Sorge vor den Kosten
Flutlichtanlage, Hallentemperatur, Duschen – auf den Breitensport kommt aufgrund der steigenden Preise für Gas, Öl und Strom ein harter Winter zu, der teuer werden kann. Wie Vereine mit den Problemen umgehen und welche Maßnahmen helfen können.
MÖNCHENGLADBACH/KORSCHENBROICH „Wenn bei uns Hockey-Bundesligisten aus Braunschweig oder Hannover zu Gast sind, dann können wir die nicht ungeduscht nach Hause schicken“, sagt Dorothee John Steimel vom Gladbacher Hockey- und Tennisclub. Aber natürlich mache man sich bereits intensiv Gedanken, mit welchen sinnvollen Maßnahmen der Sportverein aus Mönchengladbach die explodierenden Energiekosten in diesem Winter stemmen könne – auch ohne die Duschen abzuschalten.
Die Überlegungen der GHTC-Verantwortlichen stehen exemplarisch für so ziemlich alle Vereine im Land, die sich vor den Auswirkungen der Energiekrise auf den Amateursport sorgen müssen. Auf die Hilfe vom Bund können sich die Sportvereine zum aktuellen Stand nicht verlassen. Die Bundesregierung hat zwar bislang drei Entlastungspakete auf den Weg gebracht, um die steigenden Energiekosten in vielen Bereichen abzufedern, Sportvereine wurden dabei aber bislang nicht berücksichtigt. „Das habe ich auch schmerzlich vermisst“, sagt Ulrich Böttges, Vorstandsvorsitzender des Mehrspartenvereins TV Korschenbroich. „Die Energiekosten steigen signifikant an, die Inflationsrate ebenfalls. Das hat erhebliche Konsequenzen für die Vereinsfinanzen sowie den Vereinssport. Die Politik muss jetzt handeln“, sagt Böttges weiter.
Auch John-Steimel vom GHTC würde sich über staatliche Hilfe freuen. „Auf der einen Seite wird von uns erwartet, dass wir Kinder und Jugendliche unterstützen und ihnen die Möglichkeit bieten, Sport zu treiben, auf der anderen Seite müssen wir bei diesen gestiegenen Kosten schauen, wie wir das als Verein gestemmt kriegen. Aber möglicherweise befindet sich die Bundesregierung ja noch in einem Findungsprozess bei diesem Thema.“
Grundsätzlich gibt es in der Energiekrise zwei
Arten von Sportvereinen: Die, die städtische Hallen und Anlagen nutzen, und die, die selbst Eigentümer von Sportstätten sind. Der TV Korschenbroich zählt zur ersten Kategorie, trainiert und spielt vor allem mit seinen Regionalliga-Handballern in der städtischen Waldsporthalle. Für die Nutzung zahlt der Verein an die Stadt eine anteilige Umlage für Energie, Strom undWasser. Die angefallenen Kosten werden über einen Schlüssel dann unter den Nutzern aufgeteilt. Und der TV Korschenbroich ist einer der Hauptnutzer der Halle. Bislang fließen laut Verein rund 15
Prozent der Beitragseinnahmen in diese Energiekostenumlage. Künftig wird dieser Anteil deutlich höher liegen. „Wenn man liest, dass sich die Energiekosten verdoppeln oder verdreifachen können, würde uns das schon ordentlich treffen“, sagt Böttges. Daher sei auch ein Dialog mit der Stadt wichtig.
