GOTT UND DIE WELT Herzlichkeit trotz Abneigung
Grundloser Hass ist zeitlos und leider aktuell. Es ist an uns allen, das zu ändern.
Wir haben neben Jom Kippur, dem „großen“Fasttag während der Hohen Feiertage, noch eine Reihe „kleinerer“Fasttage, jetzt bald, in zwei Wochen den Schiwa Assar beTammus, der mit Tischa beAw im Sommer verbunden ist. Diese „kleinen“Fasttage sind mit den Katastrophen der jüdischen Geschichte verbunden, vor allem der Zerstörung Jerusalems und der beiden Tempel – und damit auch der jüdischen Staatlichkeit. Doch wie kam es dazu? Im Talmud heißt es (in Joma 9b): „Warum wurde der erste Tempel zerstört? Wegen dreier Übel, die in ihm waren: Götzendienst, Unzucht und Blutvergießen. Aber warum wurde der zweite Tempel zerstört, als man doch Tora lernte, die Gebote erfüllte und Wohltätigkeit übte? Weil zu der Zeit, als der zweite Tempel stand, grundloser Hass herrschte. Dies lehrt dich, dass grundloser Hass so schwer wiegt wie Götzendienst, Unzucht und Blutvergießen zusammen.“
Dieser „grundlose Hass“ist also Auslöser allen Übels und aller Katastrophen der jüdischen Geschichte. Hass völlig ohne Grund ist leider so zeitlos wie aktuell. Jeder kennt ihn wohl nur zu gut. Er begegnet uns im Zwischenmenschlichen, wenn andere gegen uns agieren, sei es aus Neid, aus Konkurrenzdenken oder einfach aus Kaltherzigkeit. In der Gesellschaft gibt es immer noch Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit und Ausbeutung, um nur einige Beispiele zu nennen. Wladimir Putins Angriffskrieg zeigt den grundlosen Hass auf der weltpolitischen Bühne, wenn Ego und
Macht wichtiger sind als Menschenleben oder das Wohlergehen ganzer Völker und Staaten.
Raschi, der wohl berühmteste jüdische Bibelkommentator, erklärte den Ursprung des Hasses so: „Ein geläufiges Sprichwort sagt: Was du dir über deinen Nächsten vorstellst, ist, was er über dich denkt.“Es liegt also an uns, ganz direkt. Können wir auch denen herzlich begegnen, die wir nicht mögen? Wenn wir unsere Gesellschaft und diese Welt verbessern wollen, dann müssen wir bei uns anfangen.