Kalt duschen nach Sport? Stadt erntet Kritik
Nach den Herbstferien stellt Leverkusen das Warmwasser in Sporthallen-Duschen ab und auch für den LigaSpielbetrieb nicht an. Protest aus Vereinen.
LEVERKUSEN Die Ansage der Stadt hat gesessen. Nach den Herbstferien kommt aus den Duschen der 50 städtischen Sporthallen nur noch kaltes Wasser. Sich frisch machen nach dem Schul- oder Vereinssport – immerhin sind von der Regelung 60 Sportvereine betroffen – könnte dann in der Tat recht frisch werden.
Die Diskussion darüber startet recht hitzig. „Nun ist es also soweit: Sparen auf Kosten der Gesundheit“, sagt Theo Etzler vom Badmintonverein Wide Schläger 1985. „Bewegung und damit eine gesunde Lebenshaltung stand einmal im Vordergrund. Jetzt provoziert die Stadt, insbesondere der Sportpark, Erkältungskrankheiten oder Schlimmeres durch eiskaltes Duschen in der düsteren Herbst- und Winterzeit. Die denkbaren Arbeitsausfälle durch Arbeitsunfähigkeitszeiten belasten den kommunalen Haushalt sicherlich mehr.“
Der Verein könne nur hoffen, dass wegen „dieser unverständlichen Maßnahme keine weiteren
Vereinsaustritte erfolgen“, merkt der Leverkusener an und appelliert: „Bitte, liebe Stadtverantwortlichen: Nehmt euer Vorhaben zurück! Wir sind auch dazu bereit, die Habecksche Methode, unter fünf Minuten zu duschen, anzuwenden.“Nachsatz: „Früher war dies allerdings auch nicht anders.“Wenigstens sei man dann aber so hergerichtet gewesen, dass man anschließend noch zusammen etwas essen oder trinken gehen konnte. „Das ist nun wohl vorbei.“
Auch der TuS 1882 Opladen hat reagiert, Freitag informierten Volker Leisner und Lucas Melzig vom Vorstand die Mitglieder auf der Vereinsseite. „Es ist natürlich absolut bedauerlich, dass wieder einmal der seit Beginn der Pandemie ohnehin gebeutelte Sport von einer einschränkenden Maßnahme der öffentlichen Hand betroffen ist“, heißt es.„Ob sie über ihren Symbolcharakter hinaus effektiv zur Energieersparnis führt oder die Körperhygiene – wie zu vermuten – in den privaten Sektor verlagert und von jedem einzelnen bezahlt wird, sei aus Sicht des Vorstandes dahingestellt. Wir als Sportverein sind aufgerufen, diese für uns sowieso nicht abänderbare Maßnahme schlicht zu akzeptieren.“
Nach dem Sport in der Bielerthalle, berichtet Leisner, duschten die Sportler bereits seit Sommer kalt, denn „da fehlt ein Ersatzteil an der Heizung. Wirklich angnehm ist das nicht.“Leisner und Melzig an die Mitglieder: „Wir bitten um weitere rege Teilnahme am Spiel- und Trainingsbetrieb unserer Abteilungen.“
Spielbetrieb ist das Stichwort: Muss jetzt jeder Spieler der Heimmannschaft seinen Lieblingsspieler des gegnerischen Teams zum wärmeren Duschen mit nach Hause nehmen? Nach denVorstellungen der Stadt: ja. Denn Ausnahmen bei der Bereitstellung von Warmwasser in Sporthallen gibt es bei Spielen nicht.
„Es ist schon rein technisch kaum realisierbar, das warme Wasser wechselweise an- und wieder abzustellen. Beim Aufheizen müssen immer mindestens 1000 Liter Wasser erhitzt werden“, sagt Stadtsprecherin Ariane Czerwon auf Anfrage unserer Redaktion. Um Legionellen zu vermeiden, müssten mindestens 60 Grad erreicht werden. „Dies ist extrem energieintensiv. Das Warmwasser muss dann dauerhaft erhitzt bleiben.“Solle es wieder abgestellt werden, „muss das gesamte System leergezogen werden“.
Czerwon betont: „Aufgrund des erheblichen Energieeinsparpotentials hat die AG Gasmangellage beschlossen – wie bereits viele andere Kommunen auch – dass grundsätzlich kein Warmwasser mehr in den städtischen Sporthallen bereitgestellt wird.“
Während Leisner und Melzig ihren Hinweis mit moderater Kritk versehen haben, wird der Ehrenbeisitzer des Vereins in seiner Reaktion deutlicher. In einem offenen Brief „an die Entscheider der Stadtverwaltung“schreibt Hans-Josef Sontheim: „Dass diese Maßnahme beim Einsparen von Gas ein Fliegenschiss im Vergleich zu dem ist, was die deutsche Industrie sofort einsparen könnte und auch dazu bereit ist, wenn die Ampelkoalition in Berlin über ihre Parteiideologien hinweg zumWohle des Bürgers entscheiden und handeln würde, möchte ich kurz schildern.“
Er zitiert aus einem Medienbericht den Chef von Daimler Tuck, der gerne Gas sparen würde, aber wegen staatlicher EmissionsschutzAuflagen nicht dürfe. Erst in einigen Wochen entscheide der Bundestag darüber, ob an dieser Stelle die Bürokratie reduziert wird. Man müsse aber jetzt sparen. Der Manager, so Sontheim, spreche von einem Sparpotential von 40 Gigawattstunden Gas pro Monat.„Also 40.000.000.000 Wattstunden.“Das entspreche – bei einem durchschnittlichen Monatsverbrauchs von 1000 Kilowattstunden – dem von rund 40.000 Haushalten.
Was die Stadt bei den Sporthallen tue, bezeichnet Sontheim als „effekthascherisch. Wenn ich dann nach dem Sport zu Hause dusche, wo ist dann die Einsparung“? Und er fragt: „Warum bleibt das Wasser in den Schwimmbadduschen aus Hygienegründen an? Wo ist da der Unterschied zu den Sporthallen?“