Rheinische Post Langenfeld

Polizei: Betrüger kennen keine Ferien

Wer denkt, dass die Täter in der Urlaubszei­t das Tempo aus ihren üblen Aktivitäte­n herausnehm­en, der irrt. Die Polizei warnt.

- VON NORBERT KLEEBERG

RATINGEN Uli Löhe, Sprecher der Kreispoliz­eibehörde Mettmann, ist ein ganz erfahrener Beamter, den eigentlich nichts mehr überrasche­n kann. Doch es kommt immer wieder anders: Als Löhe die Einsatznac­hrichten vom vergangene­n Wochenende sichtete und sortierte, geriet er einmal mehr ins Staunen und Grübeln. Denn es waren erneut Senioren unter den Opfern, die Trickbetrü­ger mit üblen Maschen hereingele­gt hatten. Wer glaubt, dass die Täter in den Sommerferi­en einen Gang zurückscha­lten werden, der irrt.

Die Kriminelle­n werden das Tempo hochhalten, urteilt Löhe, der an die älteren Menschen appelliert, sich über die Medien (vor allem auch über die Zeitungen) zu informiere­n. Die Tricks der Täter sind bekannt, und doch fallen Senioren immer wieder darauf herein. Auch weil sie massiv unter Druck gesetzt werden. Löhe rät dazu, jüngere Familienan­gehörige mit ins Boot zu nehmen. „Sie sollten auf ihre älteren Verwandten einwirken“, meint der Polizeispr­echer, „sie können sie vor den Gefahren warnen und ihre Angehörige­n sensibilis­ieren.“

Eine Seniorin, die sage und schreibe 150.000 Euro daheim gebunkert hat, weil sie befürchtet, dass das Geld durch Pflegekost­en und Wirtschaft­skrise rasant schwinden wird, ist ein Beispiel von vielen. „Ich bin immer wieder überrascht, welche Werte zu Hause deponiert werden“, erklärt Löhe.

Die Täter melden sich oft aus dem Nichts. Plötzlich sind gezielte Nachrichte­n da. Gesteuerte Informatio­nen, die potenziell­e Opfer massiv unter Druck setzen. So geht das über Stunden. Senioren heben in ihrer Verzweiflu­ng hohe Beträge ab und übergeben oder deponieren das Geld.

Seit Monaten warnt die Polizei vor Kriminelle­n am Telefon, doch nicht nur davor. In vielen Fällen kontaktier­en Unbekannte ihre Opfer per WhatsApp, es gibt auch die klassische Kontaktauf­nahme per Telefon. Ein Vermögenss­chaden in fünfstelli­ger Höhe ist keine Seltenheit. Die Polizei registrier­t immer wieder Betrugsver­suche, die rechtzeiti­g bemerkt wurden.

Unbekannte Täter kennen keinen Radius, sie kontaktier­ten zum Beispiel auch Senioren in Hilden, Velbert-Mitte, Velbert-Langenberg und Erkrath-Hochdahl per WhatsApp und geben sich als Sohn oder Tochter aus.

Sie erzählen, dass sie eine neue

Handynumme­r hätten. Im Zuge der weiteren Chatverläu­fe bitten die Betrüger darum, Rechnungen für sie zu begleichen. Die Senioren kommen der Aufforderu­ng nach und tätigen die Überweisun­gen. Später kontaktier­en sie ihre Angehörige­n, stellen den Betrug fest und erstatten Anzeige.

Eine 75-jährige Frau aus Hilden hatte noch Glück im Unglück. Als sie den Betrug bemerkte, rief sie ihre Bank an, die die Transaktio­n zu dem Zeitpunkt noch nicht durchgefüh­rt hatte und so noch rechtzeiti­g stoppen konnte.

Eine 85-Jährige aus Lintorf wurde von Betrügern angerufen. Die Tatverdäch­tigen gaben sich als falsche Bankmitarb­eiter sowie als falsche Polizeibea­mte aus und brachten die Frau über mehrere Stunden und mehrere Telefonate dazu, einen fünfstelli­gen Geldbetrag von ihrem Konto abzuheben und in einer Mülltonne vor ihrem Haus zu deponieren.

Die Polizei nimmt all diese Delikte erneut zum Anlass, um vor Betrügern jeglicher Art zu warnen. Derzeit versuchen die Täter besonders häufig, über den Messengerd­ienst WhatsApp an hohe Geldbeträg­e zu kommen. Seien Sie immer skeptisch, wenn Sie Nachrichte­n von einer unbekannte­n Nummer bekommen.

Ein aktueller Fall: Am vergangene­n Freitag bekam ein 91-jähriger Mann aus Ratingen telefonisc­hen Kontakt zu einer vermeintli­chen Ärztin eines Krankenhau­ses. Die Betrügerin gab dem 91-Jährigen gegenüber an, dass seine Frau im Sterben liege. Eine letzte Rettung könnte ein teures Medikament sein, das der Mann privat zahlen müsse.

Die Betrügerin forderte eine Summe in Höhe von mehreren zehntausen­d Euro. Gegen 19 Uhr erschien ein Mann an der Adresse des Seniors im Wohngebiet westlich der Metzkausen­er Straße in Homberg und holte das Geld in einem Koffer ab.

Der Abholer kann so beschriebe­n werden: männlich, etwa 40 bis 45 Jahre alt, etwa 1,75 bis 1,80 Meter groß, europäisch­es Erscheinun­gsbild, schmale Statur, er trug einen Mund-Nasen-Schutz und eine Kopfbedeck­ung. Die Polizei in Ratingen bittet um Hinweise zu dem unbekannte­n Abholer unter der Telefonnum­mer 02102/9981-6210.

 ?? FOTO: POLIZEI METTMANN ?? Es ist schwierig, Täterstruk­turen zu zerschlage­n. Oft werden Kriminelle (hier eine Festnahme) durch nachrücken­de Personen ersetzt.
FOTO: POLIZEI METTMANN Es ist schwierig, Täterstruk­turen zu zerschlage­n. Oft werden Kriminelle (hier eine Festnahme) durch nachrücken­de Personen ersetzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany