Corona-Politik von oben herab
Über nichts ist in den vergangenen Jahren in Politik und Gesellschaft so gestritten worden wie über die Corona-Maßnahmen. Vom Expertengremium, das am Freitag sein Gutachten veröffentlichte, erhofften sich Befürworter und Gegner von Maßnahmen jeweils rückwirkend Legitimation. Die Wissenschaftler kamen dann zu einer gemischten Bewertung – in Schulnoten ausgedrückt: vielleicht eine Drei minus oder eine Vier plus. Am Ende bleibt, was einem eigentlich auch der gesunde Menschenverstand spontan sagt: Maßnahmen sind nur so gut, wie sie kommuniziert und von der Bevölkerung mitgetragen werden. Kleinteilige 2G- und 3G-Regelungen haben nicht den gewünschten Impfanreiz geboten; die Maskenpflicht hat nur Sinn, wenn sie befolgt wird und die Masken richtig getragen werden. Lockdowns verhindern Infektionen, wenn Menschen Kontakte zu anderen meiden. Das verordnete Herunterfahren sozialer Kontakte ist aber auch nur so lange sinnvoll, wie Bürger nicht den Glauben an den Sinn der Maßnahmen verlieren. Mit anderen Worten: Der Maßnahmenwust in den einzelnen Bundesländern war nicht der Weisheit letzter Schluss.
Die Politik wird sich aus dem Bericht vermutlich jeweils das herausgreifen, was der eigenen Linie am nächsten kommt. Die Kommunikation von Maßnahmen müssen sich allerdings die Bundes- und die Landesebene gleichermaßen vornehmen. Ein Dozieren von oben herab erreicht die Menschen offenbar nicht. Die Kommission ließ zudem zwar die genaue Wirksamkeit der insgesamt 38 Wochen dauernden Schulschließungen auf das Infektionsgeschehen offen. Deutlich wurde aber, dass die Auswirkungen auf Kinder und Teenager, die ihre Freunde nicht sehen und nur digital lernen, negativ sind. An dieser Bewertung der Wissenschaft werden sich die Kultusminister künftig messen lassen müssen.