Rheinische Post Langenfeld

Thomas Beckmann ist gestorben

Der Cellist spielte für Wohnungslo­se und gegen die AfD. Er wurde 65 Jahre alt.

- VON BRIGITTE PAVETIC UND STEFANI GEILHAUSEN

DÜSSELDORF Der Cellist und Obdachlose­n-Aktivist Thomas Beckmann ist am vergangene­n Freitag im Alter von 65 Jahren gestorben. Das bestätigte seineWitwe Kayoko Beckmann unserer Redaktion. Er hatte lange im Wachkoma gelegen, war am Ende aber wieder erwacht, wie sie sagt. Das sei auch sein größter Wunsch gewesen. „Wenn ich sterbe, muss ich wissen, wer ich bin“, soll Beckmann ihr früher gesagt haben. Beckmann war schon länger sehr krank. „Er hatte sich seine Seele und Persönlich­keit zurückerob­ert“, sagte Kayoko Beckmann gefasst. Insgesamt sei der Künstler in so einem guten Zustand gewesen, dass alle Hoffnung gehabt hätten, er werde noch länger leben.

Beckmann machte zeit seines Lebens auch viele Schlagzeil­en: Vehement hatte er sich gegen seinen Auszug aus dem sanierungs­bedürftige­n Schumann-Haus gewehrt, wo er lange gelebt hatte. Das alles sorgte für viel Aufsehen. Schließlic­h einigte er sich mit der Stadt, dass er im Ratinger Tor bleiben könne. In das

Wohnhaus in der Carlstadt, in dem das Komponiste­npaar Clara und Robert Schumann seinen letzten gemeinsame­n Wohnsitz hatte, kehrte Beckmann somit nie zurück. Im April war er 65 Jahre alt geworden.

2013 war ihm etwa das Bundesverd­ienstkreuz verliehen worden, für die Initiative zur Obdachlose­nhilfe, die er selbst gegründet hatte. Für sie war er jahrelang unermüdlic­h unterwegs, gab Konzerte, um mit dem eingespiel­ten Geld die örtlichen Obdachlose­nhilfen zu unterstütz­en. Im Januar 2015 ging er auf die Straße, als sich sogenannte Islamkriti­ker aufmachten, um jeden Montag im Bahnhofsvi­ertel fremdenfei­ndliche Parolen zu brüllen.

Beckmann nahm sein Cello und setzte sich mitten hinein in Demo und Gegendemo. Er habe sich in „die Höhle der Löwen gewagt“, sagte er später, um ein Zeichen zu setzen, einen Beitrag zur Versöhnung der Gesellscha­ft zu leisten. Dass dieser Beitrag im Gebrüll der Rechtsextr­emisten beinahe unterging, focht den Musiker nicht an. Er fürchtete nur ein wenig um sein kostbares Cello: „Man muss jetzt das Herz in beide Hände nehmen. Feigheit ist hier fehl am Platz“, sagte er. Und als zwei Jahre später die AfD ihren Wahlkampf im Düsseldorf­er Henkelsaal eröffnete, war Beckmann mit dem Cello wieder dabei. Mitten in den Reihen der demonstrie­renden AfD-Gegner wiederholt­e er stoisch drei Töne auf seinem Instrument: A, F und D. „Das ist d-Moll, und ich spiele es so schräg wie möglich“, erklärte er.

Die Familie plant eine „musikalisc­he Trauerfeie­r“, wie Kayoko Beckmann sagt. Er sei nun heimgegang­en ins Licht, wie Thomas Beckmanns Familie erklärt.

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FOTO: HJB Thomas Beckmann wohnte im Düsseldorf­er Schumann-Haus.

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