Lindner mahnt zur Sparsamkeit
Der Finanzminister ist entschlossen, 2023 wieder die Schuldenbremse einzuhalten. Sein Etat sei krisenfest, sagt er bei der Vorstellung des Haushalts.
BERLIN Christian Lindner spricht selten davon, dass er viel Arbeit hatte. Am Freitag macht der Bundesfinanzminister eine Ausnahme.„Hinter den Kollegen im Kabinett und auch hinter uns liegen harte Wochen“, sagt er bei der Vorstellung des Bundeshaushalts 2023. Er habe allein 16 Ministergespräche geführt, unzählige weitere auf anderen Ebenen.„Es war ein besonderes Aufstellungsverfahren“, sagt der FDP-Chef.
Seine Bemühungen hatten vor allem ein Ziel: Erstmals seit 2019 soll 2023 wieder die von der Verfassung vorgeschriebene Schuldenbremse eingehalten werden – und das vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine, der Pandemie, der Inflation, der weltweiten Lieferkettenprobleme und wachsender Konjunktursorgen. Lindner will einlösen, was er seinen Wählern versprochen hat und was er in den Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen durchgesetzt hatte. Auf dem Papier tut er das jetzt. Es ist ein wichtiges Etappenziel für den FDP-Chef.
Von knapp 140 Milliarden soll die Neuverschuldung auf nur noch 17,2 Milliarden Euro im kommenden Jahr zusammenschnurren. Davon müsse man 7,3 Milliarden Euro noch abziehen, weil es sich um Darlehen des Bundes handele, die nicht auf die Schuldenbremse anzurechnen seien, sagt Lindner. Das Defizit sinkt damit auf 9,9 Milliarden Euro, womit die Vorgaben der Schuldenbremse exakt eingehalten werden. Denn das Grundgesetz schreibt ja kein Defizit von null vor, sondern lässt noch ein MiniDefizit von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung zu.
Lindner erreicht die Zielmarke nach eigener Aussage durch Konsolidierung, also Kürzungen im Haushalt. Die Ausgaben würden von 2022 auf 2023 um rund 50 auf 445 Milliarden Euro gesenkt, sagt der Minister.
Sieben Ministerien habe er klarmachen müssen, dass ihre Ausgaben 2023 nicht steigen, sondern sinken müssten, was nicht gerade leicht gewesen sei, berichtet er. Entgegen kam ihm dabei, dass nach aktueller Einschätzung der Bundesregierung die Corona-Pandemie ihren Höhepunkt überschritten hat.
Dass die Schuldenbremse zumindest vorerst eingehalten werden kann, liegt an einer Rücklage, die schon Lindners Vor-Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) anlegen ließ und in der heute 48 Milliarden Euro liegen. 40 Milliarden davon nimmt Lindner für 2023 heraus. Die Union kritisiert, das sei unsolide Finanzpolitik, Lindner weist das zurück.
Die Frage aller Fragen ist, ob der Finanzminister seine Linie auch dann durchhalten kann, wenn sich im Jahresverlauf die Krisen zuspitzen, mehr Geld für die nationale Energieversorgung oder neue Entlastungspakete ausgegeben werden muss oder weniger Steuern reinkommen. Auch dafür habe er vorgesorgt, sagt Lindner. Für unvorhergesehene Zusatzausgaben hat er einen Puffer von fünf Milliarden Euro eingeplant, für Mindereinnahmen einen weiteren von knapp zehn
Milliarden Euro. Für ein drittes Entlastungspaket wegen der hohen Inflation sieht Lindner – abgesehen vom Abbau der kalten Progression – keinen finanziellen Spielraum. „Wir können uns zusätzliche Schulden schlicht nicht leisten“, sagt er. Sein Haushalt sei das Signal an die Europäische Zentralbank, dass sie bei ihrer Zinspolitik auf die deutschen Staatsfinanzen keine Rücksicht nehmen müsse.
Und schließlich wolle auch der Bundeskanzler die Schuldenbremse 2023 einhalten, und der habe schließlich die Richtlinienkompetenz, so Lindners letztes Argument. Seine Reputation steht und fällt am Ende mit Olaf Scholz.