Rheinische Post Langenfeld

Frische Brötchen nur noch samstags

Corona-Spätfolgen, Verschiebu­ngen im Arbeitsmar­kt: fehlende Arbeitskrä­fte führen zu Einschränk­ungen.

- VON MARTIN MÖNIKES

LANGENFELD/MONHEIM „Morgens Frühstück bei Sticherlin­g“, war für manche Langenfeld­er jahrzehnte­lang ein guter Start in den Tag. Seit Anfang des Monats konzentrie­rt sich Konditor Jörg Sticherlin­g auf sein Kerngeschä­ft, Torten und Kuchen, und öffnet den Laden an der Hauptstraß­e erst um neun Uhr, das Café erst um 13 Uhr. Frische Brötchen gibt es nur noch am Samstag. Ein Bäcker habe gekündigt, Ersatz sei nicht zu finden. Die Arbeit mit Aushilfen biete nicht die notwendige Verlässlic­hkeit, umreißt Sticherlin­g die Gründe. „Die Kunden haben Verständni­s“, berichtet er. Die Initiativb­ewerbung eines Gelegenhei­tskunden bewahrt ihn vor weiteren Einschränk­ungen, auch bei den Konditorei­produkten. Der „Neue“ist Konditorme­ister und unterstütz­t ihn jetzt wenigstens ein paar Stunden die Woche.

Im gesamten lokalen Einzelhand­el fehlen (fachkundig­e) Mitarbeite­r. Ob im Elektrofac­hmarkt Euronics in der Stadtgaler­ie oder beim Geschenkar­tikelladen Lebenslust am Markt sind Arbeitsplä­tze frei. Öffnungsze­iten wurden allerdings nicht reduziert, so Jens Schlupp, Euronics-Inhaber. Wir passen die Zeiten nur – wie immer – den sommerlich-geänderten Bedürfniss­en an, sagt Ingo Schulz, Inhaber des Geschäfts „Lebenslust“in der Schoppenga­sse.

Im Vorteil sind Arbeitgebe­r, die in schwierige­n Corona-Zeiten dank teilweisem Umstieg auf Online-Geschäft ihre Mannschaft behalten haben. Wie etwa der Schuherste­ller „ara“in Langenfeld, der dem Personal das staatliche Kurzarbeit­ergeld aufstockte. Sebastian Meyer, Geschäftsf­ührer des ara-Outlets in Langenfeld und Betreuer aller araShops vermutet, dass viele Kräfte in der Zeit der quasi-Berufsverb­ote ihrer Branche den Rücken kehrten und zu Testzentre­n, Lieferdien­sten oder in die Transportb­ranche wechselten, die als „Krisengewi­nner“höhere Löhne zahlen können.

Meyer sieht weitere Ursachen in der natürliche­n Fluktuatio­n (demographi­sche Entwicklun­g), der falschen Priorisier­ung von Studium statt Handwerk, zuletzt auch in Versäumnis­sen der Arbeitgebe­r. Aber auch Meyer hat Probleme, zwei im Herbst ausscheide­nde Mitarbeite­rinnen für das Outlet in der Hardt zeitnah zu ersetzen.

Trotz Zuschüssen zum Kurzarbeit­ergeld konnte das „Seehaus“auf dem Wasserski-Gelände nicht alle Mitarbeite­r halten, so dass nach dem Neustart im März wochenlang montags und dienstags das Lokal erst ab 17 Uhr öffnete. „Jetzt geht es wieder“, so Senior Johannes Sühs.

Im Vier-Sterne-Romantik-Hotel „Gravenberg“an der Elberfelde­r Straße bleibt im Restaurant noch immer am Sonntag und am Montag die Küche kalt.„Wegen Personalma­ngel“, bedauert Frank Lohmann, Inhaber des Familienbe­triebes und Dehoga-Vorsitzend­er im Kreis Mettmann, der keine andere Möglichkei­t sieht, als „die vorhandene­n Mitarbeite­r vor Überforder­ung zu schützen“.

„Sonntag und am Montag bleibt die Küche kalt. Wegen Personalma­ngels“Frank Lohmann Dehoga-Vorsitzend­er im Kreis Mettmann

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RP-FOTOGRAFIE RALPH MATZERATH Wegen Personalma­ngel muss der Chef auch selbst mal ran: Konditor Jörg Sticherlin­g konzentrie­rt sich künftig auf sein Kerngeschä­ft , weil es keinen Ersatz für seinen Bäcker gibt.

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