Polizei: Betrüger kennen keine Ferien
Wer denkt, dass die Täter in der Urlaubszeit das Tempo aus ihren üblen Aktivitäten herausnehmen, der irrt. Die Polizei warnt.
RATINGEN Uli Löhe, Sprecher der Kreispolizeibehörde Mettmann, ist ein ganz erfahrener Beamter, den eigentlich nichts mehr überraschen kann. Doch es kommt immer wieder anders: Als Löhe die Einsatznachrichten vom vergangenen Wochenende sichtete und sortierte, geriet er einmal mehr ins Staunen und Grübeln. Denn es waren erneut Senioren unter den Opfern, die Trickbetrüger mit üblen Maschen hereingelegt hatten. Wer glaubt, dass die Täter in den Sommerferien einen Gang zurückschalten werden, der irrt.
Die Kriminellen werden das Tempo hochhalten, urteilt Löhe, der an die älteren Menschen appelliert, sich über die Medien (vor allem auch über die Zeitungen) zu informieren. Die Tricks der Täter sind bekannt, und doch fallen Senioren immer wieder darauf herein. Auch weil sie massiv unter Druck gesetzt werden. Löhe rät dazu, jüngere Familienangehörige mit ins Boot zu nehmen. „Sie sollten auf ihre älteren Verwandten einwirken“, meint der Polizeisprecher, „sie können sie vor den Gefahren warnen und ihre Angehörigen sensibilisieren.“
Eine Seniorin, die sage und schreibe 150.000 Euro daheim gebunkert hat, weil sie befürchtet, dass das Geld durch Pflegekosten und Wirtschaftskrise rasant schwinden wird, ist ein Beispiel von vielen. „Ich bin immer wieder überrascht, welche Werte zu Hause deponiert werden“, erklärt Löhe.
Die Täter melden sich oft aus dem Nichts. Plötzlich sind gezielte Nachrichten da. Gesteuerte Informationen, die potenzielle Opfer massiv unter Druck setzen. So geht das über Stunden. Senioren heben in ihrer Verzweiflung hohe Beträge ab und übergeben oder deponieren das Geld.
Seit Monaten warnt die Polizei vor Kriminellen am Telefon, doch nicht nur davor. In vielen Fällen kontaktieren Unbekannte ihre Opfer per WhatsApp, es gibt auch die klassische Kontaktaufnahme per Telefon. Ein Vermögensschaden in fünfstelliger Höhe ist keine Seltenheit. Die Polizei registriert immer wieder Betrugsversuche, die rechtzeitig bemerkt wurden.
Unbekannte Täter kennen keinen Radius, sie kontaktierten zum Beispiel auch Senioren in Hilden, Velbert-Mitte, Velbert-Langenberg und Erkrath-Hochdahl per WhatsApp und geben sich als Sohn oder Tochter aus.
Sie erzählen, dass sie eine neue
Handynummer hätten. Im Zuge der weiteren Chatverläufe bitten die Betrüger darum, Rechnungen für sie zu begleichen. Die Senioren kommen der Aufforderung nach und tätigen die Überweisungen. Später kontaktieren sie ihre Angehörigen, stellen den Betrug fest und erstatten Anzeige.
Eine 75-jährige Frau aus Hilden hatte noch Glück im Unglück. Als sie den Betrug bemerkte, rief sie ihre Bank an, die die Transaktion zu dem Zeitpunkt noch nicht durchgeführt hatte und so noch rechtzeitig stoppen konnte.
Eine 85-Jährige aus Lintorf wurde von Betrügern angerufen. Die Tatverdächtigen gaben sich als falsche Bankmitarbeiter sowie als falsche Polizeibeamte aus und brachten die Frau über mehrere Stunden und mehrere Telefonate dazu, einen fünfstelligen Geldbetrag von ihrem Konto abzuheben und in einer Mülltonne vor ihrem Haus zu deponieren.
Die Polizei nimmt all diese Delikte erneut zum Anlass, um vor Betrügern jeglicher Art zu warnen. Derzeit versuchen die Täter besonders häufig, über den Messengerdienst WhatsApp an hohe Geldbeträge zu kommen. Seien Sie immer skeptisch, wenn Sie Nachrichten von einer unbekannten Nummer bekommen.
Ein aktueller Fall: Am vergangenen Freitag bekam ein 91-jähriger Mann aus Ratingen telefonischen Kontakt zu einer vermeintlichen Ärztin eines Krankenhauses. Die Betrügerin gab dem 91-Jährigen gegenüber an, dass seine Frau im Sterben liege. Eine letzte Rettung könnte ein teures Medikament sein, das der Mann privat zahlen müsse.
Die Betrügerin forderte eine Summe in Höhe von mehreren zehntausend Euro. Gegen 19 Uhr erschien ein Mann an der Adresse des Seniors im Wohngebiet westlich der Metzkausener Straße in Homberg und holte das Geld in einem Koffer ab.
Der Abholer kann so beschrieben werden: männlich, etwa 40 bis 45 Jahre alt, etwa 1,75 bis 1,80 Meter groß, europäisches Erscheinungsbild, schmale Statur, er trug einen Mund-Nasen-Schutz und eine Kopfbedeckung. Die Polizei in Ratingen bittet um Hinweise zu dem unbekannten Abholer unter der Telefonnummer 02102/9981-6210.