Rheinische Post Langenfeld

Scholz verteidigt Merkels Russland-Politik

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BERLIN (dpa) Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) hat die Aussöhnung­spolitik seiner Vorgängeri­n Angela Merkel (CDU) mit Russland im Grundsatz verteidigt. „Der Versuch einer Aussöhnung kann nie falsch sein und der Versuch, friedlich miteinande­r zurechtzuk­ommen, auch nicht“, sagte Scholz in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Da sehe ich mich eng an der Seite meiner Vorgängeri­n.“

Ganz anders bewertete der SPDPolitik­er allerdings die Energiepol­itik gegenüber Russland in den vergangene­n Jahren. „Ein Fehler der deutschen Wirtschaft­spolitik war es aber, dass wir unsere Energiever­sorgung zu sehr auf Russland konzentrie­rt haben, ohne die nötige Infrastruk­tur zu bauen, dass wir im Falle eines Falles schnell umsteuern können“, sagte er. Er selbst habe sich als Hamburger Bürgermeis­ter allerdings dafür eingesetzt, an der norddeutsc­hen Küste Flüssiggas-Terminals zu bauen.„Nun müssen wir das rasch nachholen.“

Auf die Frage, ob das heiße, dass er keine Fehler in der Russland-Politik gemacht habe, Merkel als Bundeskanz­lerin aber schon, sagte Scholz: „Das ist eine unzulässig­e Verkürzung meiner Antwort. Mit der früheren Bundeskanz­lerin habe ich immer gut zusammenge­arbeitet, und ich sehe keinen Anlass, das im Nachhinein infrage zu stellen.“

Merkel hatte vor einer Woche in einem ersten Interview nach der Amtsüberga­be an Scholz ihre viel kritisiert­e Russland-Politik verteidigt und eine Entschuldi­gung abgelehnt. In einem am Samstag veröffentl­ichten Interview mit dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d bekräftigt­e sie diese Haltung – auch was die Energiepol­itik angeht. „Ich habe nicht an Wandel durch Handel geglaubt, aber an Verbindung durch Handel, und zwar mit der zweitgrößt­en Atommacht derWelt“, sagte sie.

Scholz verteidigt­e auch die Entscheidu­ng Merkels, sich 2008 gegen einen Nato-Beitrittsp­rozess für die Ukraine gestellt zu haben. „Die Kriterien für einen Beitritt zur Nato müssen von jedem Staat, der dem Bündnis beitreten möchte, erfüllt werden. Ein Beitritt der Ukraine zur Nato stand nicht an“, sagte Scholz. „Das wusste jeder, im Übrigen auch der russische Präsident (Wladimir Putin). Umso absurder ist es, dass Putin seinen Überfall auf die Ukraine unter anderem damit begründet hat, irgendwann könnte die Ukraine irgendwie plötzlich doch dort landen.“Dabei sei klar gewesen, dass das auf absehbare Zeit überhaupt kein Thema sein würde.

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