Rheinische Post Langenfeld

Referenden trotz Beschuss im Osten

In Russland wächst der Widerstand gegen Putins Teilmobilm­achung.

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MOSKAU (dpa) In den von Moskau besetzten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine ziehen die Besatzer die Scheinrefe­renden über einen Beitritt der Regionen zu Russland trotz Beschuss weiter durch. Nach Angaben der Besatzungs­behörden starben im Gebiet Cherson am Sonntag zwei Menschen in einem Hotel bei einem ukrainisch­en Raketenang­riff. In der Stadt Altschewsk im Gebiet Luhansk teilten die Behörden mit, dass in Bombenschu­tzkellern abgestimmt werden könne.

In der Stadt Enerhodar im Gebiet Saporischs­chja musste ein Wahllokal wegen massiven Beschusses von ukrainisch­er Seite an eine andere Stelle verlegt werden, wie die staatliche russische Nachrichte­nagentur Tass meldete. Die internatio­nal als Bruch des Völkerrech­ts kritisiert­en Abstimmung­en sind auch im Gebiet Donezk noch bis Dienstag angesetzt.

Die Menschen sollen unter der Gewalt der Besatzungs­macht mit „Ja“oder „Nein“darüber abstimmen, ob die Gebiete zur Russischen Föderation beitreten sollen. Die internatio­nal nicht anerkannte Annexion könnte noch in dieser Woche abgeschlos­sen werden. Erwartet wird, dass Kremlchef Wladimir Putin die besetzten Gebiete schon an diesem Freitag in die Russische Föderation aufnehmen könnte.

Putin hatte betont, dass Moskau Attacken der Ukraine auf die Gebiete dann künftig wie Angriffe auf sein eigenes Staatsgebi­et behandeln und sich mit allen Mitteln verteidige­n werde. DerWesten bereitet als Reaktion auf die Annexion neue Sanktionen vor. Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj betonte, dass die Scheinrefe­renden juristisch ungültig seien. Er kündigte an, dass alle besetzten Gebiete befreit würden – auch die bereits im Jahr 2014 annektiert­e Schwarzmee­r-Halbinsel Krim.

Bei einem Protest gegen Mobilmachu­ng von Reserviste­n sind unterdesse­n Polizisten laut Bürgerrech­tlern in der russischen Teilrepubl­ik Dagestan im Kaukasus mit Warnschüss­en gegen Demonstran­ten vorgegange­n. Im Dorf Endirej hatten Anwohner eine Straße blockiert, um so die von Russlands Präsident Wladimir Putin am vergangene­n Mittwoch angeordnet­e Teilmobili­sierung zu behindern, wie die unabhängig­e Organisati­on OVD-Info am Sonntag mitteilte.

Auf Videos ist zu sehen, wie Polizisten Gewehre in die Luft richten, dann sind Schüsse zu hören. Auch Gerangel zwischen Anwohnern und Beamten ist zu sehen. Laut dagestanis­chen Medien war der Protest eine Reaktion darauf, dass aus dem Dorf 110 Männer in den Krieg gegen die Ukraine gezwungen wurden.

Angesichts jüngster Niederlage­n seiner Armee hatte Kremlchef Putin am vergangene­n Mittwoch angeordnet, nun auch Reserviste­n zum Kampf in der Ukraine zu verpflicht­en. Seitdem herrscht bei vielen Russen große Panik. Der russische Angriffskr­ieg dauert bereits seit mehr als sieben Monaten an.

Das muslimisch geprägte Dagestan gehört zu den Regionen Russlands, aus denen Beobachter­n zufolge besonders viele Männer eingezogen werden. Aktivisten beklagen, dass Angehörige ethnischer Minderheit­en besonders stark von der Mobilmachu­ng betroffen sind und sprechen deshalb teils sogar von „ethnischen Säuberunge­n“.

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FOTO: DPA Russische Rekruten stehen in der Nähe eines militärisc­hen Rekrutieru­ngszentrum­s in Krasnodar.

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