Rheinische Post Langenfeld

„The Voice“wird 80

Dieter Bierbaum war 34 Jahre lang Fortunas Stadionspr­echer.

- VON ANDREAS GÖTZ

Spricht Deutschlan­d über „The Voice“, könnte man vermuten, dass das Fernsehfor­mat„TheVoice of Germany“mit einer neuen Staffel aufwartet. In Düsseldorf ist das Mitnichten so. „The Voice“hat in der Landeshaup­tstadt Kultstatus, den die Düsseldorf­er mit Fortuna und vielen tollen Momenten im Rheinstadi­on in Verbindung bringen. „The Voice“, das ist Dieter Bierbaum, und Dieter Bierbaum ist „The Voice“.

34 Jahre lang ertönte Dieter Bierbaums markante Stimme bei den Heimspiele­n der Fortuna. Unglaublic­h 619 Pflichtspi­ele lang moderierte er stets auf Seriosität bedachte Mann am Mikrofon die Fans durch die Spiele der Fortuna.

Am heutigen Samstag wird Dieter Bierbaum 80 Jahre. Fortuna trägt er natürlich weiterhin in seinem Herzen, auch wenn sein Abschied als Stimme des Rheinstadi­ons im Januar 2005 einen bitteren Beigeschma­ck hatte.

DasWort Urgestein wirkt ein wenig abgedrosch­en und doch trifft es auf Dieter Bierbaum zu. Der gebürtige Osteroder kam als Jugendlich­er nach Düsseldorf und trat auch schon bald dem Traditions­klub aus Flingern bei. Das war 1956. Bierbaum spielte einige Jahre im Nachwuchs der Fortuna und verwuchs in den kommenden Jahrzehnte­n immer mehr mit dem Verein.

Dass es dem gelernten Industriek­aufmann mit der sonoren Stimme, nie an Sprachgewa­ndtheit fehlte, spiegelt sich auch in seinem berufliche­n Werdegang wider. Ende der 60ziger Jahre war Bierbaum persönlich­er Referent des Vizekanzle­rs Erich Mende (FDP). Später arbeitete er für den Deutschen Fußball-Bund. 1974 fungierte er als Außenstell­enleiter für die Weltmeiste­rschaft in Deutschlan­d. Anschließe­nd versuchte er sich als Manager bei Hertha BSC Berlin und dem damaligen Zweitligis­ten Schwarz-Weiß Essen (1976). Doch seine Wurzeln blieben stets in seiner zweiten Heimat am Rhein und bei seiner Liebe Fortuna Düsseldorf.

Nach dem Bundesliga-Aufstieg 1971 wurde Bierbaum zum Stadionspr­echer der Fortuna. Seine stets fachliche Kompetenz und sein Gespür für die Situation zeichneten den Mann mit der Stoppuhr über Jahrzehnte hinweg aus. 1995 ernannte ihn Fortuna, anlässlich seines 500. Spiels, zum Ehrenmitgl­ied und bedankte sich mit einem vergoldete­n Mikrofon, für die geleistete Arbeit.

Beruflich gab es allerdings auch

Rückschläg­e für den Träger sämtlicher Ehrennadel­n der Fortuna. So machten sich nicht wenige lustig darüber, dass Fortuna 1995 einen Arbeitslos­en im Beirat sitzen hatte, nachdem Bierbaum seine LottoAnnah­mestelle in Gerresheim schließen musste.

Sein Spiel Nummer 600, am 12. März 2004, war ausgerechn­et gegen seinen alten Arbeitgebe­r SW Essen, in den Untiefen der Oberliga, doch auch davon ließ sich„TheVoice“damals nicht schocken.

Doch plötzlich war nichts mehr wie es war. Im Hintergrun­d wurde vielleicht unbewusst, aber doch still und heimlich, an Bierbaums Thron gesägt. Schon beim legendären Mythos-Spiel (2003) setzte man lieber auf Comedian Dieter Nuhr, beim Pre-Opening der Arena (2004) hörten die Fans Bierbaum plötzlich nicht mehr allein ins Mikro hauchen. Ein Schock war für Bierbaum, dass das Eröffnungs­spiel in der Arena gegen den FC Bayern München von Radiomoder­ator Christian Zeelen begleitet werden sollte. Das war zu viel für ihn – kurz entschloss­en, verbittert und enttäuscht kündigte er am 18. Januar 2005 per Pressemitt­eilung seinen sofortigen Rücktritt als Stadionspr­echer an.

Doch wahre Liebe hält auch den größten Krisen stand, und so ist das Geburtstag­skind längst wieder mit seiner Fortuna per Du – doch vergessen wird er die Tage im Januar 2005 wohl nicht. Eines ist aber so sicher wie sein Geburtstag: Dieter Bierbaum wird bis in alle Ewigkeit „The Voice of Fortuna“bleiben.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Fortunas Sprecherle­gende Dieter Bierbaum.

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