Iranisches Öl könnte Preisanstieg bremsen
Die USA und Europa setzen große Hoffnungen in neue Verhandlungen mit Teheran.
ISTANBUL Neuer Anlauf an neuem Ort: Der Iran und die USA wollen diese Woche unter europäischer Vermittlung in Katar über eine Rückkehr zum Atomvertrag von 2015 sprechen. Die Verhandlungsrunde am Golf setzt die Wiener Atomgespräche fort, die seit März unterbrochen sind. Europa und Amerika bereiten an diesem Dienstag beim G7-Gipfel die neuenVerhandlungen mit dem Iran vor. Sie hoffen, dass eine neue Vereinbarung mit Teheran nicht nur das iranische Atomprogramm begrenzt, sondern auch den Anstieg der Ölpreise bremst. Die Aussicht auf einen solchen Deal ließ die Weltmarktpreise in der Nacht zum Montag vorübergehend sinken.
Ein Besuch des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in Teheran am Wochenende machte den Weg für die neuen Verhandlungen frei. Die Atomgespräche würden innerhalb weniger Tage wieder aufgenommen, kündigte Borrell nach Beratungen mit dem iranischen Außenminister Hossein Amirabdollahian an. Amirabdollahian erklärte auf Twitter, ein neues Abkommen sei in greifbarer Nähe. EinVerhandlungserfolg hängt nach iranischer Auffassung von den USA ab.
Das Atomabkommen von 2015 verpflichtete den Iran zu Einschränkungen bei der Uran-Anreicherung und zur Hinnahme strenger Kontrollen durch die internationale Atombehörde IAEA, um die Entwicklung einer iranischen Atombombe unmöglich zu machen. Dafür sollte Teheran mit einer Lockerung der westlichen Sanktionen belohnt werden. Der damalige US-Präsident Donald Trump kündigte denVertrag 2018 jedoch auf und erließ neue Sanktionen. Der Iran reagierte mit einer höheren Uran-Anreicherung, die nun Atomwaffen-Niveau erreicht hat. Trumps Nachfolger Joe Biden will das Abkommen neu beleben.
In Wien hatten Europa, die USA, Russland und China auf der einen und der Iran auf der anderen Seite zwar Fortschritte erzielt, aber keinen Durchbruch geschafft. Seit März fährt Teheran seine Zusammenarbeit mit der IAEA weiter zurück: Kontrollgeräte in iranischen Atomanlagen werden abgebaut.
Allerdings braucht der Iran dringend einen Abbau der Sanktionen, um seine Wirtschaft durch einen besseren Zugang zu den Weltmärkten aus der Krise zu holen. Das gilt besonders für Ölexporte. Außenminister Amirabdollahian erklärte nach seinem Treffen mit Borrell, seine Regierung sei zu einem„guten, starken und dauerhaften“Abkommen bereit. Beim Thema Öl treffen sich die Interessen des Iran mit denen desWestens. Der Ölpreisanstieg wegen des Ukraine-Kriegs macht westlichen Regierungen zu schaffen. Besonders Biden dringt auf ein Ende der Preisspirale noch vor den US-Kongresswahlen im Herbst. In der Ölbranche wird seit Wochen spekuliert, der US-Präsident könnte dem Iran selbst ohne Atom-Einigung mehr Ölexporte erlauben.