Eine Diskussion um steigende Mitgliedsbeiträge hält Böttges für verfrüht: „Das müssen wir als Verein besprechen:Wie können wir das kurzfristig über Rücklagen und über ein bis zwei Jahre finanzieren?Wenn ein deutlich höheres Energiekostenniveau bleibt, dann wird sich das womöglich auf die Mitgliedsbeiträge auswirken müssen. An dieser Stelle sind wird aber noch zu früh.“
Beim Einsparpotenzial ist der Verein als Nutzer an die Maßnahmen der Stadt Korschenbroich gebunden. Beispielsweise bei der Temperatur: Diese wird nun von 19 auf 17 Grad reduziert. 15 Grad wären künftig ebenfalls eine Option, sagt die Stadt. Das hänge aber von der „zurzeit nicht vorhersehbaren Energie-Versorgungslage“ab. Bei einer Absenkung von zwei Grad betrage die Energieeinsparung in der Halle rund zwölf Prozent des Verbrauchs,
teilt die Stadt weiter mit. Der TV Korschenbroich trägt diese Entscheidungen mit; selbst an den Spieltagen. „Das ist eine gesellschaftliche Frage: Wie gehen wir mit der Energiekrise um? Wenn es an Spieltagen nur noch 17 Grad in der Halle sind, dann muss sich der Zuschauer darauf einstellen und mit Jacke kommen“, sagt Böttges, der allerdings nicht ausschließt, dass dann einige Zuschauer fernbleiben. Das wiederum bedeutet weniger Einnahmen, zusätzlich zu den höheren Energiekosten. Auf ein Catering mit Würstchen und gekühlten Getränken möchte Böttges während der Handballspiele daher nicht verzichten. „Die Frage ist: Wie viel Energie verbrauchen wir, wenn wir einen Topf Wasser erhitzen? Das Catering ist eine Einnahmequelle für denVerein, auf die wir nicht verzichten können. Das wäre schon ein Einschnitt.“
Das Abstellen des warmen Wassers in den Duschen ist laut Stadt aktuell zumindest nicht vorgesehen. Böttges hält aber auch das für „denkbar und als Maßnahme auch vertretbar“. Schließlich habe das zu Anfang der Corona-Pandemie auch funktioniert: Geduscht wurde zu Hause.
Der Gladbacher HTC gehört bei der Unterscheidung zwischen städtischen und privaten Sportstätten zur zweiten Kategorie, ist als Verein Eigentümer einer großen Anlage im
Westen Mönchengladbachs. Damit zahlt der Verein alle anfallenden Energiekosten aus eigener Tasche, kann aber zumindest bei den Maßnahmen unabhängiger agieren. So stellt der GHTC im Rahmen der Modernisierung seiner Anlage auf eine komplette LED-Beleuchtung um, wie Vereinssprecherin John-Steimel erklärt. „In der Halle, auf den Felder und im gesamten Gebäude rüsten wir nach. Das ist ein Riesensprung, weil wir aufgrund der laufenden Hockey-Feldsaison der Herren und Damen noch einige Zeit draußen trainieren werden, die Jugendteams aber mehrheitlich schon in die Halle gehen.“
Dort sei die Heizung bei den aktuellen Außentemperaturen noch aus, der Verein habe aber insbesondere aus dem vergangenen Jahr gelernt, wie damit imWinter umzugehen sei. „Wegen Corona haben wir 2021 fast gar nicht geheizt – das war aufgrund des ständigen Durchlüftens sowieso verschwendet. Dieses Jahr werden wir es ähnlich handhaben. Komplett aufs Heizen können wir zwar nicht verzichten, dafür wird eine so große Halle viel zu kalt. Aber wir werden deutlich unter der Raumtemperatur von 22 Grad bleiben“, so John-Steimel.
Bei den Duschen prüft der Verein noch, ob der Wasserdurchlauf verringert werden kann. „Es ist bei uns wie im Schwimmbad: Man drückt auf einen Knopf und dann läuft eine Zeit lang das Wasser. Nun müssen wir schauen, ob man diese Zeit verringern kann. Dürfen wir das überhaupt, oder entstehen dann Legionellen-Probleme? Und lohnt sich das am Ende mit Blick auf die Energiekosten?“
Noch befinden sich die Sportvereine also zum aktuellen Stand der Krise in der Findungsphase:Welche energiesparenden Maßnahmen können umgesetzt werden? Wie wird der Betrieb für Mitglieder bestmöglich am Laufen gehalten? Und wie hoch fallen am Ende die Kosten aus? Angst vor der Insolvenz haben sie beim Gladbacher HTC nicht. „Da müssen wir uns keine Gedanken machen, zumal die Mitgliedsbeiträge für 2022 schon abgeschlossen sind“, so John-Steimel. „Ob wir in Zukunft aber darüber nachdenken müssen, dass pro Mitglied eine zusätzliche Energiepauschale erhoben wird, das bleibt abzuwarten.“
Bis dahin werden beim GHTC zumindest die Duschen nicht abgestellt.
„Wenn es nur noch 17 Grad in der Halle sind, dann müssen Zuschauer mit Jacke kommen“Ulrich Böttges Vereinsvorsitzender TV Korschenbroich
„Wir können Teams aus Braunschweig und Hannover nicht ungeduscht nach Hause schicken“Dorothee John-Steimel Vereinssprecherin Gladbacher HTC