Talent ist bei Bayers Transfers nicht alles
Bayer Leverkusen sticht in Verhandlungen immer wieder finanzkräftigere Klubs aus. Ein Grund ist, dass der Werksklub mehr als Geld zu bieten hat. Zudem achtet Sportgeschäftsführer Simon Rolfes bei Zugängen auf bestimmte Eigenschaften.
LEVERKUSEN Moussa Diaby, Edmond Tapsoba, Exequiel Palacios, Florian Wirtz, Jeremie Frimpong, Piero Hincapie – Bayer hat in den vergangenen Jahren mit Transfers junger Top-Talente für Aufsehen gesorgt. Der Werksklub steht für schnellen, temporeichen, technisch anspruchsvollen Offensivfußball. Umgesetzt wird die Maxime von außergewöhnlich begabten, aber oft noch eher unerfahrenen Profis. Für Simon Rolfes ist das zumindest ein Teil der Strategie, wenn es um Zugänge geht. Doch das Talent ist nicht das einzige Kriterium.
„Ich will Spieler haben, die für ihre Karriere und ihre Entwicklung brennen“, betont Bayers Sportgeschäftsführer. „Sie müssen angreifen wollen.“Umgangssprachlich würde man das wohl als Hunger auf Erfolg bezeichnen – und die Werkself bietet ehrgeizigen Jungprofis ideale Rahmenbedingungen, um sich in einem vergleichsweise ruhigen Umfeld auf hohem Niveau zu entwickeln. Das gilt umso mehr in der kommenden Saison, wenn sich Leverkusen in der Champions League mit den besten Mannschaften Europas messen kann.
Rolfes sieht darin einen Wettbewerbsvorteil im Ringen um Zugänge. Top-Talente stehen natürlich stets auch bei anderen Klubs im Fokus, doch Bayer punktet in Verhandlungen mit der Perspektive und kann dabei auf prominente Beispiele wie etwa Kai Havertz verweisen. Das hilft dabei, finanzstärkere Klubs auszubooten. „Ich finde immer wichtig, dass die Spieler ihre Situation realistisch einschätzen, aber auch wertschätzen, was sie bei Bayer haben – und mit uns zusammen maximal ambitioniert sind“, sagt Rolfes. Die Chance bei Bayer steche bisweilen auch das Finanzielle aus.„Ich glaube, dass wir uns in den letzten Jahren ein klares Profil am Markt erarbeitet haben. Nicht nur, weil wir sehr klar wissen, was wir für Spieler suchen, sondern auch, weil die Spieler sehen, was für Möglichkeiten sie bei uns haben. Sie verdie
nen alle gut, aber das Monetäre darf nicht die große Rolle spielen.“
Der bislang einzige Zugang in diesem Sommer ist Adam Hlozek. Der 19-jährige Tscheche kommt von Sparta Prag, gilt als riesiges Talent und ist in der Offensive variabel einsetzbar. An der Seite seines Landsmanns Patrik Schick soll der Angreifer bei Bayer den nächsten Schritt machen. „Adam hat eine großartige Perspektive, aber er kommt aus einer kleineren Liga. Wir müssen schauen, wie schnell er sich anpassen kann.“Tempo, Intensität, Physis, Taktik – für Hlozek gibt es in der Bundesliga freilich viele verschiedene Herausforderungen, denen
er sich in neuer Umgebung stellen muss, um als Profi zu wachsen. „In Prag war er der absolute Top-Mann seiner Mannschaft und hat schon viel Verantwortung getragen. Er ist sehr flexibel und ein Top-Zugang für unsere Offensive“, ist Rolfes überzeugt.
In Leverkusen soll er nun an der Seite von gestandenen Nationalspielern und anderen Talenten seine nächsten Schritte gehen. Auch das ist bei Verhandlungen ein Pluspunkt: Bayer bietet nicht nur Perspektive und ideale Bedingungen, sondern auch ein Team, in dem junge Profis reifen können. „Sie spüren, dass hier etwas entsteht und wir uns um sie kümmern“, sagt Rolfes. „Damit ist nicht gemeint, dass wir ihnen das Leben angenehm machen. Wir arbeiten individuell mit ihnen und fordern sie.“Mit dieser Kombination aus verschiedenen Vorzügen sei Leverkusen bei Transfers bestimmter Spieler international konkurrenzfähig, auch im Vergleich zu deutlich finanzstärkeren Klubs.
Und wenn entgegen der erklärten Zielsetzung, die Schlüsselspieler möglichst lange zu halten, doch einer wechselt, spült das entsprechende Mittel in die Kassen, um den Abgang zu kompensieren – oder das nächste hungrige Top-Talent nach Leverkusen zu holen.