Neue Tarife für Gastro- und Hotelbranche sind kaum bekannt
Mitarbeiter verdienen teils 30 Prozent mehr, aber das erfahren potenzielle Arbeitskräfte nicht. Im Juli soll eine Kampagne starten.
DÜSSELDORF In Hotellerie und Gastronomie kann man jetzt bei weitem mehr Geld verdienen als zuvor. „Aber das bekommt kaum jemand mit“, sagt Karl-Heinz Gatzweiler, Inhaber der Hausbrauerei Zum Schlüssel. Er kritisiert eine „nicht effektive Kommunikation des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes“. Ähnlich kritisch hatte sich vorige Woche Hans-Günther Oepen, Inhaber des Hotels Stage 47 und Vorsitzender des IHK-Ausschusses für Tourismus, geäußert. Laut Thomas Kolaric, Dehoga-Geschäftsführer Nordrhein, ist Anfang Juli eine Kampagne in Kooperation mit der Stadttochter Düsseldorf Marketing geplant.
Oepen nennt die seit Mai geltenden neuen Tarife „einen ordentlichen Schluck aus der Pulle“. Der Einstiegslohn steigt von 9,83 auf 12,50 Euro pro Stunde. Je nach Qualifikation und Betriebszugehörigkeit klettern Löhne teils um über 30 Prozent. Ein konkretes Beispiel: Ein Rezeptionist erhielt bislang zunächst 2019 Euro, jetzt sind es 2358 und im Folgejahr 2576 Euro. Bei Gatzweiler (110 Mitarbeiter vor Corona, jetzt 85) steigen die Lohnkosten bereits im ersten Jahr um 18 Prozent.
Bei Oepen sieht es ähnlich aus. Im zweiten Jahr dreht sich die Spirale weiter. Die Hotelbranche hat im IHK-Bezirk Düsseldorf 2021 fast 18 Prozent weniger sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gezählt als 2020. „Aber Personal ist kaum zu bekommen“, sagt Oepen. Weil ihm seine Reinigungsfirma nach 20 Jahren gekündigt hat – wegen Personalmangels –, hat er Arbeitskräfte in der Ukraine angeworben. Das war vor Kriegsbeginn, jetzt bleiben sechs Kräfte länger und werden auch an Kollegen vermittelt.
Angesichts der Pandemie sowie steigenden Kosten für Energie und Rohstoffe (Malz, Gerste etc.) sagt Gatzweiler, „dass dieser Abschluss nicht in diese krisengeschüttelte Zeit passt“. Es sei auch völlig unklar, wie sich die steigenden Gesamtkosten am Markt in höheren Preisen durchsetzen ließen. Oepen rechnet im Düsseldorfer Hotelmarkt mit seinen wachsenden Kapazitäten mit Insolvenzen. Aktuell läuft das Geschäft gut, die Menschen gönnen sich etwas, die Arena-Konzerte von Rammstein und den Toten Hosen sowie die Messe Wire und Tube sorgten bei Oepen für 70 Prozent Auslastung, auch der Schlüssel war gut gefüllt. Wegen Personalmangels musste die Hausbrauerei sogar Reservierungen absagen. „Wir würden sofort sechs Kellner und Zapfer einstellen, finden aber keine“, sagt Gatzweiler, der bedauert, „dass wir echtes Geld liegen lassen“.