Ohne Kohle geht es noch lange nicht
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine war klar, dass die Gaslieferungen für Wladimir Putin eine politischeWaffe sein würden, wenn er sie braucht. Dass der Staatskonzern Gazprom zuletzt verringerte Lieferungen mit technischen Problemen begründet und die Verantwortung auf deutsche Firmen geschoben hat, passt in die Kreml-Propaganda. Glauben mag das vermutlich niemand. Am Ende ist es fast auch egal: Gazprom liefert weniger Gas nach Deutschland, Ersatzbeschaffung wird noch teurer, die Republik muss sparen.
Insofern gehen die neuesten Ansätze von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in die richtige Richtung. Aber neue Milliardenkredite für die Beschaffung teureren Gases sind genauso nur ein Mosaiksteinchen bei der Lösung des Problems wie dieVerringerung des privatenVerbrauchs, der im Sommer eh nur zehn Prozent der Gesamtmenge ausmacht. Und auch Anreize für Unternehmen, auf Gas zu verzichten, können nur dannWirkung entfalten, wenn dadurch keine Produktionsprozesse beeinträchtigt werden. Die Umstellung von Gas auf andere Energien in den Konzernen funktioniert nicht von heute auf morgen.
Zur Wahrheit gehört auch, dass niemand voraussagen kann, wie lange der Krieg dauert. Und wie lange deshalb Kohlekraftwerke wirklich laufen müssen. Ohne die Kohle geht jedenfalls bei der Bewältigung der Kriegsfolgen nichts. Deshalb müsste man angesichts drastisch gestiegener Gaspreise zumindest über eines nachdenken: Wenn man schon in Kriegszeiten den umweltpolitischen Sündenfall plant, Kohlekraftwerke länger und/oder intensiver zu nutzen als ursprünglich vorgesehen, sollte man dann nicht die Stromerzeugung durch Gaskraftwerke vorübergehend stoppen? Die Abschaltung ist dann vorgesehen, wenn der Gasmangel akut ist. Und diesen Punkt haben wir doch fast schon erreicht, oder?