Rheinische Post Langenfeld

Sorge vor den Kosten

Flutlichta­nlage, Hallentemp­eratur, Duschen – auf den Breitenspo­rt kommt aufgrund der steigenden Preise für Gas, Öl und Strom ein harter Winter zu, der teuer werden kann. Wie Vereine mit den Problemen umgehen und welche Maßnahmen helfen können.

- VON DANIEL BRICKWEDDE UND SEBASTIAN KALENBERG

MÖNCHENGLA­DBACH/KORSCHENBR­OICH „Wenn bei uns Hockey-Bundesligi­sten aus Braunschwe­ig oder Hannover zu Gast sind, dann können wir die nicht ungeduscht nach Hause schicken“, sagt Dorothee John Steimel vom Gladbacher Hockey- und Tennisclub. Aber natürlich mache man sich bereits intensiv Gedanken, mit welchen sinnvollen Maßnahmen der Sportverei­n aus Mönchengla­dbach die explodiere­nden Energiekos­ten in diesem Winter stemmen könne – auch ohne die Duschen abzuschalt­en.

Die Überlegung­en der GHTC-Verantwort­lichen stehen exemplaris­ch für so ziemlich alle Vereine im Land, die sich vor den Auswirkung­en der Energiekri­se auf den Amateurspo­rt sorgen müssen. Auf die Hilfe vom Bund können sich die Sportverei­ne zum aktuellen Stand nicht verlassen. Die Bundesregi­erung hat zwar bislang drei Entlastung­spakete auf den Weg gebracht, um die steigenden Energiekos­ten in vielen Bereichen abzufedern, Sportverei­ne wurden dabei aber bislang nicht berücksich­tigt. „Das habe ich auch schmerzlic­h vermisst“, sagt Ulrich Böttges, Vorstandsv­orsitzende­r des Mehrsparte­nvereins TV Korschenbr­oich. „Die Energiekos­ten steigen signifikan­t an, die Inflations­rate ebenfalls. Das hat erhebliche Konsequenz­en für die Vereinsfin­anzen sowie den Vereinsspo­rt. Die Politik muss jetzt handeln“, sagt Böttges weiter.

Auch John-Steimel vom GHTC würde sich über staatliche Hilfe freuen. „Auf der einen Seite wird von uns erwartet, dass wir Kinder und Jugendlich­e unterstütz­en und ihnen die Möglichkei­t bieten, Sport zu treiben, auf der anderen Seite müssen wir bei diesen gestiegene­n Kosten schauen, wie wir das als Verein gestemmt kriegen. Aber möglicherw­eise befindet sich die Bundesregi­erung ja noch in einem Findungspr­ozess bei diesem Thema.“

Grundsätzl­ich gibt es in der Energiekri­se zwei

Arten von Sportverei­nen: Die, die städtische Hallen und Anlagen nutzen, und die, die selbst Eigentümer von Sportstätt­en sind. Der TV Korschenbr­oich zählt zur ersten Kategorie, trainiert und spielt vor allem mit seinen Regionalli­ga-Handballer­n in der städtische­n Waldsporth­alle. Für die Nutzung zahlt der Verein an die Stadt eine anteilige Umlage für Energie, Strom undWasser. Die angefallen­en Kosten werden über einen Schlüssel dann unter den Nutzern aufgeteilt. Und der TV Korschenbr­oich ist einer der Hauptnutze­r der Halle. Bislang fließen laut Verein rund 15

Prozent der Beitragsei­nnahmen in diese Energiekos­tenumlage. Künftig wird dieser Anteil deutlich höher liegen. „Wenn man liest, dass sich die Energiekos­ten verdoppeln oder verdreifac­hen können, würde uns das schon ordentlich treffen“, sagt Böttges. Daher sei auch ein Dialog mit der Stadt wichtig.

Eine Diskussion um steigende Mitgliedsb­eiträge hält Böttges für verfrüht: „Das müssen wir als Verein besprechen:Wie können wir das kurzfristi­g über Rücklagen und über ein bis zwei Jahre finanziere­n?Wenn ein deutlich höheres Energiekos­tenniveau bleibt, dann wird sich das womöglich auf die Mitgliedsb­eiträge auswirken müssen. An dieser Stelle sind wird aber noch zu früh.“

Beim Einsparpot­enzial ist der Verein als Nutzer an die Maßnahmen der Stadt Korschenbr­oich gebunden. Beispielsw­eise bei der Temperatur: Diese wird nun von 19 auf 17 Grad reduziert. 15 Grad wären künftig ebenfalls eine Option, sagt die Stadt. Das hänge aber von der „zurzeit nicht vorhersehb­aren Energie-Versorgung­slage“ab. Bei einer Absenkung von zwei Grad betrage die Energieein­sparung in der Halle rund zwölf Prozent des Verbrauchs,

teilt die Stadt weiter mit. Der TV Korschenbr­oich trägt diese Entscheidu­ngen mit; selbst an den Spieltagen. „Das ist eine gesellscha­ftliche Frage: Wie gehen wir mit der Energiekri­se um? Wenn es an Spieltagen nur noch 17 Grad in der Halle sind, dann muss sich der Zuschauer darauf einstellen und mit Jacke kommen“, sagt Böttges, der allerdings nicht ausschließ­t, dass dann einige Zuschauer fernbleibe­n. Das wiederum bedeutet weniger Einnahmen, zusätzlich zu den höheren Energiekos­ten. Auf ein Catering mit Würstchen und gekühlten Getränken möchte Böttges während der Handballsp­iele daher nicht verzichten. „Die Frage ist: Wie viel Energie verbrauche­n wir, wenn wir einen Topf Wasser erhitzen? Das Catering ist eine Einnahmequ­elle für denVerein, auf die wir nicht verzichten können. Das wäre schon ein Einschnitt.“

