Fehler beim Ausbau der Stromnetze
In der Energiekrise greift jeder, der viel Geld für Gas und Strom zahlen muss, auch zum letzten Strohhalm, selbst wenn der überhaupt nichts bewirkt. Die Klage der nord- und nordostdeutschen Bundesländer über eine ungerechte Verteilung von Netzentgelten ist ökonomisch durchaus berechtigt, aber die Chance aufVeränderungen in ihrem Sinne ist wegen der Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer politisch gleich null. Denn jede Umverteilung ginge ja zulasten der anderen Länder, und das will jenseits des Nordens keiner. Der Streit, den Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen neuerlich entfacht haben, ist ein regionalpolitischer, der auch Parteifreunde über Ländergrenzen hinweg entzweit.
Dass die Lage so ist, hat die Politik zu verantworten. Deutschland hat den Ausbau seines Stromnetzes verschlafen, auch weil sich viele politische Entscheidungsträger aus Angst vor der Wut der Bürger (und damit potenzieller Wähler) gegen Trassen gesträubt haben, die allerdings dringend notwendig gewesen wären. Wir alle zahlen nun für die Fehler, die in den vergangenen Jahren beim Ausbau der Energienetze gemacht worden sind.Von einem verursachergerechten Prinzip kann in diesem Fall keine Rede sein, wenn Bürger in jenen Bundesländern, die – übrigens auch aus geografischen Gründen – den größten Anteil am Ausbau von Windkraft und Co. haben, die höchsten Preise zahlen.
Darüber jetzt zu klagen, ist indes müßig. Die Bürger brauchen schnelle Entlastung anstelle von politischen Diskussionen über Strompreiszonen und politischem Hickhack um dieVersäumnisse derVergangenheit. Ein Preisdeckel, wie ihn jetzt der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger wieder fordert, ist dagegen falsch. Denn entlastet werden müssen vor allem jene, die die Belastungen nicht stemmen können.