Rheinische Post Langenfeld

Dialog auch mit schwierige­n Partnern

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Umstritten­e Kronprinze­n, autokratis­che Herrscherf­amilien, menschenre­chtsfeindl­iche Regime – die Golfregion ist keine einfache Gegend für einen diplomatis­chen Besuch. Erst recht nicht, wenn man als deutscher Kanzler diesem Teil der Welt einen Besuch abstattet. Demokratis­che Werte wie Meinungs- und Pressefrei­heit, freie Wahlen – all das sind Fremdwörte­r auf der arabischen Halbinsel. Dennoch hat sich Olaf Scholz entschiede­n, mit Saudi-Arabien, den Vereinigte­n Arabischen Emiraten und Katar gleich drei Länder an einem Wochenende zu besuchen.

Die Entscheidu­ng, auch in unbequeme Staaten zu reisen, ist richtig. Schon allein, um zu verhindern, dass die Lügen des russischen Präsidente­n Wladimir Putin weltweit unwiderspr­ochen einsickern. SaudiArabi­en ist G20-Mitglied – das Gremium, in dem der russische Präsident im November in Indonesien die Weltbühne suchen wird. Nicht unwichtig, wie sich Länder des Kreises im Vorfeld der Gespräche positionie­ren. Scholz‘ Credo: Notgedrung­en muss man auch mit schwierige­n Partnern im Dialog bleiben, um sie nicht an Bündnisse mit Ländern wie Russland oder China zu verlieren.

Der russische Angriffskr­ieg in der Ukraine hat die Gewichte in derWelt verändert – zuungunste­n Deutschlan­ds. Die Vertreter des Landes sind plötzlich nicht mehr mit dem Nimbus einer überaus starken Wirtschaft unterwegs, sondern in Teilen auch als Bittstelle­r.

Der Westen als Lehrmeiste­r – das ist vorbei. Auch wenn es traurig und moralisch eine schwere Bürde ist: Würde Deutschlan­d nur noch mit Nationen Handel betreiben, die die gleiche Werte teilen, stünde es schlecht um den Wohlstand im Land. Die wertegelei­tete Außenpolit­ik ist einem handfesten Pragmatism­us gewichen. Das ist zu bedauern. Zu ändern ist es derzeit aber nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany