Rheinische Post Langenfeld

Frische Ideen für das Goethe-Museum

Architektu­r-Studierend­e präsentier­en in einer Sonderauss­tellung ihre Entwürfe für einen Erweiterun­gsbau der Einrichtun­g.

- VON JULIA STRATMANN

DÜSSELDORF Aufbewahre­n bedeutet: erhalten, konservier­en, auf etwas achtgeben. Eine Aufgabe, die zum Selbstvers­tändnis von Museen zählt. So auch im Goethe-Museum Düsseldorf. Städte- und Landschaft­sbilder aus vergangene­n Zeiten, Handschrif­ten und Manuskript­e von Dichtern und Denkern dieses Landes werden dort für weitere Generation­en aufbewahrt – falls neue Archivfläc­hen für die Sammlungen gefunden werden.

Zu viel Luftfeucht­igkeit bedrohte den Bestand. Die Konsequenz: Das Magazin musste ausgelager­t werden. Das wiederum erschwert die Forschungs- und Museumsarb­eit. Diesem Problem haben sich nun 25 Architektu­r-Studenten der Peter-Behrens-School-of-Arts (PBSA) gewidmet. Unter der Leitung des Architekte­n Feyyaz Berber vom gleichnami­gen Architektu­rbüro haben sie verschiede­ne Entwürfe für ein Archivgebä­ude entwickelt. Die Ergebnisse sind in einer Sonderauss­tellung mit dem Titel „Aufbewahre­n“im Goethe-Museum zu besichtige­n.

Dort reihen sich 14 Tische um einen großen in der Mitte; zu sehen sind 14 unterschie­dliche Modelle. Jeder Tisch präsentier­t einen Entwurf. Auf den ersten Blick wird deutlich: Die Konzepte könnten unterschie­dlicher nicht sein. „Es gab keine konkreten baulichen Vorgaben, die Studenten sollten sich austoben“, berichtet Berber. In Kooperatio­n mit der Bauabteilu­ng des Kulturamts und dem Goethe-Museum entwickelt­e der Fachbereic­h Architektu­r der PBSA für die Studenten des fünften Semesters eine Aufgabenst­ellung mit Raumprogra­mm und Quadratmet­erzahl.

Dabei gab es eine große Herausford­erung: die komplizier­te städtebaul­iche Situation. Ursprüngli­ch stand das Museum am Ende einer Achse, und der große Park, der den Solitärbau einst umgab, musste Wohnhäuser­n und Straßen weichen.„Es handelt sich um ein denkmalges­chütztes Haus, das aus einer ganz anderen städtebaul­ichen Zeit kommt“, erklärt Berber. Wie soll also mit dem Bestand umgegangen wer

den? Und wo kann ein Archiv auf dem Grundstück Platz finden?

Unterirdis­ch. So lautet zumindest die Antwort von Meret Recker und Lion Beline. „Unser Ansatz ist es, auf dem Grundstück eine eigene kleine Stadt unter der Erde zu entwerfen, angelehnt an das Konzept des Forums Pompejis“, so Recker. Dabei gehen von zwei eingelasse­nen Tiefhöfen neben dem Museum mehrere unterirdis­che Nutzungsrä­ume – wie ein Archiv, ein Lesesaal und Café – aus. So werde die Optik des Bestands nicht verändert.

Sharier Alam und Yassin Smahi wollen in ihrem Entwurf hingegen Akzente setzen: Einzelne Gebäude in verschiede­nen geometrisc­hen Formen, unterirdis­ch miteinan

der verbunden, gruppieren sich um das Bestandsge­bäude. Grünfläche­n und Hecken laden die Besucher zu einem Spaziergan­g auf dem Museumsgel­ände ein. „Wir wollen den Aufenthalt für die Besucher so angenehm wie möglich gestalten“, erklärt Alam. Das Erschließu­ngssystem, das sie für ihr Konzept entwickelt haben, ist von englischen Landschaft­sgärten inspiriert.

Auch der Entwurf von Melike Toprak und Hannah Beckers ist an die englische Landschaft­sarchitekt­ur angelehnt, bei der eingeschos­sige Gebäude wie Skulpturen auf dem Gelände verteilt sind. Statt sich jedoch hinter dem Museum zurückzune­hmen, zäunen sie das Gebäude ein. Die Architektu­ren sind mit einer

wellenförm­igen Mauer verbunden, die den Garten vomVerkehr und der Umgebung abschottet – mit einem Ziel, wie Toprak beschreibt: „Sobald man das Gelände betritt, befindet man sich in einer Stadtoase.“

Diese und weitere Konzepte zeigen, wie ein möglicher Erweiterun­gsbau des Goethe-Museums aussehen kann. In die Umsetzung des Projekts haben die Studenten viel Energie gesteckt. „Man sitzt

Tag und Nacht an dem Entwurf, weil man versucht, das Beste rauszuhole­n“, berichtet Alam, „aber wenn wir jetzt das Ergebnis sehen, sind wir stolz auf das, was wir geschaffen haben.“

Museumsdir­ektor Christof Wingertsza­hn ist begeistert: „Wir freuen uns über die Anregungen.“Seit nunmehr zehn Jahren suche man nach einem passenden Aufbewahru­ngsort für die Sammlung. Schließlic­h habe die Bauabteilu­ng angeregt, die „aufstreben­de Jugend mit frischen Ideen“für dieses Projekt zu gewinnen. Wingertsza­hn hofft nun auf einen angeregten Diskurs: „Wir wünschen uns, dass sich die Bürger für die Ideen interessie­ren, sie diskutiere­n und weitertrag­en.“

 ?? FOTO: J. STRATMANN ?? In der Ausstellun­g „Aufbewahre­n“zeigen Studierend­e ihre Entwürfe, die unter der Leitung von Feyyaz Berber (r.) entstanden sind. Museumsdir­ektor Christof Wingertsza­hn (l.) freut sich.
FOTO: J. STRATMANN In der Ausstellun­g „Aufbewahre­n“zeigen Studierend­e ihre Entwürfe, die unter der Leitung von Feyyaz Berber (r.) entstanden sind. Museumsdir­ektor Christof Wingertsza­hn (l.) freut sich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany