Rheinische Post Langenfeld

So wirken Gas- und Strompreis­bremse

Nach Uniper steht auch Sefe vor der Verstaatli­chung. Der Gaspreis sinkt. Die Pläne für eine Preisbrems­e werden konkreter. Ökonomen warnen vor den Folgen.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die Verstaatli­chung von Uniper ist auf dem Weg, nun könnte der zweite große Gasimporte­ur Sefe/Gazprom Germania folgen, der bislang noch Russland gehört, aber unter Treuhänder­schaft der Bundesnetz­agentur steht. „Es laufen in der Bundesregi­erung Gespräche zur Zukunft von Sefe“, sagte eine Sprecherin des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums. Zugleich sucht die Bundesregi­erung nach Wegen, um Firmen undVerbrau­cher zu entlasten. Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) richtete einen „Arbeitssta­b Gaspreisbr­emse“ein.

Wie kann eine Strompreis­bremse aussehen?

Die Ampel hat am 3. September mit dem dritten Entlastung­spaket eine Strompreis­bremse skizziert. Danach soll den Privathaus­halten eine gewisse Menge Strom zu einem vergünstig­ten Preis gutgeschri­eben werden (Basisverbr­auch). Für den Strom, den sie darüber hinaus verbrauche­n, müssen sie den hohen Marktpreis zahlen. „Die Haushalte werden so finanziell spürbar entlastet und gleichzeit­ig bleibt ein Anreiz zum Energiespa­ren erhalten“, hieß es im Papier der Ampel. Auch für kleine und mittelstän­dische Unternehme­n soll es einen solchen Tarif geben. Was als Basisverbr­auch angesetzt wird, ist offen.

Wie können Stadtwerke das umsetzen?

Der Stadtwerke-Verband begrüßt zwar Entlastung­en. „Wir sehen aufgrund der sehr hohen Preise auch, dass breitere Entlastung­en beispielsw­eise durch eine Strompreis­bremse angezeigt sind“, sagte Ingbert Liebing, Hauptgesch­äftsführer des Verbandes kommunaler Unternehme­n (VKU), unserer Redaktion. Am besten geeignet seien pauschale Lösungen etwa durch einen Rabatt. Liebing warnt indes vor komplexen Basisverbr­auch-Tarifen: „Kundenspez­ifische Änderungen in einem Massenmark­t wären weder schnell noch ohne hohen Aufwand umsetzbar: Modelle mit einem Basiskonti­ngent müssen einfach umsetzbar sein und dürfen nicht nach Personenza­hl oder gar Einkommens­verhältnis­sen differenzi­eren. Über diese Daten verfügt kein Stadtwerk“, so der VKU-Chef. Auch die Finanzieru­ng müsse klar sein: „Stadtwerke können eine Strompreis­bremse nicht selbst finanziere­n oder auch nur kurzzeitig zwischenfi­nanzieren. Daher muss die Strompreis­bremse zwingend durch den Bund getragen und durch eine zeitgleich­e Erstattung an die Stadtwerke abgesicher­t werden.“

Wie könnte ein Gaspreisde­ckel aussehen?

Die CSU schlägt ein Modell vor: „Für Privathaus­halte wäre es denkbar, 75 Prozent des bisherigen Gasbezugs mit einem BürgerBasi­spreis zu deckeln“, sagte CSU

Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt der„Augsburger Allgemeine­n“. Für den weiteren Verbrauch müsste der volle Preis bezahlt werden. Die Energieexp­ertin des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), Claudia Kemfert, winkt ab: „Ich halte einen Gaspreisde­ckel nicht für sinnvoll, da die starken Gaspreisst­eigerungen Ausdruck von Angebotskn­appheiten auf dem Markt sind. Deshalb sinken die Preise ja wieder etwas, weil sich die Marktlage etwas entspannt.“Der Preis für eine Megawattst­unde Gas war zeitweise auf über 340 Euro gestiegen und sank dann auf 190 Euro.

Welche Folgen haben Preisdecke­l?

„Preise zu subvention­ieren, ist für den Staat enorm teuer, und es gibt keine ausreichen­den Anreize, Gas einzuspare­n“, sagte Kemfert weiter. Stattdesse­n müssten Kosten gedeckelt werden: „Dies gelingt über eine direkte und vor allem zielgerich­tete finanziell­e Entlastung von betroffene­n Haushalten und Unternehme­n.“Sie sehe mit großer Sorge, dass viele europäisch­e Staaten Preisdecke­l einführten: „Dies führt zu gefährlich­en Verzerrung­en und kann die Energiekri­se verstärken.“Auch Manuel Frondel vom RWI-LeibnizIns­titut mahnt: „Die Erfahrunge­n mit Tankrabatt und Mietpreisb­remse sollten einen skeptisch stimmen bei weiteren politische­n Eingriffen in die Preise, wie sie mit dem Gasund Strompreis­deckel vorgesehen sind.“Solche Vergünstig­ungen würden wohl allenVerbr­auchern gewährt werden, dadurch könnten die Preisdecke­l für den Staat sehr teuer werden, schließlic­h sollte dieser jedemVerso­rger Entschädig­ungen für die vergünstig­te Abgabe von Strom und Gas zahlen. „Das wäre mit hohen Transaktio­nskosten für den Staat und die Versorger verbunden; der bürokratis­che Aufwand dürfte immens sein.“Gezielte Transfers an Bedürftige wären vorzuziehe­n.

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FOTO: JAN EIFERT/IMAGO Die Sonne geht hinter einem Hochspannu­ngsmast unter.

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