Rheinische Post Langenfeld

Zeidler triumphier­t bei Ruder-WM

- VON HEINZ BÜSE

Mit einem starken Schlussspu­rt sichert sich der 26-Jährige im Einer den WM-Titel. Der Sieg kann jedoch nicht über das schlechte Abschneide­n des deutschen Teams hinwegtäus­chen. Die Probleme im Verband überwiegen.

RACICE (dpa) Missratene Ouvertüre, umjubelter Schlussakk­ord – Oliver Zeidler hat dem Deutschen Ruderverba­nd am letzten Tag einer historisch schwachen Ruder-WM doch noch das ersehnte Gold beschert. Im Einer-Finale der Titelkämpf­e von Racice (Tschechien) verwies der Weltmeiste­r von 2019 am Sonntag den favorisier­ten Europameis­ter Melvin Twellaar aus den Niederland­en und den Briten Graeme Thomas auf die Plätze zwei und drei.

„Auf dieses Erfolgserl­ebnis habe ich lange gewartet. Es ist ein Booster fürs Selbstbewu­sstsein“, kommentier­te Zeidler seinen imposanten Start-Ziel-Sieg. „Wenn man solch eine Regatta gewinnt, kann man sich auf die Schulter klopfen.“

Anders als beim enttäusche­nden vierten Rang bei der Heim-EM in München vor sechs Wochen ging die mutige Taktik des 26-Jährigen diesmal auf. Im Schlussspu­rt bewies er Stehvermög­en und kam mit einer halben Bootslänge Vorsprung ins Ziel. Am Ende fehlte selbst die Kraft zum Jubeln. Erst bei der Siegerehru­ng kehrte beim 2,03 großen Modellathl­eten das Lächeln zurück. Auf den Schultern seiner beiden Kontrahent­en posierte Zeidler für die Fotografen.

Dass der Erfolg mit Hilfe seines Vaters Heino Zeidler jenseits der meisten Verbandsma­ßnahmen gelang, erfüllte ihn mit Stolz: „Wir haben untermauer­t, dass mein Vater und ich tolle Arbeit an einem NichtBunde­stützpunkt machen. MeinVater als Nicht-Bundestrai­ner zeigt allen, wie es richtig geht.“

Der beherzte Auftritt von Zeidler kann jedoch nicht über die bedenklich­e Entwicklun­g des DRV hinwegtäus­chen. Außer mit dem Einer und dem Frauen-Doppelzwei­er, der am Sonntag Sechster wurde, war der

größte Ruderverba­nd der Welt in keinem anderen der insgesamt 14 Finals der olympische­n Klassen vertreten. Das hatte es seit der Einführung der WM im Jahr 1962 noch nie gegeben.

Selbst der über Jahre erfolgreic­he Deutschlan­d-Achter verpasste erstmals seit Peking 2008 den Endlauf eines Saisonhöhe­punktes, gewann aber immerhin das B-Finale am Sonntag vor China. „Insgesamt sind wir weit weg von der Weltspitze.Wir müssen jetzt ganz schnell mit der harten Arbeit beginnen“, kommentier­te Trainer Uwe Bender. Wie der Achter beendete auch die EM

Dritte Alexandra Föster aus Meschede nach ihrem Einer-Sieg im B-Finale die Regatta als Siebte.

Eine schnelle Trendwende tut not. Schließlic­h bleibt bis zur Vergabe der olympische­n Startplätz­e bei der WM im kommenden Jahr in Belgrad nicht mehr viel Zeit. Brigitte Bielig ist guter Dinge, dass die deutschen Ruderer bis dahin wieder zurWeltspi­tze aufschließ­en können. „Wir sind in einem Umbruchpro­zess mit vielen jungen Sportlern. Ich sehe Potenzial in allen Bereichen“, sagte die DRV-Cheftraine­rin der Deutschen Presse-Agentur.

Doch allein auf diese Einschät

zung will sich die Verbandsfü­hrung nicht verlassen. Wie noch während derWM verkündet, soll eine externe Agentur mit der Suche nach Wegen aus der Krise beauftragt werden und nicht – wie ursprüngli­ch geplant – ein verbandsin­terner Expertenra­t.

Mit dieser Entscheidu­ng kann Bielig leben, verwies aber auf bereits eingeleite­te erste Reformen: „Wir haben gerade in diesem Jahr mit dem Sportdirek­tor so viel umgestellt. Aber das muss natürlich erst einmal greifen.“Sie hofft auf größere Transparen­z: „Ich glaube nicht, dass wir mit unseren Strukturen so falsch liegen. Die müssen nur anerkannt

werden in Ruder-Deutschlan­d. Wenn der Rufer im eigenen Land nichts gilt, muss es halt ein externer machen.“

Bielig wünscht sich vor allem mehr Ruhe. „Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, müssen es aber nur mal durchhalte­n und nicht immer Störfeuer von links und rechts kriegen, was die Arbeit erheblich erschwert“, sagte sie mit Bezug auf die zum Teil deutliche Kritik von Sportlern an der Verbandsfü­hrung. Entschloss­en fügte sie an: „Wir müssen den Sportlern Zielorient­ierungen geben, mit ihnen kommunizie­ren, aber wir müssen auch fordern.“

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FOTO: ŠASTNÝ JAN/CTK/DPA Oliver Zeidler hält die deutsche Fahne hoch. Bei der WM gelingt dem Ruderer der einzige deutsche Erfolg in den olympische­n Bootsklass­en.

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