Im Baugebiet Langenfeld-Reusrath. Locher Wiesen, wurden bzw. werden insgesamt 123 Wohneinheiten errichtet, davon 40 Mietwohnungen und hiervon werden 16 Wohnungen öffentlich gefördert. Ebenfalls in Langenfeld-Reusrath, Sandstraße, befinden sich derzeit 49 Wohneinheiten im Bau, davon acht frei finanzierte Mietwohnungen, 20 öffentlich geförderte Wohnungen und 21 Einfamilienhäuser. In Monheim-Baumberg werden zurzeit im Baugebiet Sophie-Scholl-Quartier 60 Mietwohnungen und ein Edeka-Markt errichtet, ferner in Monheim zwei Baugebiete Am Zaunswinkel und Oranienburger Straße mit 24 bzw. 17 Einfamilienhäusern.
Bleiben wir in Leverkusen. Wie genau geht es nun am Fester Weg weiter?
PAESCHKE Wir haben es dort mit einem sehr großen Baugebiet mit einer Flächengröße von ca. zwölf Hektar zu tun. 52.000 Quadratmeter davon, also annähernd die Hälfte, sind Grün- und Ausgleichsflächen, die extensiv mit blühendenWiesen, Gehölzstreife, teilweise waldartig, begrünt werden. Im 1. Bauabschnitt wurde mit dem Bau einer achtzügigen Kita in ökologischer Holzbauweise bereits begonnen, sie soll Mitte 2023 fertig sein. Zum ersten Bauabschnitt gehören weiterhin 56 Einfamilienhäuser und 43Wohnungen. Mitte 2022 wollen wir mit den Erschließungsarbeiten, Kanal-, Versorgungsleitungen und Baustraßebeginnen, so dass die eigentlichen Hochbauarbeiten zum Jahresende starten werden. Voraussichtliches Bauende wird Mitte 2024 sein. Mit dem 2. Bauabschnitt werden wir voraussichtlich Ende 2023/Anfang 2024 beginnen, und zwar mit weiteren 93 Einfamilienhäusern und 59 Miet- und Eigentumswohnungen. 30 Prozent aller Miet- und Eigentumswohnungen aus dem ersten und zweiten Bauabschnitt werden als öffentlich geförderte Mietwohnungen errichtet. Mit dem öffentlich geförderten Wohnungsbau könnte es bei künftigen Bauvorhaben allerdings angesichts der enorm gestiegenen Baukosten bald erhebliche Probleme geben.
Und wie ist der Zeitplan beim Montanus-Quartier?
PAESCHKE Wir sind schon weit vorgedrungen im Planungsverfahren. Das städtische Planungsamt ist da sehr aktiv.Wir gehen davon aus, dass wir zum Jahresende in die Offenlage gehen können. Die Vorgutachten sind alle positiv. Den Satzungsbeschluss erwarten wir ab Mitte 2023. Dann beginnt die eigentliche Hochbauplanung. Baubeginn könnte Ende 2024 sein.
Was ist dort geplant?
PAESCHKE Neben etwa 165 Wohnungen ist dort unter anderem ein Bürozentrum angedacht, kleinteiliger Einzelhandel, eine Großtagespflege, Kinderbetreuung, ein Ärztehaus, medizinische Dienstleister sowie ein Gastronomiebetrieb an der Friedrich-Ebert-Straße mit Außengastronomie, evtl. auch als Brauhaus.
Sie haben es bereits angesprochen. Alle reden über die Energie- und Materialkrise. Welche Auswirkungen hat das konkret für Ihr Bauunternehmen?
PAESCHKE Wir werden bei all unseren Objekten künftig vermehrt auf Wärmepumpen setzen und sind dann weitestgehend weg vom Gas. Das bedeutet allerdings höhere Baukosten. Das Montanus-Quartier wird umweltschonend über die günstige Fernwärme der EVL versorgt, die dort in der FriedrichEbert-Straße mit ausreichender Leistung verfügbar ist. Dadurch werden CO2-Emissionen im Objekt selbst für die Beheizung undWarmwasserbereitung vermieden. Das größte Problem ist allerdings, Fachfirmen zu bekommen, die für uns bauen. Denen fehlt Personal. Hinzu kommen teilweise dramatisch steigende Material- und Baukosten. Der Betonstahl kostete je Tonne im April 2021 550 Euro, im April 2022 1600 Euro, das sind 190 Prozent, das Bauholz Ende 2020 375 Euro, heute 575,00 Euro. Die Kosten für Sanitär, Heizung, Elektro sind teilweise um 30 Prozent gestiegen, und ab 1. Januar 2023 erhöht sich die CO2-Abgabe um 10 bis 15 Euro je Kubikmeter Beton. Dies bedeutet eine Kostenerhöhung für den Beton von 12 bis 18 Prozent. Die Preiserhöhungen betreffen fast alle Baugewerke.
