Rheinische Post Langenfeld

Das Experiment

Beim CHIO in Aachen sorgt Ingrid Klimke für eine Premiere der ganz besonderen Art: Sie reitet für zwei Mannschaft­en: in der Vielseitig­keit und der Dressur. Das ist vor allem wegen ihres berühmten Vaters besonders emotional.

- VON MICHAEL ROSSMANN

AACHEN (dpa) In seinem letzten Jahr als Sportchef des größten Reitturnie­rs der Welt erlebt Frank Kemperman noch einmal ein einzigarti­ges Experiment. „Eine Reiterin in zwei Diszipline­n im Team, das gab es noch nie“, betont der Niederländ­er vor der Eröffnungs­feier des CHIO an diesem Dienstag in Aachen. Die vielfach mit Gold dekorierte Ingrid Klimke hat das bisher einmalige Kunststück vollbracht, sich in diesem Jahr sowohl in der Vielseitig­keit als auch in der Dressur einen Platz in der deutschen Nationalma­nnschaft zu sichern.

„Die Vorfreude ist noch größer als sonst“, sagt Klimke. Es sei „natürlich ganz besonders und aufregend“für zwei Nationalte­ams bei einem Turnier zu reiten. In der Vielseitig­keit ist die 54-Jährige aus Münster seit vielen Jahren die erfolgreic­hste Reiterin der Welt. Bei EM, WM und Olympia sammelte sie insgesamt zehn Goldmedail­len - doch jetzt reitet sie auch noch im Dressur-Nationalte­am und darf sogar auf einen Platz im WMTeam hoffen.

Die Dressur spielt eine sehr spezielle Rolle bei den Klimkes, daher sei es „besonders emotional für unsere ganze Familie“, sagt sie. „Meine Mutter hat schon gesagt, dass es schade ist, dass Papa das nicht sehen kann“, berichtet die Ausnahmere­iterin. Sechs olympische Goldmedail­len gewann ihr Vater Reiner Klimke, drei davon mit dem berühmten Ahlerich.

Was leicht übersehen wird: Reiner Klimke begann seine Karriere in der Vielseitig­keit, dem Wettkampf mit den drei Teildiszip­linen Dressur, Geländerit­t und Springen. Er siegte unter anderem bei der EM 1959 mit dem deutschen Team. Die Tochter ist in dieser Sportart allerdings deutlich erfolgreic­her, gewann alleine bei Europameis­terschafte­n sechs Goldmedail­len.

In Aachen ist Ingrid Klimke schon häufiger neben der Vielseitig­keit

in der Dressur geritten, allerdings bisher nur in den Rahmenwett­bewerben des CHIO. Aber nach der deutschen Meistersch­aft in Balve nominierte Bundestrai­nerin Monica Theodoresc­u die vielseitig­e Reiterin mit Franziskus erstmals für die Dressur-Mannschaft. „Ihren Platz im Team hat sie sich absolut verdient“, sagt Theodoresc­u. „Sie hat sich das durch ihre Leistungen erritten.“

Ein kleines Problem gibt es allerdings noch. Das Programm von Turnierche­f Kemperman, der nach 29 Jahren beim CHIO in den Ruhestand geht, sieht am Samstag ab 9.35 Uhr den Geländerit­t vor und ab 8.30 den Grand Prix Special der Dressur-Mannschaft­en. Das könnte verdammt eng werden für Ingrid Klimke, je nach den Ergebnisse­n der Vortage. „Das wird schon passen - oder passend gemacht“, sagt die Dressur-Bundestrai­nerin salopp.

Klimke sagt: „Von der Geländemon­tur in den Dressurfra­ck, das muss flott gehen.“Unterstütz­ung bekommt sie von Pferdepfle­gerin Carmen Thiemann und der Familie. „Greta nimmt ihre Reitsachen mit“, sagt sie über ihre Tochter, die im Vorjahr U21-Doppel-Europameis­terin geworden ist. Greta Busacker könnte zur Not das Aufwärmpro­gramm übernehmen, sie „hat Franziskus auch schon ein paar Mal geritten“. Fröhlich und lässig sagt Ingrid Klimke: „Alles eine Sache der Organisati­on.“

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FOTOS: IMAGO Weltklasse gleich in zwei Diszipline­n: Ingrid Klimke (l.) einmal als Dressurrei­terin in Hagen und (r.) beim Geländerit­t in der Vielseitig­keit in Aachen.

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