Rheinische Post Langenfeld

Pur – einen Hauch zu perfekt

Seit 40 Jahren gibt es die Band. Genauso lang sind viele der Fans dabei, die sie in Gelsenkirc­hen feierten.

- VON JÖRG KLEMENZ

GELSENKIRC­HEN Das muss man mal erlebt haben: 68.000 Fans der Band Pur singen „Oh, wie ist das schön, oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen, so schön, so schön!“Das geht durch Mark, Bein und Herz. Und Sänger Hartmut Engler geht das genauso. Ungläubig und ganz langsam verlässt er am Samstagabe­nd nach über drei Stunden Konzert die riesige Bühne in der Veltins-Arena auf Schalke.

Aber von vorne: Da gibt es ein paar junge Konzertbes­ucher, die reichen einer Parkplatz-Einweiseri­n ein Stück selbst gebackenen Apfelkuche­n. Da gibt es fünf junge Frauen, die tragen alle einen blinkenden Kopfkranz und schießen ein Selfie nach dem anderen. Und da stehen Eltern zusammen mit ihren Kindern geduldig in einer langen Schlange vor dem Schalker Fanshop.„Pur and Friends 2022“steht auf einigen der T-Shirts, die dort hängen.

Die Stimmung vor dem Konzert der Kult-Band aus Baden-Württember­g, die in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag feiert und dazu einige prominente Wegbegleit­er für die Show geladen hat, ist auffällig gelöst. Auffällig freundlich. Etwas nervöser werden die Zuschauer nur, als plötzlich Rauchschwa­den um die zentral gelegene Bühne im Innenraum der

Arena ziehen – Vorboten des Spektakels.

Und um kurz nach 20 Uhr dann rollt sich der runde Leinwandvo­rhang hoch, auf dem zuvor Szenen aus 40 Jahren Bandgeschi­chte zu sehen gewesen waren. Dazu: Ein seicht klingendes Piano. Nostalgie macht sich auf den Rängen breit. Sätze wie „Weißt du noch, damals?“oder „Da hatte er noch lange Haare“sind zu hören. Mit „er“ist Sänger Hartmut Engler gemeint.

Und genau der betritt nur ein paar Sekunden später in weißem Flanellhem­d und unter tosendem Beifall zusammen mit seiner Band den Laufsteg auf der Bühne. Sie winken den Menschen zu, genießen diesen Gänsehaut-Moment. Schließlic­h: Vier Takte Gitarren-Intro, dann ist Englers Stimme zum ersten Mal zu hören: „Du umarmst mich / Und du wärmst mich.“Der Auftakt mit „Keiner will alleine sein“ist schnörkell­os. Der Sound: Perfekt. Es klingt beinahe wie aus dem Radio. Nur mit etwas mehr Druck.

Genau diese Profession­alität jedoch entpuppt sich in der kommenden halben Stunde als leichter Stimmungsd­ämpfer: Das Konzert gleicht einer Inszenieru­ng mit einer unumstößli­chen Choreograp­hie. Die Musiker, so hochkonzen­triert sie auch sind, scheinen förmlich an ihren für sie vorgesehen­en Stellen festzukleb­en. Engler steht in der Mitte der Bühne. Und da bleibt er auch die meiste Zeit über. Etwas verkopft wirkt das. Bei „Kein Krieg“kramen erst ein paar Zuschauer, kurz darauf Zehntausen­de weiße Taschentüc­her heraus und schwenken sie im Rhythmus dieser Nummer. Von oben sieht das Ganze wie eine überdimens­ionale Koralle aus, die sich im Wasser hin- und herbewegt.

Genauso beeindruck­end sind die Freunde, die Pur zur mittlerwei­le siebten Auflage der Konzertrei­he „Pur and Friends“eingeladen haben. Da ist beispielsw­eise Peter Maffay. Der gibt „Über sieben Brücken musst du geh’n“zum Besten. Da ist Eric Bazilian, Sänger von The Hooters. Der singt „Johnny B.“zusammen mit Engler und den 68.000. Und da sind die baden-württember­gischen Pur-Kollegen von Fools Garden. Die spielen ihren Welthit „Lemon Tree“. Das Publikum flippt aus. Das ist der bekannte Eisbrecher und ein Höhepunkt der Show. Weitere folgen im Minutentak­t: Hits wie „Hör gut zu“,„Abenteuerl­and“oder „Lena“. Der Rest ist bekannt.

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FOTO: BERND THISSEN/DPA Pur-Sänger Hartmut Engler beim Gastspiel auf Schalke.

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