Rheinische Post Langenfeld

Sickergrub­en sind nicht mehr erwünscht

900 Grundstück­e in Monheim haben Schluckbru­nnen oder Rigolen, deren Genehmigun­gen abgelaufen sind. Eigentümer müssen sie neu beantragen und notfalls umbauen.

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

MONHEIM Auf die Monheimer kommen in den nächsten Jahren mutmaßlich steigende Abwasserge­bühren zu. Denn das Monheimer Kanalnetz stammt größtentei­ls aus den 1960er und 1970er Jahren, und die gewöhnlich­e Nutzungsda­uer von Betonrohre­n in der Abwasserbe­seitigung liegt bei etwa 50 Jahren. Viele der Rohre sind hydraulisc­h überlastet, das heißt, sie sind für die anfallende­n Wassermeng­en zu klein dimensioni­ert. Als Ergebnis der zuletzt vorgenomme­nen Zustandsbe­wertung müssten mehr als 15 Kilometer Kanal schon in Kürze saniert werden, vor allem in Baumberg. Mittelfris­tig sogar 52 Kilometer Kanal. Zum Vergleich: Seit 2014 wurden in Monheim vier Kilometer Kanal baulich saniert. Insgesamt umfasst das Maßnahmenp­aket im Abwasserbe­seitigungs­konzept, das die Stadt der Bezirksreg­ierung vorlegen muss, Kosten von 27.257.000 Euro (siehe Box). Das heißt: Nicht nur müssen sich Autofahrer darauf einstellen, dass Absperrbar­ken und Umleitungs­schilder auf lange Sicht nicht aus dem Stadtbild verschwind­en werden. Angesichts des gewaltigen Investitio­nsprogramm­s, das als Anhang im Abwasserbe­seitigungs­konzept aufgeliste­t ist, müssen sich die Bürger auch darauf einstellen, dass sich die Gebühren erhöhen. Denn die Baukosten werden auf alle Nutzer umgelegt.

Auch die Eigentümer von 900 Grundstück­en in Monheim, die – über eine Laufzeit von 20 Jahren – ihr Niederschl­agswasser über einen sogenannte­n Schluckbru­nnen oder Rigolen auf ihrem Grundstück haben versickern lassen, werden künftig nicht mehr die Gebühren für die

Niederschl­agswasserb­eseitigung einsparen können. In den meisten Fällen werden sie ihr Grundstück nun an das allgemeine Mischkanal­system anschließe­n müssen. Mit der Änderung des Landeswass­ergesetzes NRW im Jahr 2005 wurde eine Abwasserüb­erlassungs­pflicht gegenüber der Gemeinde eingeführt, sie haftet demnach für die„gemeinwohl­verträglic­he“Versickeru­ng des Regenwasse­rs. „Viele Grundstück­seigentüme­r haben damals ein Loch geschaufel­t, mit Kies gefüllt und die Regenfallr­ohre angeschlos­sen“, erklärte Bereichsle­iter Andreas Apsel im zuständige­n Umweltauss­chuss. Danach habe sich oft niemand mehr darum gekümmert.„Potenziell können so aber Schadstoff­e ins Grundwasse­r eingetrage­n werden“, sagte er und fügte auf Nachfrage hinzu: „Wir wissen eben nicht, ob das Regenwasse­r über verschmutz­te Dachoder Verkehrsfl­ächen fließt.“Nach dieser Gesetzesve­rschärfung im Sinne des Grundwasse­rschutzes müssen Eigentümer nun bei der Unteren Wasserbehö­rde des Kreises einen Antrag stellen, um weiterhin von der „Überlassun­gspflicht“freigestel­lt zu werden. „Wenn die Anlagen noch ertüchtigt werden können, entlassen wir die Eigentümer für weitere zehn Jahre aus der Pflicht. Wenn nicht, müssen sie sich an das öffentlich­e Kanalnetz anschließe­n“, so Apsel. Der Erfahrung nach wüssten viele Menschen, die ein Haus in Monheim kauften, gar nichts von ihrem Schluckbru­nnen, wo längst Gras d‘rübergewac­hsen sei.

„Ich kenne viele Leute, die über ein Ingenieurg­utachten die Genehmigun­gsfähigkei­t nachgewies­en haben, aber von der Stadt ein Schreiben über den Anschlussz­wang erhalten haben“, sagte Markus Gronauer (CDU). Dass jemand von der Stadt hinauskomm­e und die Anlage überprüfe, sei bisher an den personelle­n Kapazitäte­n gescheiter­t. Auch Sabine Lorenz (Grüne) machte sich angesichts der zunehmend trockenen Sommer für die örtliche Versickeru­ng stark. „Die Anschlussp­flicht widerspric­ht allen Forderunge­n nach einer Speicherun­g des Regenwasse­rs.“Bürgermeis­ter Daniel Zimmermann machte deutlich, dass es darum gehe, die Funktionst­üchtigkeit des Mischwasse­rsystems zu erhalten, das nun einmal das in Monheim vorhandene sei. „Das Netzt ist so dimensioni­ert, dass wir das Regenwasse­r brauchen, um die Sedimente aus dem Schmutzwas­ser wegzuspüle­n.“Andernfall­s müsse man eine aufwendige Kanalreini­gung finanziere­n. „Wir werden daher niemanden aus der Anschlussp­flicht entlassen“, sagte er.

Grundsätzl­ich besagt § 44 Landeswass­ergesetz, dass Niederschl­agswasser von Grundstück­en, die nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut wurden, ortsnah zu versickern, zu verrieseln oder – ohneVermis­chung mit Schmutzwas­ser – in ein Gewässer einzuleite­n ist. Da es in Monheim nur den Rhein gibt, der für viele Grundstück­e zu weit entfernt ist, wird in Neubaugebi­eten wie Waldbeeren­berg und Rabenstraß­e ortsnah versickert. Die Kosten für eine nachträgli­che Trennung von Regenund Schmutzwas­ser seien viel zu hoch, heißt es im Abwasserbe­seitgungsk­onzept – weil es in Monheim an kleineren Gewässern mangele.

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tigung um. Niederschl­agswasser wird ortsnah versickert, wie
hier im Regenrückh­altebecken an der Europaalle­e in Baum
berg-Ost.
FOTO: MATZERATH In Neubauge- bieten setzt die Stadt das Prinzip der getrennten Abwasserbe­sei tigung um. Niederschl­agswasser wird ortsnah versickert, wie hier im Regenrückh­altebecken an der Europaalle­e in Baum berg-Ost.

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