Und was bedeutet das für private Bauherren und Immobilienkäufer? PAESCHKE Die Preise gehen hoch.
Kostete eine Eigentumswohnung vor einem Jahr noch rund 4700 Euro/ Quadratmeter, so sind es zwischenzeitlich etwa 5500 Euro/Quadratmeter Wohnfläche. Private Bauherren müssen also mehr finanzieren und das bei steigenden Zinsen. Da kommen allein bei der Kreditfinanzierung bei einem Einfamilienhaus für 700.000 Euro schnell mal über 800 Euro Mehrkosten im Monat zusammen. Es wird also bald Käufer
Bauen
schichten geben, die sich eine eigene Immobilie einfach nicht mehr leisten können. Der Wunsch nach einem Einfamilienhaus mit Garten bleibt aber weiterhin die Nummer eins aller Miet- und Kaufnachfragen. Bei einer Vermarktung von 20 Häusern in Monheim hatten wir kürzlich 1000 Bewerbungen.
Bauland wird knapp, auch aus ökologischen Gründen. Flächenversiegelung soll ein Riegel vorgeschoben werden. Doch wird Wohnraum gerade in Städten dringend gebraucht. Sehen Sie einen Ausweg, ökologische und soziale Ansprüche zu versöhnen? Kommt das Wohn
Hochhaus wieder?
PAESCHKE Ich denke nicht, denn ab acht Geschossen steigen die Baukosten deutlich, und die dort entstehenden Wohnungen sind bei den derzeitigen Mieten wirtschaftlich nicht vermarktbar. Hochhäuser kann ich mir evtl. vorstellen in den Großstädten wie Köln und Düsseldorf bei entsprechend hohen Mieten, aber nicht in Leverkusen, Langenfeld, Leichlingen, Monheim am Rhein. Aufgrund der uns vorliegenden Miet-/Kaufnachfragen ist eindeutig erkennbar, dass die meisten jungen Familien mit Kindern, also die Miet-/Käufergruppe bis 50 Jahre, keine Wohnungen wünschen, sondern ausschließlich Einfamilienhäuser. Anders die Generation Ü 60. Hier werden 2-, 3- und 4-Zimmerwohnungen gesucht als Eigentums- oder Mietwohnungen. Neben einer möglichen Bauverdichtung im Innenstadtbereich brauchen wir also weiteres Bauland für Einfamilienhäuser im unmittelbaren Randbereich unserer Gemeinden. Dabei muss man selbstverständlich vernünftig mit den Böden umgehen und ökologische Ausgleichsflächen schaffen, etwa indem man Flächen der gewerblichen Landwirtschaft einschränkt und in Bauland/ Blühwiesen umwidmet. Ein ökologischer Ausgleich wäre somit möglich. Dies wird etwa in den Niederlanden seit Jahren so praktiziert. Vielleicht gibt es am Markt irgendwann eine Sättigung, doch die sehe ich derzeit nicht.
Wie sieht das Haus der Zukunft aus?
Kaufen Wohnen
PAESCHKE Es wird nachhaltig sein, mit wiederverwertbaren Baustoffen. Es ist energiesparend und nutzt Erd-, Wasser- oder Luftwärme. Eine angemessene Dämmung sorgt für eine hohe Effizienzklasse. Es wird kleine Gärten haben, in denen viel blüht und ohne Schotter. Auch grüne Fassaden sind denkbar. Das Hochhaus sehe ich wie gesagt nicht, sondern ein nachhaltiges Einfamilienhaus.
Seit vielen Jahren boomt die Bauund Immobilienbranche. Ist ein Ende der „goldenen Jahre“absehbar?
PAESCHKE Ja, wir werden in den kommenden Jahren wegen der stark gestiegenen Baukosten und der Zinserhöhungen von noch im Januar unter einem Prozent und heute bei etwa zweieinhalb bis drei Prozent einen starken Rückgang im Haus- undWohnungsbau haben. In den kommenden zwei bis drei Jahren wird der Markt einbrechen, die Preise aber nicht. Der allgemeine Wunsch nach preiswerten Mietwohnungen wird aufgrund der derzeitigen sehr hohen Baukosten und der gestiegenen Zinsen nur schwer bis gar nicht zu befriedigen sein.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERND BUSSANG