Kleine Kredite sind gefragt
Die Inflation bereitet vielen Menschen in Deutschland Sorgen. Größere Investitionen werden nach Angaben der Schufa eher verschoben. Erstmals seit vier Jahren nehmen Verbraucher allerdings wieder mehr Ratenkredite auf.
WIESBADEN (dpa) Trotz Sorgen um die Finanzen in Zeiten steigender Inflation haben die Menschen in Deutschland einer Studie zufolge erstmals seit vier Jahren wieder mehr Ratenkredite aufgenommen. Gefragt waren 2021 vor allem kleinere Summen, insbesondere von jungen Leuten. Größere Anschaffungen wurden hingegen verschoben, wie aus dem Risiko- und Kreditkompass der Auskunftei Schufa hervorgeht. Zugleich erwiesen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher als verantwortungsbewusste Schuldner: Sie zahlten ihre Ratenkredite auch im zweiten Corona-Jahr ganz überwiegend zuverlässig zurück.
Wie in den beiden Vorjahren wurden demnach 97,9 Prozent aller aufgenommenen Ratenkredite vertragsgemäß bedient. Die Pandemie habe auch 2021 keine negativen Auswirkungen auf die Verund Überschuldung der Menschen in Deutschland gehabt, hieß es in der am Dienstag veröffentlichten Studie.
Im vergangenen Jahr zählte die Schufa rund 6,9 Millionen neu abgeschlossene Ratenkredite. Das waren etwa 4,5 Prozent mehr als im ersten Corona-Jahr 2020. Besonders stark legte die Nachfrage nach Krediten mit geringeren Summen unter 1000 Euro zu. Ihr Anteil an allen neu abgeschlossenen Verträge stieg von 19,9 Prozent im Jahr 2020 auf nunmehr 29,5 Prozent. Die Anteile mittlerer (1000 bis 10.000 Euro) und großer Ratenkredite (ab 10.000 Euro) waren hingegen rückläufig.
„Die Deutschen stellen größere Anschaffungen zurück. Dies spiegelt auch die Stimmung in unseren Verbraucherbefragungen wieder, die wir regelmäßig durchführen“, erläuterte Schufa-Vorstand Ole Schröder. In einer Befragung im Mai hatten 57 Prozent der Menschen angegeben, dass sie größere Investitionen im Moment aufschieben.
Bereits im vergangenen Jahr hatten Energiepreise begonnen, die Verbraucherpreise nach oben zu treiben. Die Inflation betrug im Jahresschnitt 3,1 Prozent. Weitere Energiepreissprünge als Folge des Ukraine-Krieges verschärfen diese Entwicklung seit Februar 2022.
Den Angaben zufolge waren niedrigere Kreditsummen im vergangenen Jahr vor allem bei jüngeren Menschen beliebt. Die durchschnittliche Höhe der neuen Kredite unter 1000 Euro lag über alle Altersklassen bei etwa 409 Euro, bei den 18- bis 19-Jährigen dagegen bei 343 Euro. „Der hohe Anteil von niedrigen Kreditsummen vor allem in jüngeren, internetaffinen Zielgruppen lässt sich offensichtlich auf sogenannte Buy-Now-Pay-Later-Angebote zurückführen, die zunehmend nachgefragt werden“, erläuterte Schröder. Dabei handelt es sich um den Kauf auf Pump mittels Online-Bezahldiensten. Bei manchen Bezahldiensten können Verbraucher der Finanzaufsicht Bafin zufolge im Nachhinein das Zahlungsziel auf einen späteren Zeitpunkt verschieben oder den offenen Rechnungsbetrag in Ratenzahlung umwandeln.
Bei anderen Bezahldiensten werden offene Rechnungen, die ein Kunde beim Händler hat, über einen Zeitraum zusammengefasst und später fällig gestellt. „Diese vermeintlich praktischen Bezahllösungen können sich für junge Menschen jedoch schnell als eine Schuldenfalle entpuppen“, warnte Schröder. Auch die Bafin mahnte jüngst, dass bei diesen Modellen leicht der Überblick verloren gehen könne.
Verbraucherschützer kritisieren, dass es bei dieser Finanzierungsform häufig keine Kreditwürdigkeitsprüfung gebe und die Informationen vor Vertragsabschluss teilweise unzureichend seien. Dadurch könnten Verbraucher oft nur schlecht abschätzen, worauf sie sich einließen.