Von ihrem Chor bleiben nur Erinnerungen
Als die Frauen der Sänger des Opladener Männergesangsvereins auch singen wollten und einen Chor gründeten, entstand die Opladener Chorgemeinschaft. Über die Gründe, warum die sich nun auf löst, spricht die letzte Vorsitzende Margit Maxeiner. Und erzählt von richtig guten Chorzeiten.
LEVERKUSEN Einer der ältesten Leverkusener Chöre ist für immer von der Bühne abgetreten: die Opladener Chorgemeinschaft, die aus dem Zusammenschluss des 1890 gegründeten Opladener Männergesangsvereins und dem 1962 entstandenen Opladener Frauenchor hervorging. Eine Mehrheit von zuletzt 34 Aktiven stimmte unlängst für die Auflösung.
Beim Rückblick in dieVergangenheit geriet Vorsitzende Margit Maxeiner nahezu ins Schwärmen. Man habe viele erfolgreiche Konzerte im In- und Ausland gestaltet, sagte sie. Doch speziell der Auftritt am Petersdom in Rom und das Zusammentreffen mit dem polnischen Papst im Jahr 1992 sei einer der bewegendsten Momente ihres gesamten Chorlebens gewesen, gestand die 75-Jährige. Mit Vergnügen denke sie auch an die Messe auf dem Aussichtspunkt des 2224 Meter hohen Nebelhorns im Allgäu, die gewiss bei so manchem Mitsänger pure Gänsehaut ausgelöst habe, sagte Maxeiner, die denVorsitz des Chores während der vergangenen zehn Jahre innehatte. Als bislang einzige Frau. Denn zuvor bestimmten ausschließlich Männer über die Geschicke des Vereins.
Bei dem Gedanken daran musste Maxeiner, die dem Frauenchor 1985 beitrat, doch schmunzeln. „Wenn die Männer das wüssten, würden sie sich im Grabe umdrehen.“Davon abgesehen waren die Herren im alt eingesessenen Männergesangverein ohnehin nicht begeistert, als die Frauen 1962 plötzlich selber singen wollten, anstatt ihre Gatten nur zu Konzerten zu begleiten. Selbst nachdem die Chorgemeinschaft 1999 entstand, pflegten die Männer über viele Jahre hinweg weiterhin ihre eigenenWurzeln und wählten ihren eigenen Vorsitzenden.
Maxeiner gestand: „Mir wird ganz schwer ums Herz, wenn ich an das Ende denke. Ich fand die Musik unseres Chores immer toll.“Zum Repertoire gehörten Oper und Operette oder Musik zwischen Renaissance, Klassik und Romantik, wie etwa das alte deutsche Volkslied von Franz Schubert „Am Brunnen vor dem Tore“. In den vergangenen Jahren unter dem Dirigat von Ansgar Faust wurden – obwohl nicht alle damit einverstanden waren – auch immer öfter englische Titel zum Besten gegeben. Dazu gehörten beispielsweise inspirierende Pophits wie „You raise me up“(Josh Groban) oder Songs wie „Blowin‘ in the wind“(Bob Dylan). Allein, es nutzte nichts. Denn nicht nur der Chor wurde immer älter, auch das Publikum starb allmählich aus. Deshalb und aus Kostengründen wurden die Auftritte zunehmend von der Festhalle in die Aula der Opladener Marienschule verlegt. Dennoch hätte wohl niemand gedacht, dass dem bewegendenWeihnachtskonzert 2019 kein weiterer Auftritt folgen würde.
Letztlich aber hat speziell die Corona-Pandemie das endgültige Aus der Chorgemeinschaft besiegelt, schilderte Maxeiner. Viele Ältere trauten sich plötzlich nicht mehr vor die Türe, außerdem besitze kaum einer einen Computer für alternative Formate. Ohnehin mangelte es dem Chor schon seit Jahren an männlichem Nachwuchs. Bereits beim 50-jährigen Bestehen des Frauenchores im Jahr 2012 – der übrigens schon damals den Altersrekord in Leverkusen hielt – beklagten die 44 Frauen und 18 Männer den fühlbaren Zeitenwandel und beteuerten: „Wir versuchen alles, aber die jungen Leute interessieren sich nicht mehr fürs Singen im Chor.“