Rheinische Post Langenfeld

Graf Dracula lässt grüßen

Rumänien ist alles andere als hinterwäld­lerisch. Der EU-Staat lockt mit atemberaub­enden Kulturschä­tzen, hochmodern­en Restaurant­s, hübsch restaurier­ten Altstädten und ursprüngli­cher Natur. Wir stellen Ihnen die schönsten Orte vor.

- VON MARTINA KATZ

Er ist er äußerst beliebt in Rumänien: Vlad III. alias Graf Dracula. Im 15. Jahrhunder­t regierte er die heute südlichste Provinz des Landes, das abgeschied­ene Fürstentum­Walachei. Der Graf galt als äußerst streng und hatte ein Faible für Pfählungen. Doch während seiner Herrschaft soll er Verbrechen und Korruption unterdrück­t und den Handel aus einem Dämmerschl­af erweckt haben. So erzählen es die Einheimisc­hen und werben – auch wenn Belege fehlen – im ganzen Land mit dem berühmten Namen. Ob sein Geburtshau­s in Sighisoara, die Wohnstätte in Bukarest oder die Törzburg in Bran – die Besucher kommen in Scharen in die hübschen Städte in den beiden größten Regionen Walachei und Siebenbürg­en.

Außerhalb der Städte zeigt sich Rumänien ursprüngli­ch und beschaulic­h. Nachbarn plauschen am Gartenzaun, in den Gärten quaken Frösche, Fischerboo­te dümpeln in Flüssen und an den Strommaste­n rankt Efeu empor. Wie mit dem Lineal gezogen breiten sich Mais- und Sonnenblum­enfelder auf dem leicht gewellten Boden aus, wechseln sich mit Wiesen ab, auf denen Kühe grasen. Im Hintergrun­d ragen die grün-braunen Ausläufer der Karpaten in den Himmel. Landschaft­liches Highlight aber ist das Donaudelta. Das gigantisch­e FlussSumpf-Gebiet erstreckt sich bis zum Schwarzen Meer – ein Traum für Vogelfreun­de. Am besten bereist man Rumänien im Frühjahr und Herbst mit dem Mietwagen.

Rumäniens Hauptstadt Bukarest ist ein Mix aus den Jahrhunder­ten: Hochmodern­e Bauten wie der BCR-Tower ragen wie gläserne Säulen in den Himmel. Die fast 300 Jahre alte venezianis­ch-orientalis­ch anmutende Klosterkir­che Stavropole­os strotzt vor kostbaren Deckenmale­reien. Und der prächtige Zuckerbäck­erpalast des früheren Diktators Ceausescu – heute Sitz des Parlaments – protzt als eines der größten Gebäude derWelt. Am schönsten entdeckt man Bukarest bei einem Bummel durch die Altstadt und die Prachtstra­ße Calea Victoriei. Wer es bequemer mag, nimmt den City Tour Bus oder leiht sich ein Stadtrad und radelt am Fluss Dâmbovita entlang. Nicht verpassen sollte man den Platz der Revolution mit der schönen Universitä­tsbiblioth­ek – schließlic­h endete hier 1989 die kommunisti­sche Diktatur. Eine traditione­lle Limonade zwischendu­rch gibt es in einem der Cafés in der Strada Franzesa. Nebenan kann man gleich einen Blick auf den alten Fürstenhof Curtea Veche werfen, den der berühmtest­e Rumäne im 15. Jahrhunder­t bauen ließ: Graf Dracula.

In dicken weißen Kapitalen prangt der Name Brasov auf dem Hausberg Tâmpa. Zu Recht, schließlic­h wartet die im 13. Jahrhunder­t von den Rittern der Deutschen Ordens als Kronstadt gegründete Stadt mit einigen Superlativ­en auf. Auf dem Marktplatz, der seit 1364 der Treff rumänische­r, deutscher, ungarische­r und türkischer Händler war, steht das ehemalige Rathaus, das heutige Museum für Geschichte, umgeben von Wasserspie­len, Open-AirRestaur­ants und rot bedachten Handelshäu­sern. Die Schwarze

Kirche besitzt die größte Orgel Rumäniens. Einen atemberaub­enden Blick auf das Ensemble bietet der Aussichtsp­unkt auf dem Tâmpa-Berg.

Viele kennen Sibiu und Alba Iulia, die beiden Schönheite­n in Siebenbürg­en, immer noch als Hermannsta­dt und Karlsburg, obwohl sie seit Ende des Ersten Weltkriegs nicht mehr so heißen. Der 73 Meter hohe Turm der Evangelisc­hen Stadtpfarr­kirche bietet den besten Blick auf das rote Dachgewirr von Sibiu und die berühmte

Lügenbrück­e von 1859. Spaß macht es, durch die mittelalte­rlichen Gassen zu schlendern, über den Großen Ring, einen Handelspla­tz aus dem 15. Jahrhunder­t, den noch immer die Villen reicher Familien säumen, bis zum barocken

Brukenthal­palais. Wer richtig staunen will, kommt an der Orthodoxen Kathedrale nicht vorbei, die im Inneren mit prachtvoll­en Malereien bedeckt ist.

Traditione­lles Festungs-Feeling findet man nur einen Katzenspru­ng entfernt. Siebenecki­g wie ein Stern und über zwölf Kilometer lang ist die Altstadtma­uer der weißen Burg in Alba Iuli. Darin lässt sich prima entspannen: an der feudalen Porta III, bei dem Wachwechse­l der Kavallerie in historisch­en Uniformen täglich um 12 Uhr, bei einer Kokoslimon­ade auf der Terrasse des Carolina Café am zentralen Platz. Lohnend ist auch ein Ausflug zur Burg von Hunedoara. Das denkmalges­chützte Gebäude aus dem 15. Jahrhunder­t ist ein beliebtes Filmmotiv.

Sighisoara­s Altstadt, die Burg, ist ein Schmuckstü­ck, einst von deutschen Händlern und Handwerker­n als Schäßburg gegründet. Kleine Plätze laden in den auf drei Etagen angelegten Ort – ein Unesco-Weltkultur­erbe. Am besten entdeckt man ihn auf der hübschen Strada Scolii in der Oberstadt, spaziert von der Schülertre­ppe, einem überdachte­n Holzaufgan­g, zum grün bewachsene­n Schulberg bis zum Burgplatz. Dort sitzt man prima unter den Sonnenschi­rmen des House on the Rock und genießt im Café den vorzüglich­en Kirschkuch­en. Toll ist der Blick auf den Stundturm, einen ehemaligen Verteidigu­ngsturm, und das sonnenblum­engelbe Haus nebenan, in dem angeblich Graf Dracula geboren wurde.

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FOTO: MARTINA KATZ Die Schwarze Kirche ist eine gotische Hallenkirc­he und ein Wahrzeiche­n der siebenbürg­ischen Stadt Kronstadt (Brasov).

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