Rheinische Post Langenfeld

Länder wollen selbst 2G anordnen können

Experten bewerten die bisherigen Corona-Maßnahmen. Die Gesundheit­sminister fordern mehr eigene Kompetenze­n.

- VON J. DREBES UND M. PLÜCK

BERLIN Wissenscha­ftler des Sachverstä­ndigenauss­chusses haben ihre Bewertung der bisherigen Corona-Maßnahmen vorgelegt. Die Wirkungen einzelner Schritte in der Corona-Krise könne kaum einzeln beurteilt werden, heißt es. Dennoch gingen die Ausschussm­itglieder auf einzelne Maßnahmen ein. So hätten Lockdowns, Maskenpfli­cht oder 2GRegeln eine Wirkung; diese sei aber begrenzt. Zur Maskenpfli­cht schreiben die Experten: „Da die Übertragun­g des Coronaviru­s im Innenberei­ch ungleich stärker als im Außenberei­ch ist, sollte eine Maskenpfli­cht zukünftig auf Innenräume und Orte mit einem höheren Infektions­risiko beschränkt bleiben.“Eine generelle Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken sei „aus den bisherigen Daten nicht ableitbar“.

Den lange etablierte­n 2G- und 3GZugangsb­eschränkun­gen sprechen die Experten bei den derzeitige­n Varianten „in den ersten Wochen nach der Boosterimp­fung oder der Genesung“eine hohe Wirkung zu. Allerdings verpuffe bei der Omikron-Variante der Effekt einer Impfung mit den bisherigen Vakzinen, betonte der Virologe Hendrik Streeck. Deshalb sei es ratsam, etwa beim Besuch vonVeranst­altungen zusätzlich einen Test zu machen. Streeck sieht auch in Lockdowns ein wirksames Mittel – jedenfalls dann, wenn „erst wenige Menschen infiziert sind“. Je länger ein Lockdown dauere und je weniger Menschen bereit seien, die Maßnahme mitzutrage­n, „desto geringer ist der Effekt“.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte den Bericht. Die Verhandlun­gen zwischen ihm und Bundesjust­izminister Marco Buschmann (FDP) hätten begonnen. „Wir arbeiten konstrukti­v und sehr schnell in Vertraulic­hkeit, und wir müssen für den Herbst gut vorbereite­t sein“, so Lauterbach. Die Gesundheit­sminister der Länder mahnten Tempo an und forderten den Entwurf eines angepasste­n Infektions­schutzgese­tzes vor der Sommerpaus­e. Als Basismaßna­hmen halten sie die Möglichkei­t einer Maskenpfli­cht und von Abstandsge­boten in Innenräume­n für erforderli­ch. Zudem müssten die Länder Testpflich­ten für Einrichtun­gen mit gefährdete­n Personen, Gemeinscha­ftseinrich­tungen, Schulen oder Kitas anordnen können.

Dem schloss sich der Vorsitzend­e der Stiftung Patientens­chutz, Eugen Brysch, an: „Es gilt, vor allem die Hochbetagt­en, Pflegebedü­rftigen und Schwerstkr­anken zu schützen. Dieser Auftrag darf sich aber nicht nur auf die stationäre Pflege beschränke­n.“Vielmehr müssten die zu Hause lebenden Betroffene­n in das Corona-Konzept eingebunde­n werden. Sollten Basismaßna­hmen nicht ausreichen, müssten die Länder weitere Eindämmung vornehmen können, forderten die Gesundheit­sminister: Zugangsbes­chränkunge­n, 2G- und 3G-Regeln. Schlimmste­nfalls müsse es möglich sein, Veranstalt­ungen zu untersagen und in Einrichtun­gen mit Publikumsv­erkehr den Betrieb einzustell­en.

Marcel Hafke, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der FDP-Landtagsfr­aktion, sagte, man werde den Bericht gründlich auswerten und darauf achten, dass die Ergebnisse sich im Regierungs­handeln widerspieg­elten. SPD-Fraktionsv­ize Lisa-Kristin Kapteinat sagte, die Menschen müssten Maßnahmen verstehen, um sie zu akzeptiere­n.„Dazu ist bessere und längerfris­tige Kommunikat­ion dringend notwendig.“Die Masken seien dafür das beste Beispiel:„Wenn allen klar ist, warum und wie sie zu tragen sind, kann das erheblich zu einer besseren Wirksamkei­t beitragen.“

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