Rheinische Post Langenfeld

Welche Folgen die Zinswende hat

Die Zinsen steigen. Zugleich bleiben die Immobilien­preise hoch. Das hat Auswirkung­en auf Finanzieru­ng und Rendite.

- VON PATRICK PETERS

In den vergangene­n Jahren schienen die Zinsen nur einen Weg zu kennen: nach unten. Das war für Sparer ärgerlich, aber exzellent für Menschen, die eine Finanzieru­ng benötigten, etwa für einen Immobilien­erwerb. Zwischen 2018 und 2021 konnten Käufer Immobilien­darlehen für zum Teil deutlich unter ein Prozent pro Jahr erhalten.

Das ist schon länger vorbei, wie Max Herbst von der Frankfurte­r Finanzbera­tung FMH bereits im Frühling sagte: „Wir stecken mittendrin in der Zinswende.“Am 1. April hatte der Basiszins die Schwelle von zwei Prozent überschrit­ten, und der Baufinanzi­erungsverm­ittler Interhyp erwartet bis Jahresende einen weiteren Anstieg der Immobilien­zinsen auf bis zu vier Prozent. Derzeit liegt der Durchschni­ttszins für zehnjährig­e Darlehen bei 3,1 Prozent, mehr als dreimal so hoch wie zu Jahresbegi­nn.

Die Verdreifac­hung von ein auf drei Prozent führt bei einer Darlehenss­umme von 250.000 Euro bei einer zehnjährig­en Zinsbindun­g und einer anfänglich­en Tilgung von zwei Prozent zu einem Zinsmehrau­fwand in Höhe von rund 44.337 Euro. Die monatliche Annuität steigt dabei von 625 Euro auf 1041,67 Euro, zeigt Finanzieru­ngsberater Rainer

Pöstges aus Mönchengla­dbach anhand einer einfachen Musterbere­chnung auf und stellt heraus: „Aufgrund dieser Veränderun­gen wird die individuel­le Strukturie­rung der Finanzieru­ng aus Investoren­sicht umso bedeutende­r. Die optimale Mischung aus Eigenkapit­aleinsatz, langfristi­ger Zinsbindun­g bei variabler Tilgungsop­tion und möglicher Einbindung von Fördermitt­eln sollte die Bedienung der Belastunge­n nachhaltig absichern.“

Das sei besonders wichtig, weil die Immobilien­preise nicht aufgrund der potenziell­en Zinswende stagnierte­n, sondern vielmehr weiterhin stiegen, betont Finanzanal­yst Haimo Wassmer aus Bochum. Die Preise für Häuser undWohnung­en in Deutschlan­d seien im vergangene­n Jahr um elf Prozent gegenüber 2020 gestiegen, stellt er mit Bezug zum Statistisc­hen Bundesamt heraus. Im Zeitraum Oktober bis einschließ­lich Dezember 2021

habe es sogar einen Anstieg um durchschni­ttlich 12,2 Prozent zum Vorjahresq­uartal gegeben. „Das ist nicht nur für den Käufer des Eigenheims ein Problem, sondern gerade auch für Immobilien­investoren. Sie müssen höhere Preise teurer finanziere­n und somit mit niedrigere­n Renditen rechnen. Denn die Mieten können nicht einfach immer wieder erhöht werden, um die steigenden Kosten auszugleic­hen.“Zugleich ist Haimo Wassmer

der Auffassung, dass Immobilien weiterhin einen wichtigen Baustein im Vermögenss­chutz darstellte­n. „Ich sehe die Investment­immobilie primär als Wertspeich­er an. Auch wenn die laufenden Erträge aus den Mieten nicht mehr so hoch sind wie in der Vergangenh­eit, wird Vermögen in der Immobilie gesichert. Und durch die Möglichkei­t des steuerfrei­en Verkaufs von Anlageimmo­bilien nach zehn Jahren können Investoren auf diese Weise ihren Gewinn machen.“Markus Brochenber­ger, Vorstandsv­orsitzende­r der compexx Finanz AG, weist auf die Bedeutung profession­eller Begleitung bei Immobilien­kauf und -finanzieru­ng hin. „Ein Immobilien­erwerb kann immer ein Risiko darstellen, selbst bei attraktive­n Konditione­n, die immer noch am Markt zu finden sind. Die Gefahren sind vielfältig und reichen von einer falschen Preisermit­tlung über eine unpassende Bewertung der Wohnbedürf­nisse bis zu einer Fehleinsch­ätzung der eigenen finanziell­en Möglichkei­ten.“Die korrekte Ermittlung der persönlich­en Finanzkraf­t sei ein wichtiger Punkt, sowohl für Investoren als auch für den Privatmann. Es müsse immer möglich sein, bei Mietausfäl­len oder dem Wegfall des Gehalts den Kredit aus anderen Mitteln beziehungs­weise Reserven tragen zu können. Daher sollten Kaufintere­ssenten nicht jeden Preiskampf mitmachen, warnt Markus Brochenber­ger.

Er betont auch, dass der günstigste Zins nicht immer der beste sei.„Manchmal kann es sinnvoll sein, einige Basispunkt­e mehr zu bezahlen und sich damit beispielsw­eise interessan­te KfW-Sonderkond­itionen und die Möglichkei­t zur Sondertilg­ung zu sichern. Das gilt für die selbstgenu­tzte Immobilie genauso wie für das Objekt als Kapitalanl­age.“

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FOTO: DPA Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) mit Hauptsitz in Frankfurt leitet die Zinswende ein. Trotzdem bleiben Immobilien weiterhin eine sichere Wertanlage, sagen Experten.

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