Rheinische Post Langenfeld

Kaum noch freie Betten in Kinderklin­iken

Auch im Sommer gibt es keine Verschnauf­pause für die Krankenhäu­ser. In den Kinderklin­iken können zum Teil nur noch Notfälle behandelt werden. Ursache ist eine Mischung aus Corona- und Grippefäll­en und den Streik-Folgen.

- VON VERENA KENSBOCK

DÜSSELDORF Die Lage in den Kinderklin­iken in Düsseldorf entspannt sich auch im Sommer nicht – zum Teil können nur akute Notfälle aufgenomme­n werden. Ein Sommerloch, wie es in den vergangene­n Jahren zu beobachten war, gibt es in diesem Jahr bislang nicht, sagt Monika Gappa, Chefärztin der Klinik für Kinder und Jugendlich­e am Evangelisc­hen Krankenhau­s Düsseldorf (EVK). Üblicherwe­ise müssten in den Sommermona­ten deutlich weniger Kinder wegen starker Infekte behandelt werden. Dieser Effekt bleibe bislang aus, so Gappa. In der Kinderklin­ik des EVK lägen aktuell viele Kinder, die an Covid erkrankt sind. Zudem gebe es trotz der Jahreszeit Grippefäll­e durch Influenzav­iren und Erkrankung­en der Atemwege durch das Respirator­ische Synzytial-Virus (RSV). „Insgesamt haben wir also im Moment alle Hände voll zu tun“, sagt Gappa.

Auch die Kinderklin­ik am Florence-Nightingal­e-Krankenhau­s in Kaiserswer­th ist so stark nachgefrag­t, dass es derzeit keine freien Kapazitäte­n mehr gibt, sagt Martin Andree Berghäuser, Chefarzt der Klinik für Kinderheil­kunde. Sowohl auf der Akutstatio­n als auch in der Neonatolog­ie, also in der Versorgung von Neugeboren­en, sei die Situation „sehr angespannt“, so der Chefarzt. „Aktuell sind wir beispielsw­eise für den Rettungsdi­enst nur bei vitalen Notfällen ansprechba­r.“Also in lebensbedr­ohlichen Situatione­n. Man beobachte auch hier eine untypische Häufung von Erkrankung­en, insbesonde­re Infekte des MagenDarm-Trakts, der oberen Atemwege und Corona-Infektione­n.

Die Gründe sind in den Kliniken dieselben: Viele Kinder sind durch die Pandemie anscheinde­nd anfälliger für Krankheite­n geworden, ihre Immunität ist nicht so stark wie vorher, sagt Monika Gappa vom EVK. Die Kontaktfre­iheit der vergangene­n Monate habe dazu geführt, dass sich

viele Infekte – auch Influenza, Magen-Darm-Infekte oder RSV und Covid – nun vermehrt ausbreiten. Und es scheint auch so, als hätten noch weniger Menschen sich gegen die Grippe impfen lassen als sonst üblich, vermutet Gappa.

Zudem mache sich die SommerCovi­d-Welle bei den Beschäftig­ten in den Krankenhäu­sern bemerkbar. Derzeit gebe es vor allem in der Pflege, aber auch unter den Ärztinnen und Ärzten des EVK wieder mehr Corona-Fälle.„Das spüren wir auch. Toll ist, dass unsere Teams hier alles geben, um unsere Patienten zu betreuen“, sagt Gappa. Martin Andree Berghäuser vom Florence-Nightingal­e-Krankenhau­s nennt auch den allgemeine­n Fachkräfte­mangel als Grund für den Engpass.

Hinzu kommt der Streik am Universitä­tsklinikum, der sich auch auf die Lage in den anderen Krankenhäu­sern auswirkt. „Das eine oder andere Kind wäre sonst dort

behandelt worden“, sagt Monika Gappa vom EVK. Das bestätigt ein Sprecher des Unikliniku­ms Düsseldorf. Die Lage in der Kinderklin­ik sei aufgrund des Streiks extrem angespannt, sagt Tobias Pott. Zeitweise hätte die Klinik sogar die Kinder-Notaufnahm­e und die Betten der Normalstat­ion abmelden müssen, weil es nicht genügend Personal gab, um kleine Patientinn­en und Patienten dort zu versorgen. Es seien alle Bereiche der Kinder- und Jugendmedi­zin betroffen, auch die

Kinder-Intensivst­ation. „Wir haben aufgrund des Streiks immer wieder Phasen, in denen kein einziges Bett mehr belegbar ist“, sagt der Sprecher der Uniklinik.

Da der Streik alle Uniklinike­n in NRW betrifft, sei die Lage in den anderen Häusern vielerorts ähnlich. Auch krebskrank­e Kinder hätten notgedrung­en an Kliniken in anderen Bundesländ­ern vermittelt werden müssen, sagt Pott. Teilweise gingen stundenlan­ge Telefonate voraus, um die erschwerte Verlegung zu organisier­en. Grund sei hier jedoch ausschließ­lich der Streik, die Klinik befinde sich in einer „absoluten Ausnahmesi­tuation“. CoronaInfe­ktionen und andere Krankheite­n spielten in der Uniklinik kaum eine Rolle. Allerdings gebe es aufgrund der Pandemie große Schwierigk­eiten, Stammzells­pender zu bekommen, da die Spenden immer wieder kurzfristi­g wegen Corona abgesagt werden müssen.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Die Kinderklin­ik im Schlossman­n-Haus des Universitä­tsklinikum­s in Düsseldorf.

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