„In dem ganzen Unglück ist auch Kunst entstanden!“
Die Leichlinger Künstlerin Birgit Honné zeigt ihre geretteten Bilder in noch von der Flut gezeichneten Räumen.
LEICHLINGEN (mkl) „Findet das
Glück!“Mit dieser Aufforderung lädt Kunsttherapeutin Birgit Honné Kinder und Erwachsene in ihr Atelier ein, wo jeder nach einer kreativen Zeit zu sich selbst findet und ein Stückchen Glück mit nach Hause nehmen kann. Jetzt sucht die Künstlerin selbst wieder dieses Glück, nach einem Ausnahme-Jahr.
Die Flut im Juli 2021 hat Birgit Honné schwer getroffen: Nicht nur das Atelier-Häuschen, sondern auch dasWohnhaus an der Neukirchener Straße standen 1,70 Meter hoch unter Wasser. Fertige Bilder und Assemblagen, Leinwände und Malutensilien schwammen im Wasser. Nach mehr als einem Jahr sind die Sanierungsarbeiten noch keineswegs so weit fortgeschritten, dass sie vernünftig arbeiten, geschweige denn Kunst-Gruppen zu sich einladen könnte. Der Estrich ist herausgerissen und der abgeschlagene Putz an den Wänden markiert noch genau die Höhe des Wasserstandes. Es wird noch eine Weile dauern, bis alle Leitungen wieder verlegt, Mauern und Fußböden hergerichtet und neue Türen eingebaut sind.
Aber Birgit Honné will sich nicht entmutigen lassen und hat sich deswegen für eine Ausstellung mitten in der Baustellen-Atmosphäre entschieden. Viele ihrer Werke waren nicht mehr zu retten nach Tagen im Wasser. Andere hat sie gesäubert, getrocknet und an die Wand gehängt. Nicht wie sonst an feinen Nylonschnüren, sondern über Nägel gestülpt, die sie einfach in die Wände geklopft hat - mit Augenmaß und ohne Zollstock. Etwa 60 Acrylbilder, Reprografien, Fotografien und Assemblagen sind im Erdgeschoss desWohnhauses zu sehen.„Das war zum Glück nur gewerblich genutzt“, sagt die Künstlerin, die mit ihrer Familie die oberen Etagen bewohnt.
Die Bilder an den Wänden zeugen von der Vielseitigkeit und Experimentierfreudigkeit der Künstlerin, die alles Mögliche versucht. Auch mit geschlossenen Augen zu malen, jedenfalls bis zum endgültigen Finish. Vieles musste sie entsorgen, anderes hat sie vor einem Jahr für einen guten Zweck auf ebay versteigert. Jetzt sind es immer nur Einzelstücke oder wenige Werke, die von einer Gruppe oder Serie übrig blieben. Die Titel, manchmal auch die Geschichte hinter dem Bild, hat sie einfach daneben auf die Wand geschrieben. Grundsätzlich hat sie etwas übrig für industriellen Stil, kann dem Unfertigen seinen Charme abgewinnen.„In dem ganzen Unglück ist auch Kunst entstanden“, blickt sie nun konsequent nach vorne. Und sie konnte auf diese Weise das persönliche Schicksal verarbeiten. „Auf zu neuen Ufern“hat sie als Titel über diese Ausstellung mit morbidem Charme geschrieben. Hört sich etwas makaber an, ist aber durchaus ernst gemeint. Denn den Zwang zum Neuanfang will sie als Chance nutzen, einiges räumlich zu verändern. Wenn endlich alles fertig ist, wird das dreiteilige Atelierhäuschen vorne für Kurse hergerichtet sein und hinter einem Ausstellungsraum wird Birgit Honné ihre eigene Malwerkstatt einrichten.
Die Besichtigung der besonderen Kunstausstellung an der Neukirchener Straße 42 ist täglich ab 16 Uhr nach telefonischer Anmeldung unter 0177 9386232 oder per E-Mail an grohbi@netcologne.de möglich.