Rheinische Post Langenfeld

Aufladen ohne Anstehen

Öffentlich­e E-Tankstelle­n sind oft schon belegt. Eine Lösung ist eine private Wallbox, wenn der Stromnetzb­etreiber einverstan­den ist. Denn der Verbrauch ist sehr hoch – das kann Probleme verursache­n, vor allem auf dem Land.

- VON JULIA MARIE BRAUN

Zu viele Ladestatio­nen in Betrieb können das örtliche Stromnetz überlasten

DÜSSELDORF Das Elektroaut­o hat viele Vorteile: Es ist leiser als Verbrenner­fahrzeuge, stößt unterwegs kein CO2 aus, und Reparature­n sind günstiger, weil es weniger verschleiß­anfällige Bauteile hat wie Kupplung oder Auspuff. Deshalb steigen immer mehr Menschen um. 131.000 E-Autos waren zum Jahresbegi­nn in Nordrhein-Westfalen zugelassen – etwa neunmal so viel, wie noch 2019 gezählt worden waren. Das zeigen Daten des Kraftfahrt­bundesamte­s. Für das Klima und die Umwelt ist das eigentlich gut. Doch auch das E-Auto muss irgendwie betankt werden, und das kann zum Problem werden. Denn öffentlich­e Ladesäulen, an denen die Akkus aufgeladen werden können, sind begehrt – und daher oft schon besetzt.

„Der Bestand an Elektroaut­os wächst schneller als die öffentlich­e Ladeinfras­truktur“– darauf wies die staatliche KfW-Bank kürzlich in einer Studie zum Thema Elektromob­ilität in Deutschlan­d hin. E-Autofahrer müssen also geduldig bleiben und weitersuch­en, wenn eine Ladesäule schon belegt ist. Vor allem in ländlicher­en Regionen kann das aber zum riesigen Problem werden, wenn die nächste Stromtanks­telle weit entfernt liegt. 10.722 Ladestatio­nen gibt es insgesamt in den Kreisen und Städten Nordrhein-Westfalens (Stand: 1. April 2022), das zeigen Zahlen der Bundesnetz­agentur. Auf jede von ihnen kommen im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland durchschni­ttlich 13,7 E-Autos. Die meisten Fahrzeuge auf eine Ladestatio­n kommen im Rheinisch-Bergischen Kreis zusammen: 24,9. Hier gibt es 111 Säulen. Der Kreis liegt östlich von Leverkusen und Köln.

Düsseldorf mit 9,7 Autos, Duisburg (9,7), Essen (6,4) und der Kreis Kleve (8,0) bleiben als die einzigen Regionen in NRW mit der Quote unter zehn Autos pro Ladesäule. Doch auch hier besteht immer das Risiko, dass viele gleichzeit­ig laden wollen. Die drei Städte und der Kreis erfüllen dennoch die von der Europäisch­en Union genannte Zielgröße von zehn Elektroaut­os pro öffentlich­em Ladepunkt. Die anderen Kreise und Städte in Nordrhein-Westfalen verfehlen die Marke aktuell.

Wer dort aufladen will und deshalb länger warten muss, entscheide­t sich vielleicht für eine sogenannte Wallbox, eine Ladestatio­n für das E-Auto, die zu Hause an einer Wand angebracht werden kann, etwa in der Garage. Je nach Bedarf und nach Variante kostet eine solche Wallbox zwischen 400 und 1800 Euro. Erhältlich ist sie mit verschiede­nen Ladeleistu­ngen: 3,7 Kilowatt, elf Kilowatt und 22 Kilowatt. Der ADAC hat Richtwerte ermittelt für ein EAuto, das eine Akkukapazi­tät von 40 Kilowattst­unden hat: Vollgelade­n ist es bei der 3,7 Kilowatt-Wallbox durchschni­ttlich nach elf Stunden, bei der Elf-Kilowatt-Variante nach drei Stunden, bei 22 Kilowatt nach eineinhalb Stunden. Allerdings hängt es auch vom Auto selbst ab, wie schnell es aufgeladen ist. Deshalb braucht nicht jeder Autofahrer die leistungss­tärkste Wallbox, zumal deren Stromverbr­auch sehr hoch ist.

Privatleut­e müssen aus diesem Grund auch anmelden, dass sie eine Ladestatio­n nutzen, damit die Stromnetzb­etreiber den Bedarf in

den einzelnen Regionen einschätze­n können. Wer mehr als elf Kilowatt für den Ladevorgan­g benötigt, muss sogar eine Genehmigun­g beim Stromnetzb­etreiber einholen. Denn diese Ladestatio­nen brauchen so viel Energie, dass die örtlichen Netze überlastet werden könnten – vor allem wenn mehrere Autos zur gleichen Zeit aufgeladen werden sollen, zum Beispiel abends nach der Arbeit, damit der Wagen am nächsten Morgen wieder einsatzber­eit ist.

Vor allem in ländlicher­en Regionen, wo auf jede öffentlich­e Ladestatio­n zwischen 10,6 (Kreis Viersen) und 24,9 (Rheinisch-Bergischer Kreis) Autos kommen, nutzen mehr Menschen eine privateWal­lbox. Das zeigt auch die Studie der KfW: In den städtische­n und ländlichen Kreisen haben 34 bis 38 Prozent der Haushalte einen „elektrisch­en Stellplatz“. Hier ist die Gefahr der Netzüberla­stung also größer. In den Großstädte­n liegt der Anteil bei rund 19 Prozent.

Wer sich in der Vergangenh­eit schon für die daheim angebracht­e Aufladesta­tion entschiede­n hat, konnte von November 2020 bis Oktober 2021 sogar eine Förderung bei der staatliche­n KfW-Bank beantragen: Die Fördersumm­e lag bei 900 Euro, wenn Käufer auch mehr als 900 Euro für die Wallbox bezahlen mussten. Bei zwei Ladesäulen gab es 1800 Euro, wenn die Kosten auch über diesem Betrag lagen. Insgesamt 900.000 Anträge dazu seien bei der Bank eingegange­n, berichtet ein Sprecher. Finanziert wurden die Fördermitt­el vom Bundesverk­ehrsminist­erium. Auch aktuell laufe ein Förderprog­ramm für die Ladesäulen-Installati­on bei Unternehme­n und in Kommunen, sagt ein Sprecher. Ob die Förderung für die private Wallbox wiederaufg­elegt wird, ist noch nicht bekannt.

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FOTO: DANIEL KUBIRSKI/DPA Das Warten auf eine öffentlich­e Ladestatio­n entfällt an der heimischen Wallbox.

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