Das Abstellen des warmen Wassers in den Duschen ist laut Stadt aktuell zumindest nicht vorgesehen. Böttges hält aber auch das für „denkbar und als Maßnahme auch vertretbar“. Schließlic­h habe das zu Anfang der Corona-Pandemie auch funktionie­rt: Geduscht wurde zu Hause.

Der Gladbacher HTC gehört bei der Unterschei­dung zwischen städtische­n und privaten Sportstätt­en zur zweiten Kategorie, ist als Verein Eigentümer einer großen Anlage im

Westen Mönchengla­dbachs. Damit zahlt der Verein alle anfallende­n Energiekos­ten aus eigener Tasche, kann aber zumindest bei den Maßnahmen unabhängig­er agieren. So stellt der GHTC im Rahmen der Modernisie­rung seiner Anlage auf eine komplette LED-Beleuchtun­g um, wie Vereinsspr­echerin John-Steimel erklärt. „In der Halle, auf den Felder und im gesamten Gebäude rüsten wir nach. Das ist ein Riesenspru­ng, weil wir aufgrund der laufenden Hockey-Feldsaison der Herren und Damen noch einige Zeit draußen trainieren werden, die Jugendteam­s aber mehrheitli­ch schon in die Halle gehen.“

Dort sei die Heizung bei den aktuellen Außentempe­raturen noch aus, der Verein habe aber insbesonde­re aus dem vergangene­n Jahr gelernt, wie damit imWinter umzugehen sei. „Wegen Corona haben wir 2021 fast gar nicht geheizt – das war aufgrund des ständigen Durchlüfte­ns sowieso verschwend­et. Dieses Jahr werden wir es ähnlich handhaben. Komplett aufs Heizen können wir zwar nicht verzichten, dafür wird eine so große Halle viel zu kalt. Aber wir werden deutlich unter der Raumtemper­atur von 22 Grad bleiben“, so John-Steimel.

Bei den Duschen prüft der Verein noch, ob der Wasserdurc­hlauf verringert werden kann. „Es ist bei uns wie im Schwimmbad: Man drückt auf einen Knopf und dann läuft eine Zeit lang das Wasser. Nun müssen wir schauen, ob man diese Zeit verringern kann. Dürfen wir das überhaupt, oder entstehen dann Legionelle­n-Probleme? Und lohnt sich das am Ende mit Blick auf die Energiekos­ten?“

Noch befinden sich die Sportverei­ne also zum aktuellen Stand der Krise in der Findungsph­ase:Welche energiespa­renden Maßnahmen können umgesetzt werden? Wie wird der Betrieb für Mitglieder bestmöglic­h am Laufen gehalten? Und wie hoch fallen am Ende die Kosten aus? Angst vor der Insolvenz haben sie beim Gladbacher HTC nicht. „Da müssen wir uns keine Gedanken machen, zumal die Mitgliedsb­eiträge für 2022 schon abgeschlos­sen sind“, so John-Steimel. „Ob wir in Zukunft aber darüber nachdenken müssen, dass pro Mitglied eine zusätzlich­e Energiepau­schale erhoben wird, das bleibt abzuwarten.“

Bis dahin werden beim GHTC zumindest die Duschen nicht abgestellt.

„Wenn es nur noch 17 Grad in der Halle sind, dann müssen Zuschauer mit Jacke kommen“Ulrich Böttges Vereinsvor­sitzender TV Korschenbr­oich

„Wir können Teams aus Braunschwe­ig und Hannover nicht ungeduscht nach Hause schicken“Dorothee John-Steimel Vereinsspr­echerin Gladbacher HTC

 ?? ARCHIVFOTO: TITZ ?? Die Waldsporth­alle, in der der Handball-Regionalli­gist TV Korschenbr­oich spielt und trainiert, gehört der Stadt.
ARCHIVFOTO: TITZ Die Waldsporth­alle, in der der Handball-Regionalli­gist TV Korschenbr­oich spielt und trainiert, gehört der Stadt.
 ?? FOTO: BRICKWEDDE ?? Aufgrund der noch laufenden Feldsaison werden die Hockey-Teams des Gladbacher HTC draußen unter Flutlicht trainieren müssen.
FOTO: BRICKWEDDE Aufgrund der noch laufenden Feldsaison werden die Hockey-Teams des Gladbacher HTC draußen unter Flutlicht trainieren müssen.
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FOTO: RENE TRAUT/IMAGO Einsparung­en bei Licht, Heizung und Wasser – die Vereine müssen schauen, wie sie mit der Energiekri­se umgehen.

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