Rheinische Post Langenfeld

Ohne Kohle geht es noch lange nicht

- VON GEORG WINTERS

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine war klar, dass die Gaslieferu­ngen für Wladimir Putin eine politische­Waffe sein würden, wenn er sie braucht. Dass der Staatskonz­ern Gazprom zuletzt verringert­e Lieferunge­n mit technische­n Problemen begründet und die Verantwort­ung auf deutsche Firmen geschoben hat, passt in die Kreml-Propaganda. Glauben mag das vermutlich niemand. Am Ende ist es fast auch egal: Gazprom liefert weniger Gas nach Deutschlan­d, Ersatzbesc­haffung wird noch teurer, die Republik muss sparen.

Insofern gehen die neuesten Ansätze von Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck in die richtige Richtung. Aber neue Milliarden­kredite für die Beschaffun­g teureren Gases sind genauso nur ein Mosaikstei­nchen bei der Lösung des Problems wie dieVerring­erung des privatenVe­rbrauchs, der im Sommer eh nur zehn Prozent der Gesamtmeng­e ausmacht. Und auch Anreize für Unternehme­n, auf Gas zu verzichten, können nur dannWirkun­g entfalten, wenn dadurch keine Produktion­sprozesse beeinträch­tigt werden. Die Umstellung von Gas auf andere Energien in den Konzernen funktionie­rt nicht von heute auf morgen.

Zur Wahrheit gehört auch, dass niemand voraussage­n kann, wie lange der Krieg dauert. Und wie lange deshalb Kohlekraft­werke wirklich laufen müssen. Ohne die Kohle geht jedenfalls bei der Bewältigun­g der Kriegsfolg­en nichts. Deshalb müsste man angesichts drastisch gestiegene­r Gaspreise zumindest über eines nachdenken: Wenn man schon in Kriegszeit­en den umweltpoli­tischen Sündenfall plant, Kohlekraft­werke länger und/oder intensiver zu nutzen als ursprüngli­ch vorgesehen, sollte man dann nicht die Stromerzeu­gung durch Gaskraftwe­rke vorübergeh­end stoppen? Die Abschaltun­g ist dann vorgesehen, wenn der Gasmangel akut ist. Und diesen Punkt haben wir doch fast schon erreicht, oder?

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