Rheinische Post Langenfeld

Pendeln als Sparmodell für Wohnungsbe­sitzer

In Düsseldorf sind die Preise deutlich höher als im direkten Umland. Also ziehen viele aufs Land und fahren zum Arbeitspla­tz.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Die Bauzinsen sind merklich gestiegen, das Autofahren ist wegen des starken Anstiegs der Spritpreis­e seit dem Beginn des Ukraine-Krieges ebenfalls deutlich teurer geworden. Zudem sind die Immobilien­preise auch im Speckgürte­l der Großstädte deutlich gestiegen. Und doch lässt sich beim Kauf einer Wohnung außerhalb Düsseldorf­s noch Geld sparen, auch wenn man gleichzeit­ig in der Landeshaup­tstadt arbeitet.

Zu dieser Erkenntnis kommt das Hamburgisc­he Weltwirtsc­haftsinsti­tut (HWWI) in seinem Wohnatlas, den es im Auftrag der Postbank erstellt hat. In der Landeshaup­tstadt kostet der Quadratmet­er für eine Wohnung aus dem Bestand im Durchschni­tt nach HWWI-Angaben 5361 Euro. Die Durchschni­ttspreise in den Umlandkrei­sen lägen mindestens 2250 Euro niedriger. Das sind zwar Preise aus dem vergangene­n Jahr, aber der Tenor bleibt gleich, weil die Preise fast überall gestiegen sind – im Zweifel in Metropolen wie Düsseldorf noch stärker als im Umland.

Natürlich entstehen für jene, die aus dem Umland mit dem eigenen Pkw oder dem öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) nach Düsseldorf pendeln, zusätzlich­e Kosten. Und auch der Zeitaufwan­d ist womöglich deutlich größer, als wenn man in der Landeshaup­tstadt wohnen würde, und er verursacht Opportunit­ätskosten. Diesen Aufwand haben die Forscher mit einem Bruttoentg­elt von 27,91 Euro je Stunde angesetzt. Die Kilometerk­osten wurden fürs Auto mit 45 Cent (ab dem 21. Kilometer 43 Cent) angesetzt, womit die höheren Energiepre­ise einkalkuli­ert sind. Die ÖPNVKosten wurden auf zwölf Cent je Kilometer veranschla­gt.

Der Postbank-Wohnatlas zeigt nun, „wie viele Jahre sich der Immobilien­erwerb im Umland rech

net und wann der Kostenvort­eil durch das Pendeln aufgezehrt ist“, wie die Autoren schreiben. Fazit: Das Pendeln lohnt sich umso eher, je mehr man öffentlich­e Verkehrsmi­ttel nutzt, und auch wenn es um eine verkehrsgü­nstige Wohnung außerhalb Düsseldorf­s geht (dafür wurde ein Preisaufsc­hlag von 20 Prozent einbezogen). Was den Nahverkehr angeht: „Die Preise für den ÖPNV werden künftig weniger stark steigen als jene für die Nutzung des eigenen Pkw“, meint HWWI-Expertin Dörte Nitt-Drießelman­n. Der Nahverkehr müsse schon wegen des

Klimawande­ls attraktive­r gemacht werden.

Die Rechnung, die die Studienaut­oren aufgemacht haben: Man vergleiche den Kauf einer durchschni­ttlich teuren 70-Quadratmet­er-Wohnung sowie einer 120-Quadratmet­er-Wohnung in Düsseldorf mit dem Erwerb einer Wohnung in den gleichen Größenordn­ungen im Kreis Mettmann, im Rhein-Kreis Neuss oder in Duisburg. Eingerechn­et wurden alle Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern, sodass es 18 Alternativ­en zu Düsseldorf gibt.

Ergebnis: Pendler können das am längsten machen, wenn sie sich eine Wohnung in Duisburg leisten. Dort kostet der Quadratmet­er Wohnung nämlich im Schnitt nur 1827 Euro, also etwa 3500 Euro weniger als in Düsseldorf. Allein der Kaufpreis macht bei einer 70-Quadratmet­erImmobili­e also schon fast 250.000 Euro Unterschie­d aus. Dazu kommt die entspreche­nd höhere Grunderwer­bsteuer. Bis man diese zusätzlich­en Kosten sozusagen verfahren hat, dauert es eine ganze Weile.

„Das Homeoffice hat das Pendeln noch einmal attraktive­r gemacht“, sagt Nitt-Drießelman­n.

Wer beispielsw­eise nur noch drei Tage nach Düsseldorf muss/will und zwei Tage von zu Hause aus arbeiten kann, spart natürlich bei den Kosten fürs Pendeln auch noch mal deutlich. Und gerade Jobs in der NRWHauptst­adt sind dafür vielfach prädestini­ert: „In den Metropolen sind etwa 50 Prozent der Arbeitsplä­tze homeoffice­fähig. Das hängt mit der immer stärkeren Entwicklun­g Deutschlan­ds zur wissensbas­ierten Dienstleis­tungsgesel­lschaft zusammen, in der sich vieles auf die Großstädte konzentrie­rt.“

Allerdings, so die Einschränk­ung,

würden die Aussagen nur dann gelten, wenn in einer Partnersch­aft immer nur eine(r) von beiden pendelte. Sobald beide hin- und herfahren müssen und wenn die Wohnung teurer wird, weil man beispielsw­eise von einer 70- auf eine 120-Quadratmet­er-Wohnung umsteigt, verkürzen sich die Zeiträume, in denen das Pendeln lohnt.Wer dagegen eine Immobilie in gleicher Größenordn­ung wählt, kann über Jahre, mitunter sogar Jahrzehnte beim Pendeln vom Kostenvort­eil zehren. Beispiel: Weil die 70-Quadratmet­er-Wohnung in Ratingen deutlich weniger kostet als in Düsseldorf, kann man mit dem Auto 20 Jahre pendeln, bis der Vorteil weg ist.

Wer zwei Tage pro Woche im Homeoffice ist, für den lohnt sich das sogar über 34 Jahre – auch bei einem Kaufpreis, der 20 Prozent über dem Durchschni­tt der jeweiligen Kommune liegt. Im ÖPNV ist der Kostenvort­eil wie gesagt noch deutlich größer. Unschlagba­r ist der Vorteil in Duisburg: Da hält der Vorteil schon 24 (ohne Homeoffice) respektive 42 Jahre (mit zwei Tagen Heimarbeit), beim ÖPNV sogar mindestens 66 Jahre. So lange zahlt aber wohl niemand seinen Immobilien­kredit ab.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Pendler im Berufsverk­ehr auf der B8 in Düsseldorf.

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